Im Licht des Mondes: Roman (German Edition)
Tasche.
Mia sah sie konsterniert an, dann lehnte sie sich zurück und lachte ausgiebig. »Du warst offensichtlich sehr fleißig, kleine Schwester. In Ordnung, ich werde es mir ansehen, es studieren, darüber nachdenken. Es ist reizvoll«, murmelte sie. »Mehr Plätze, Vorspeisen … Ich könnte mir vorstellen, wenn es gut läuft, würde es dem Restaurant des Hotels, wenigstens in der Saison, ziemliche Konkurrenz machen.«
Angesichts Mias zufriedenen Lächelns fühlte Nell heftige Schuldgefühle in sich aufsteigen. »Es gibt noch etwas, was ich dir sagen muss. Sam Logan war bei uns zum Essen«, platzte es aus ihr raus.
Mias Lächeln verschwand. »Entschuldige bitte?«
»Diese fiese Ratte hat an deinem Tisch gesessen!« Ripley sprang auf. »Du hast ihm was zu essen gegeben? Hast du ihm wenigstens Gift reingestreut?«
»Nein, ich habe ihn nicht vergiftet. Verdammt, ich habe ihn nicht eingeladen, das war Zack. Sie sind Freunde.« Nell warf Mia einen schuldbewussten Blick zu. »Ich kann Zack nicht vorschreiben, wen er und wen er nicht in sein Haus einladen darf.«
»Ich möchte Booke nicht raten, diesen verräterischen Hundesohn in unsere Nähe kommen zu lassen.« Ripley fletschte ihre Zähne, als würde sie ihren neuen Ehemann zerfleischen wollen, wenn er das täte. »Zack war schon immer ein Idiot.«
»Halt, Moment mal.«
»Er ist bedeutend länger mein Bruder als dein Ehemann«,
schoss Ripley zurück. »Ich darf ihn getrost einen Idioten nennen, wenn er sich so verhält.«
»Es gibt keinen Grund dafür«, sagte Mia ruhig und lenkte Ripleys und Nells Aufmerksamkeit auf sich. »Keinen Grund für Beleidigungen oder Anschuldigungen. Zack kann sich jederzeit seine Freunde selbst wählen und sie einladen. Das ist keinerlei Grund für Nell, Schuldgefühle zu haben. Was zwischen Sam und mir ist, betrifft ausschließlich uns beide.«
»Wirklich?« Nell schüttelte ihren Kopf. »Warum habt ihr mir nicht erzählt, dass er einer von uns ist?«
»Weil er es nicht ist.« Ripley explodierte förmlich. »Sam Logan ist keiner von uns.«
»Ich glaube nicht, dass Nell unterstellt hat, er sei ein Mädchen«, bemerkte Mia trocken. »Oder auch ein Insulaner. Obgleich er natürlich, da er hier aufgewachsen ist, immer als einer betrachtet werden wird.« Sie wischte alles beiseite und sagte: »Die Tatsache, dass er die Gabe hat, hat nichts mit uns zu tun.«
»Bist du dir dessen sicher?«, fragte Nell.
»Wir sind die Drei.« Das Feuer im Kamin flackerte auf und knisterte. »Wir bilden den Kreis. Es ist unsere Aufgabe zu tun, was getan werden muss. Nur weil – wie hatte Ripley ihn so schön genannt? O ja, weil diese fiese Ratte über Magie verfügt, hat sich daran nichts geändert.«
Sie zwang sich zur Ruhe und nahm sich eine weitere Weintraube. »Kommen wir zur Sonnenwendfeier.«
Sie würde es nicht zulassen, dass sich etwas änderte. Was zu tun wäre, würde sie tun, allein oder mit ihren Schwestern.
Aber sie würde keinem Zutritt zu ihrem Kreis gestatten. Oder zu ihrem Herzen.
Als die Nacht am dunkelsten war und die Insel schlief, stand sie auf ihren Klippen. Der kalte Regen floss unaufhörlich, und die schwarze See peitschte auf die Felsen, als würde sie sie am liebsten in einer Nacht in Stücke hauen. Der heftige Wind umtoste sie, bauschte ihren Mantel auf, als hätte sie Flügel bekommen.
Die schwarze Finsternis war alles durchdringend, nur der wandernde Lichtstrahl des weißen Leuchtturms hinter ihr durchschnitt sie, wanderte über die Klippen, über die See. Dann umgab sie wieder Finsternis.
Flieg, wisperte ihr die schlaue Stimme zu. Flieg und lass es hinter dir, und alles wird vorbei sein. Warum kämpfst du gegen das Unvermeidbare? Warum willst du mit der Einsamkeit leben? Wie oft hatte sie diese Stimme schon gehört? Wie oft hatte sie schon hier gestanden und sich selbst geprüft? Sogar als ihr Herz zersprungen war, war sie gekommen. Und hatte gewonnen. Sie würde niemals aufgeben.
»Du wirst nicht gewinnen.« Sie fühlte die Kälte, als der schmutzige Nebel über die Erde und den Felsen glitt. Fühlte, wie eisige Finger ihre Fußgelenke umfassten und an ihr zogen und zerrten. »Ich werde niemals aufgeben.« Sie erhob ihre Arme, spreizte sie weit.
Und der wilde, wirbelnde Wind, den sie rief, vertrieb den Nebel.
»Was mein ist, das lass dir sagen, dem werde ich dienen, es schützen und bewahren.« Sie hielt ihr Gesicht in den Regen, der sie tränengleich überströmte. »Ob ich schlafe oder ob ich wache.
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