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Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Titel: Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Blut darunter nur noch verstärkt wurde. Ihr geschwollener Kiefer war eine einzige Beule, ihre Unterlippe doppelt so dick wie sonst und noch dazu aufgeplatzt. Der Verband auf ihrer Stirn bedeckte die klaffende Schnittwunde und hob sich deutlich von der wunden, verkratzten Haut ab.
    »Du bist hier nicht auf einem Schönheitswettbewerb, Phoebe, also reiß dich zusammen. Trotzdem, schlimmer kann man kaum aussehen!«
    Wenn sie mit diesem Gesicht nach Hause kam, würden alle vor lauter Schreck tot umfallen. Phoebe spritzte sich vorsichtig kaltes Wasser ins Gesicht.
    Als sie zurück ins Wohnzimmer hinkte, stellte Duncan gerade ein Tablett auf den Couchtisch.
    »Ich weiß nicht, was sie dir in der Notaufnahme gegeben haben, aber Alkohol kommt jetzt wahrscheinlich nicht infrage. Ich habe dir Tee gebracht – und mein persönliches Hausmittel gegen ein blaues Auge, nämlich eine Tüte tiefgekühlte Erbsen.«
    Sie hielt inne. »Du hast Tee gemacht.«
    »Magst du keinen Tee?«
    »Natürlich mag ich Tee. Du hast Tee gemacht, in einer schönen Teekanne, und alles auf einem Tablett für mich hergerichtet. Und Tiefkühlerbsen.« Sie hielt ihre gesunde Hand hoch. »Ich bin im Moment ziemlich durch den Wind und fange schon an zu weinen, weil mir jemand Tee in einer Kanne bringt und daran denkt, mir Tiefkühlerbsen hinzulegen.«
    »Zum Glück habe ich keine Kekse gebacken.«
    Sie griff nach den Erbsen und hielt sie dort an ihr Gesicht, wo es am meisten wehtat. »Kannst du denn backen?«
    »Keine Ahnung. Außerdem war ich mir nicht sicher, ob du überhaupt schon was kauen kannst. Wie geht es deinem Kiefer?«
    Sie ging langsam zum Sofa und setzte sich wieder. »Willst du, dass ich gelassen bleibe, oder willst du die Wahrheit wissen?«
    »Ich will die Wahrheit wissen.«
    »Es tut verdammt weh. An mir gibt es vielleicht gerade noch drei Quadratzentimeter, die nicht wehtun. Und du lächelst?«
    Er lächelte tatsächlich. »Aber nicht, weil dir alles wehtut. Sondern weil du wütend darüber bist. Es freut mich zu sehen, dass dich dein Temperament noch nicht im Stich gelassen hat.« Er setzte sich neben sie und goss ihr Tee ein. »Und jetzt erzähl mir, was passiert ist, Phoebe.«
    »Ich wurde im Treppenhaus des Polizeireviers überfallen.«
    »Überfallen? Von wem?«
    »Ich habe ihn nicht gesehen, also kann ich das auch nicht mit letzter Gewissheit sagen. Er hat mir dort aufgelauert«, hob sie an und erzählte ihm alles Weitere.
    Er unterbrach sie nicht, aber als sie sagte, dass ihr der Angreifer die Kleider vom Leib gerissen hatte, sprang Duncan auf. Wie vorher sie ging er zu den Türen und sah hinaus.
    Sie verstummte.
    »Erzähl weiter«, sagte er, während er ihr den Rücken zukehrte. »Ich kann im Moment einfach nicht still sitzen.«
    Er hörte zu und starrte durch die Glastüren nach draußen. Aber er hatte keine Augen für die wild wachsenden Glyzinien oder die gewundenen Wege durch den Garten. Er sah ein düsteres Treppenhaus und eine verletzte, hilflose Phoebe, die mit einem gesichtslosen Mistkerl kämpfte, der sie quälte, betatschte, terrorisierte.
    Dafür würde er bezahlen müssen, dachte Duncan. Er glaubte fest an Vergeltung.
    »Du weißt, wer es war«, sagte er, als sie geendet hatte.
    »Ich hab ihn nicht gesehen.«
    Jetzt drehte Duncan sich um. Sein Gesicht war leer und ausdruckslos, sodass seine blauen Augen nur noch stählerner wirkten. »Du weißt, wer es war.«
    »Ich hab einen Verdacht. Aber das ist noch lange kein Beweis.«
    »So reden Polizisten. Aber was ist mit dir als Mensch?«
    »Ich weiß, wer es war, und ich werde Mittel und Wege finden, das auch zu beweisen. Du glaubst doch nicht etwa, dass ich das einfach so hinnehme ? Für wen hältst du mich eigentlich?« Sie hielt abwehrend eine Hand hoch, um sich selbst Einhalt zu gebieten.
    »Nein, sprich weiter. Ein anständiger Wutanfall tut mindestens ebenso gut, wie sich einmal richtig auszuweinen.«
    »Er hat mir wehgetan . Dieses Arschloch hat mir wehgetan und mich erniedrigt. Er hat mich glauben lassen, dass er mich umbringt, meine Tochter zur Waise macht und meine Mutter, meine ganze Familie in Trauer stürzt. Er hat mich nackt liegen lassen, auf allen vieren, sodass ich mich kriechend in Sicherheit bringen musste, während meine Kleider nur noch in Fetzen hingen. Und das direkt an meinem Arbeitsplatz , wo ich jeden Tag hinmuss, wo ich den Kollegen ins Gesicht sehen muss, die alle mitbekommen haben, dass er mir das antun konnte. Und weißt du auch,

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