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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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löste Angelene sich von Caroline Middey und drehte sich erwartungsvoll zu Talmadge um, so unverhohlen, dass sie rot wurde und das Gesicht abwandte.
    Junge Dame, sagte er, ich glaube, dein Geschenk ist irgendwo da drüben im Aprikosengarten.
    Sie lächelte ihn an und machte zögernd einen Schritt in die Richtung des Gartens.
    Du meinst …
    Ich meine, dass du mal zu dem Baum dort am Rand gehen und nachschauen solltest.
    Unter den neugierigen Blicken einiger Männer – vielleicht hatten sie das Gewehr schon gesehen und noch vor Talmadge gewusst, was sie bekommen würde – ging sie über den Rasen, betrat den Obstgarten und kam ein paar Augenblicke später mit dem Gewehr in der Hand wieder heraus.
    Oh!, sagte Caroline Middey.
    Im Gehen drehte Angelene das Gewehr unbeholfen hin und her und betrachtete es. Sie blieb vor ihnen stehen.
    Es ist so … hübsch, sagte sie. Da sind … Blumen drauf.
    Lass mich mal sehen, Liebes, sagte Caroline Middey, und das Mädchen gab es ihr. Sie schien erleichtert, es nicht mehr selbst halten zu müssen. Sie sah Talmadge an, und ein Ausdruck der Verwirrung huschte über ihr Gesicht.
    Danke, sagte sie. Ich dachte … Sie zögerte. Es ist sehr schön. Sie mied seinen Blick. Als sie ihn schließlich doch anschaute, schien sie überrascht, so als hätte sie sich in ihm getäuscht und gerade erst verstanden, wer er war. Er staunte über ihren Blick. Was hatte sie denn vorher gedacht? Warum war sie so verwirrt? Wieder dachte er an das Buch mit Schnittmustern, das er in Chelan im Schaufenster entdeckt hatte. Er fand, dass die Frauen auf der Verpackung elegant aussahen, weltoffen und stark; und wie ein Idiot war er hineingegangen und hatte die Verkäuferin nach einem Geschenk für seine junge Freundin gefragt – so hatte er sie genannt,
seine junge Freundin
 –, und die Verkäuferin hatte ihm zu dem Schnittmusterbuch geraten.
    Wo hast du das gefunden?, fragte Caroline Middey ihn jetzt. Es ist ein Kunstwerk … Und kurz darauf: Es erinnert mich an irgendetwas …
    Sie gab Clee das Gewehr, der es ausgiebig bewunderte. Er nickte und lächelte Angelene an, bevor er es an den Cowboy weiterreichte, der es kurz musterte und Talmadge gab.
    Ihr habt ja alle noch keinen Kaffee gehabt, sagte Angelene und ging zur Hüttentür.
    Clee machte sich bemerkbar, und der Cowboy sagte, Clee hat noch etwas für dich.
    Ach ja, sagte Angelene und kam errötend zu ihm zurück.
    Clee holte etwas aus seiner Jackentasche. Es war eine schmale hölzerne Dose mit einem Scharnier hinten, sodass sie sich öffnen ließ. Angelene nahm sie und schaute sie sich an. Oh, sagte sie, nachdem sie sie aufgeklappt hatte, es ist Zedernholz. Riecht mal … Sie gab sie Caroline Middey.
    Als die Schachtel bei Talmadge ankam, drehte er sie um. Der Deckel war mit eingravierten Rosen verziert.
    Ich wollte schon immer eine andere Kiste für meine Stifte haben, sagte Angelene und überraschte alle, indem sie zu Clee ging und ihn linkisch umarmte. Clee schaute seitwärts und tätschelte ihren Rücken.
    Wir finden alle möglichen Sachen auf den Märkten und Auktionen, sagte der Cowboy.
    Als Angelene Clee losließ, liefen ihr die Tränen über das Gesicht. Sie lächelte. Ich weiß nicht, warum ich weine, sagte sie. Meine Geschenke sind sehr schön. Und auch das Essen … und der Kuchen … Ich … es ist bloß … mein Geburtstag … Und dann bedeckte sie ihr Gesicht mit den Händen.
    Na, na, sagte Talmadge. Wir haben noch gar nicht gesungen.
    Er fing an.
For she’s a jolly good fellow.
Caroline Middey stimmte ein, und auch ein paar von den Männern, die das Lied kannten.
    Als sie kleiner war, vier, fünf, ja auch noch mit sechs, hatte er sie sich auf die Schultern gesetzt und war mit ihr durch den Aprikosengarten gelaufen, wo sie nach den reifen Früchten griff, während er sich ruckartig hierhin und dorthin drehte, je nach dem, wie ihre Knie ihn lenkten, und wenn er hüpfte oder ganz langsam ging, kreischte sie vor Lachen. Aufs Feld!, rief sie dann, und er gehorchte und galoppierte (schon damals alt) über den Bach und ins hüfthohe Gras hinein. Wie waren sie auf dieses Ritual verfallen? Der Geburtstagsspaziergang hatten sie es genannt. Am Anfang hatte er ihr damit das Warten auf Della verkürzen wollen, in den Jahren, als sie oft zu spät zum Geburtstagsfest des Mädchen kam. Um Angelene die Zeit zu vertreiben, sie davon abzulenken, dass ihre Tante noch nicht da war, unternahmen sie einen langen Spaziergang, streunten auf dem

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