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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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Hände waren schweißnass. Lügner, sagte sie leise.
    Sei still, sagte Michaelson.
    Selber, sagte sie.
    Das war früher. Jetzt bin ich ein neuer Mann. Ich habe … mich geändert. Und er hustete leise und hielt sich den Bauch.
    Lügner!, flüsterte sie erneut.
    Er ignorierte sie und sagte: Wirklich. Ich war schon immer empfänglich für die Befehle Gottes, aber jetzt habe ich gelernt, manche seiner Lehren … neu zu deuten …
    Ich werde Sie töten, sagte sie.
    Nein, sagte er traurig. Ich glaube, das wird schon diese Krankheit erledigen. Sie tut mir Dinge an, zu denen du gar nicht fähig bist. Du solltest meiner Krankheit dankbar sein.
    Sie rüttelte an den Stäben, die sich natürlich kein bisschen bewegten.
    Ich werde Sie töten!, sagte Della. Sie haben meine Schwester umgebracht!
    Sein Schweigen verriet ihr, dass er nicht wusste, wovon sie sprach. Ehe sie sich bremsen konnte, sagte sie: Jane! Sie haben Jane umgebracht!
    Da änderte sich die Atmosphäre zwischen ihnen. Michaelson blieb eine ganze Weile stumm.
    Jane, sagte er dann. Oh ja.
    Sie erinnern sich an sie …
    Nach einer weiteren Pause sagte er: Ja. Und ein paar Sekunden später: Dann bist du wohl diese lästige Schwester von ihr …
    Della, sagte sie. Della!
    Und sie spürte, wie er sie in der Dunkelheit noch einmal neu betrachtete.
    Schau an, was aus dir geworden ist, sagte er. Sitzt im Knast und drohst einem Mann Gottes damit, ihn zu töten!
    Einem Mann Gottes!, blökte sie. Einem Mann Gottes!
    Spotte nur, wenn’s dir Spaß macht …
    Sie sind ein Lügner! Sie sind kein Mann Gottes! Und wenn doch, dann glaube ich nicht an Gott!
    Gotteslästerin!
    Sie weinte und rüttelte an den Stäben. Schlug mit dem Kopf dagegen. Sie streckte die Hand durch das Gitter und versuchte, ihn zu packen, doch er stand zu weit von ihr entfernt.
    Schau dich an, sagte er. Ja, jetzt erinnere ich mich! Jetzt erinnere ich mich gut!
    Sie schrie, und während sie schrie – in ihrem Schrei lebte –, hörte sie ihn lachen. Aber sie war sich nicht sicher, ob er tatsächlich lachte oder ob sie sein Gelächter nur aus ihrem eigenen Schrei heraushörte.

    Angelene saß auf dem Ast, an dem ihre Mutter sich erhängt hatte. Von hier oben konnte sie die Plantage überblicken und einen Teil des dahinterliegenden Felds. Es war der beste Platz, dachte sie, um Leute zu beobachten, die den Canyon betraten. Das musste es gewesen sein, was Della schließlich dazu bewogen hatte zu springen – dass man von hier aus hatte Zeuge sein können können, wie die Bäume anfingen zu zittern und wie durch das Laub hindurch das Fell der Pferde und die Körper der Männer in Sicht kamen. Jane hatte es sich vorstellen können, und das reichte ihr, um zu handeln, doch für Della musste sich das Unheil erst roh und ungeschönt vor ihren Augen entfalten.
    Angelene wartete darauf, dass die Bäume zittern würden, doch kein Baum zitterte für sie. Alles blieb still.
    Von einem Moment auf den anderen fingen die Vögel im Wald an zu lärmen. Die Sonne ging unter.
    Mit heftig klopfendem Herzen stieg sie vom Baum. Was, wenn Talmadge sie hier gefunden hätte? Aus irgendeinem Grund war es für sie notwendig gewesen, einmal auf diesen Baum zu klettern; doch sie würde es nicht wieder tun, niemals.
     
    Nachdem Michaelson bei Della gewesen war, kam sie wieder in Einzelhaft. Obwohl sie ihm nichts getan hatte. Sie konnte nicht aufhören zu schreien. Sie schrie, um das Geräusch ihres eigenen Schreiens zu übertönen. Frederick brachte Michaelson eilends wieder in seine Zelle, und bis der Oberaufseher da war und die Lichter einschaltete, hatte Della sich schon den Mund an den Gitterstäben blutig geschlagen. Was macht sie denn da?, fragte der Aufseher Frederick. Was ist passiert? Frederick zuckte die Schultern, rot im Gesicht. Sie schlossen Dellas Zelle auf, packten sie und brachten sie fort.
    Der Amtsrichter kommt morgen zu Ihnen, sagte der Oberaufseher, der jetzt Blut an seinem Hemd hatte. Er schob sie in die neue Zelle und zog die Tür hinter sich ins Schloss. Bückte sich und sprach durch das kleine Fenster: Versuchen Sie, sich zusammenzureißen, Herrgott noch mal …

    Talmadge traf ein weiteres Mal im Gericht ein. Der Amtsrichter kam, um ihn zu begrüßen, und sagte, er würde ihn gern unter vier Augen sprechen. Er führte Talmadge über den Korridor in sein Büro.
    Talmadge wusste, schon bevor der Amtsrichter etwas sagte, dass Della sich wieder in Schwierigkeiten gebracht hatte.
    Der Amtsrichter wies auf den

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