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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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sich.
    Sie verließ das Zimmer und kam wenig später mit einem Glas Wasser zurück. Er nahm es und trank. Dann streckte er zögernd den Arm nach ihr aus, und sie kam, setzte sich neben ihn und lehnte sich bei ihm an. Er legte den Arm um sie.
    Du hättest nicht kommen sollen, sagte er.
     
    Als sie ihn eine Stunde später von seinem Mittagsschlaf weckte, sah er, dass sie ihm seinen Anzug hingelegt und die Schuhe geputzt hatte. Nachdem er fertig angekleidet war, brachte sie ihm einen Teller gebratenes Huhn und Kartoffelbrei. Stellte ihn neben das Waschbecken.
    Es war vier Uhr. Er sagte ihr, er sei in ungefähr einer Stunde zurück und sie solle die Pension nicht verlassen. Sie nickte.
    Ich meine es ernst.
    Ich weiß.
    Er ging die Treppe hinunter und tippte sich kurz an den Hut, um die Wirtin zu grüßen, die gerade mit einem anderen Gast sprach. Dann verließ er die Pension und trat hinaus in den weiten, süß duftenden Spätnachmittag.
    Der Amtsrichter saß bei seltsam dämmrigem Licht in seinem Büro. Es war jene Stunde des Tages, in der die Sonne auf die gegenüberliegende Seite des Gebäudes schien; Talmadge hatte ihn noch nie so spät am Nachmittag aufgesucht. Der Amtsrichter hätte das elektrische Deckenlicht einschalten können, doch das tat er nicht. Er saß im weichen Halbdunkel, als Talmadge hereinkam, stand auf und schüttelte ihm die Hand, bevor er ihn Platz zu nehmen bat. Nun sah er ihn mit einem neutralen Gesichtsausdruck an.
    Sie haben unseren Brief erhalten, nehme ich an? Über die Verlegung?
    Talmadge nickte.
    Der Amtsrichter blickte auf seinen Schreibtisch. Ein bitteres, betrübtes Lächeln auf den Lippen.
    Talmadge räusperte sich.
    Es ist merkwürdig, sagte der Amtsrichter plötzlich und hob den Blick. Wir haben ihr von der Verlegung erzählt, aber es scheint sie nicht zu kümmern. Oder sie hört uns nicht. Traurig, sagte er in die anschließende Stille hinein. Sie wirkte so … wach, als sie hierherkam. Vielleicht ist das nicht das richtige Wort. Aber sie hat geistig nachgelassen. Körperlich auch. Er seufzte. Es ist ein Jammer …
    Talmadge hob das Kinn, als wollte er etwas sagen. Die Worte des Amtsrichters interessierten ihn nicht mehr – sie waren ihm gleichgültig –, doch er wollte auch nicht unhöflich erscheinen. Er musste sich die Sympathie des Amtsrichters bewahren.
    Nun zu Ihrer Bitte, sie für einige Zeit mitzunehmen, sagte der Amtsrichter und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Das ist äußerst ungewöhnlich. Aber da sie sowieso fortgeschickt wird und es kein Gesetz gegen Besuche solcher Art gibt oder – er lächelte ein untypisches, verschlagenes Lächeln – zumindest keine Gesetze, die nicht umgangen werden könnten, habe ich beschlossen, es zu gestatten. Allerdings müssen Sie überwacht werden, sagte er. Er sei Della immer gewogen gewesen, fuhr er fort, aber nur bis zu einem gewissen Punkt; was dagegen Talmadge betreffe – hier sah er ihn ernst und ohne zu lächeln an –, habe er keine Bedenken.
    Talmadge ging im schwindenden Licht zur Pension zurück. Es war vollbracht. Der erste Schritt war getan und hatte den Weg für alles Weitere frei gemacht.
    Ein kalter Hauch war in der Luft.
    In der Pension wurde gerade zu Abend gegessen. Er blieb am Fuß der Treppe stehen und lauschte kurz auf die Stimmen im Speisesaal, bis er sicher sein konnte, dass Angelene nicht dabei war. Leise ging er hinauf in den ersten Stock. Vor ihrer Tür hielt er inne. Er sollte besser sofort ins Bett gehen, dachte er. Er klopfte. Angelene rief ihn augenblicklich hinein.
    Sie war im Bett, hatte ihr Nachthemd an, und das Haar fiel ihr offen um die Schultern. Sie sah ängstlich aus. Er setzte sich auf die Bettkante. Nach einer Weile nahm er ihre Hand und erzählte ihr alles. Dass er Della am nächsten Morgen abholen und mit ihr zum Strand gehen werde; dass Clee solange den Wärter ablenken werde; dass er, Talmadge, Della auf das Schiff führen werde, wo sie sich verstecken könne; dann würde das Schiff ablegen, und wenn es Stehekin, die kleine Gemeinde an der Spitze des Sees, erreicht hätte, wäre sie frei. In die anschließende Stille hinein sagte er, in Stehekin warteten Leute mit einem Pferd auf sie.
    Angelenes Gesicht lief rot an, als sie sprach.
    Ich helfe euch, sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf.
    Bitte, Talmadge.
    Nein.
    Ihr Mund wurde hart; ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Er drückte ihre Hand. Du bleibst hier, hältst dich von allem fern, sagte er. Es ist das Beste so.
     
    Doch

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