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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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bis sie Chelan erreicht hatten. Sobald sie in der Stadt waren, trennten sie sich, und Talmadge brachte sein Pferd in den Stallungen unter. Als er in die Pension kam, lächelte die Wirtin ihn zaghaft an und teilte ihm mit, seine Tochter sei schon da.
    Verzeihung?
    Doch dann folgte er dem freundlichen Blick der Wirtin und sah Angelene, in einem weißen Kleid, an der Treppe stehen. Einen aufgeregten, ängstlichen Ausdruck im Gesicht.
    Im oberen Flur, wo die Wirtin sie nicht mehr sehen konnte, nahm Talmadge Angelene am Arm und bugsierte sie in sein Zimmer. Während er die Tür zumachte, setzte sie sich auf das Bett und senkte den Kopf.
    Sie habe den Zug genommen, sagte sie, und sei am Tag zuvor angekommen. Sie sei direkt zur Pension gegangen und die ganze Zeit dort geblieben. Nur die Wirtin wisse, dass sie hier sei. Sie zögerte, bevor sie fortfuhr. Sie wisse zwar nicht, was los sei, sagte sie dann, aber ihr sei klar, dass Talmadge nicht bloß hier sei, um Della zu besuchen; es gehe auf jeden Fall um mehr, und das, was sie planten, er und Clee, sei vermutlich illegal, sonst würden sie nicht so heimlich tun.
    Talmadge rührte sich nicht. Er blickte über ihre Schulter hinweg in die Zimmerecke. Unterwegs nach Chelan hatte er ihren Plan wieder und wieder im Kopf durchgespielt – wenn ein Schritt gelang, eröffnete sich die Möglichkeit für den nächsten und den übernächsten –, und je mehr er darüber nachdachte, umso größer wurde seine, wenn auch vorsichtige, Hoffnung. Es gab Momente ernsten Zweifels; doch das waren nur Momente, und sie gingen vorüber. Auch Angst gab es, kaum überraschend. Nun, mit dem Auftauchen des Mädchens, wankte das Fundament des Plans, es ächzte unter der Anstrengung, die nötig sein würde, damit das Ganze unter diesen neuen Umständen gelang.
    Ich weiß nicht, was ihr vorhabt, sagte sie. Aber ich möchte euch helfen.
    Er sagte lange Zeit gar nichts. Er wollte sie in keiner Weise in die Sache hineinziehen, wusste aber nicht, wie er jetzt vorgehen sollte. Er könnte sie bitten, sich herauszuhalten – aber welchen Ton sollte er anschlagen? Was wäre am wirkungsvollsten? Würde sie auf ihn hören? Oder würde sein Widerstand sie letztlich nur anstacheln? Sie war kein Kind mehr, aber erwachsen war sie deswegen noch lange nicht. Er hatte sie schon vor so vielem beschützt. Was immer er ihr jetzt auseinandersetzte, was immer er sie zu tun oder nicht zu tun bat, konnte eine Unzahl von Folgen haben. Ach, er war es so müde, über all das nachzudenken. Wie seine Worte und Taten Della und ihren Lebensweg beeinflussten; und nun auch Angelene.
    Schließlich sagte er: Ich dachte, vielleicht … Er stockte. Am Anfang habe ich gedacht, wenn sie rauskommt, könnte sie sich vielleicht um dich kümmern. Aber jetzt …
    Sie beobachtete ihn.
    Was redete er da? Das Mädchen hatte schon immer diese Wirkung auf ihn gehabt: dass er Dinge äußerte, deren er sich selbst vorher gar nicht bewusst gewesen war. Meinungen. Lang gehegte Überzeugungen und Urteile. Was sagte er da? Dass er die Vorstellung, Della könnte auf Angelene aufpassen, aufgegeben habe? Ja, das hatte er gesagt. Verwirrt dachte er: Della wird nie zur Plantage zurückkehren. (Doch das war zu viel, dachte er, das ging zu weit …) Er wandte erschöpft das Gesicht ab.
    Ich komme allein zurecht, sagte Angelene mit zitternder Stimme. Du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen.
    Einige Minuten verstrichen. Talmadge war mit seinem Latein am Ende.
    Selbst wenn sie nicht zu uns zurückkommt, sagte er. Wir müssen sie einfach hier rausholen. Er hielt inne, suchte nach den richtigen Worten. Sie ist krank, sagte er schließlich.
    Krank?
    Ja.
    Eine Zeit lang war es still.
    Dann sollten wir ihr helfen, sagte Angelene.
    Nein, sagte er.
    Sie sah ihn erschrocken an.
    Warum nicht?
    Weil ich es sage.
    Das ist keine Antwort.
    Weil es nichts mit dir zu tun hat, sagte er. Ich bin derjenige, der sie in diese Lage gebracht hat. Und nun werde ich ihr helfen. Aber du musst dich da raushalten. Es hat nichts mit dir zu tun.
    Sie wollte etwas erwidern, das sah er, doch nachdem sie seinem Blick begegnet war, hielt sie den Mund.
    Ich habe eine Verabredung, sagte er. Er hatte es kaum ausgesprochen und ihre erwartungsvolle, mitfühlende Miene wahrgenommen, als ihn ein Schwindelgefühl packte. Er stützte sich mit einer Hand am Bettrahmen ab und legte die andere über die Augen.
    Talmadge? Ihre Stimme klang ängstlich. Setz dich hin.
    Mir geht’s gut. Er setzte

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