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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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verstand nicht, was das Problem war. Wenn Elsbeth zurückkam, wäre das Geld egal. Wenn er hundert Dollar bezahlen müsste, würde er hundert Dollar bezahlen.
    Talmadge nahm das Plakat von der Wand und betrachtete es noch eine Weile, bevor er es faltete und in seine Tasche steckte.
     
    Am nächsten Abend saßen die Mädchen beide ganz hinten auf dem Rasen. Er wandte sich vom Fenster ab und schaute in der Speisekammer nach, was da war. Nahm eine Tüte Maismehl heraus und fing an, Küchlein und gebratene Äpfel zu machen. Als er sich zum Fenster drehte, sah er, wie ein Mädchen sich langsam über das Gras der Veranda näherte. Er hielt im Arbeiten inne und beobachtete sie. Es war wieder die Ältere, dachte er, die mit dem Zopf. Sie hatte einen Teller dabei, den sie an die Brust drückte. Hinter ihm brutzelte das Öl in der Pfanne, und der Raum erwärmte sich vom Duft der Maiskuchen. Das Mädchen blieb vor der Veranda stehen, außerhalb des Lichtkegels der Laterne. Er wischte sich die Hände an der Hose ab und ging hinaus. Sie sah an ihm vorbei in die Küche, als seien das Essen und der Essensgeruch ein Wesen, von dem sie gegrüßt zu werden erwartete. Schließlich richtete sie den Blick auf seine Brust, trat einen Schritt vor und streckte ihm den Teller hin. Er nahm ihn, ging hinein und füllte ihn reichlich. Als er wieder herauskam, hatte sie noch einen zweiten Teller geholt. Das andere Mädchen blieb im Hintergrund und schaute. Er hielt der Älteren den vollen Teller hin, den sie ihm nach kurzem Zögern abnahm, und ging mit dem leeren Teller wieder hinein, um ihn ebenfalls zu füllen. Als er wieder auf die Veranda kam, hob die Ältere das Gesicht. Sie hatte volle Backen, und ihre Augen tränten. Es ist heiß, sagte er. Sie blinzelte rasch mit den Augen. Aus irgendeinem Grund wollte sie den zweiten Teller nicht von ihm annehmen, also stellte er ihn auf die Veranda und ging wieder hinein.
    Vom Fenster aus sah er, wie sie sich über den Rasen zurückzog, wobei sie immer wieder stehen blieb und den Kopf über das Essen beugte. Das andere Mädchen kam ihr entgegen und nahm ihr den vollen Teller ab. Sie gingen in die Knie und aßen wie am Tag zuvor.
     
    Oh, das würde ich nicht machen, sagte Caroline Middey.
    Sie und Talmadge saßen wieder auf der Veranda vor ihrem Haus. Dieses Mal gab es Ochsenbrust, gedünstete Karotten und grünes Gemüse in Brühe. Talmadge wischte sich den Mund mit einer blau karierten Serviette ab. Er hätte nichts sagen sollen. Aber er konnte nicht anders. Selbst wenn ihre Antwort nicht das war, was er hören wollte, brauchte er ihren Rat. Kaum dass das Essen auf dem Tisch stand, hatte er ihr erzählt, er werde Michaelson am Okanogan einen Besuch abstatten.
    Wenn du sie einfangen könntest, sagte Caroline Middey plötzlich, zu einem früheren Gespräch über die Mädchen zurückkehrend, könnte ich sie mir anschauen. Ich könnte schauen, in was für einem Zustand sie sind. Wäre das möglich?
    Er dachte einen Augenblick nach. Aber warum erwog er es überhaupt?
    Nein, sagte er. Kurz darauf: Du kannst ja selbst mal probieren, ob sie zu dir kommen. Du bist eine Frau, vielleicht ist das was anderes. Aber es gibt kein
Einfangen
oder dergleichen …
    Sie schwieg, dachte nach.
    Fahr du da rauf und besuch diesen Mann, sagte sie dann und nickte. In Ordnung. Aber am besten nimmst du deine Flinte mit. Sie schob sich eine Gabel voll Ochsenbrust in den Mund, kaute.
    Er war still. Daran hatte er selbst schon gedacht. Das Gewehr lag hinten im Wagen, unter dem Leinensack. Aber das wollte er nicht zugeben, denn sie sollte nicht denken, dass auch er damit rechnete, auf einen Feind zu treffen. Er fand es abscheulich, dass dies seine erste Reaktion gewesen war. Ohne Ausdruck sagte er: Ich hab sie dabei. Aber ich werd sie nicht brauchen.
    Caroline Middey hob die Augenbrauen. Sie spießte noch etwas Fleisch auf ihre Gabel.
    Man weiß nie, was man vielleicht brauchen kann, sagte sie, und schob sich die Gabel in den Mund.
     
    Es war keine geringfügige Strecke, die er bewältigen müsste – ungefähr siebzig Meilen, Luftlinie –, und er überlegte, wie er es anstellen sollte. Am Ende beschloss er, sein Maultier bei Caroline Middey zu lassen. Sie brachte ihn mit ihrem Wagen nach Wenatchee. Dort stieg er in einen Dampfer, der Richtung Norden fuhr, ins Hochland. Es war Dienstag, kurz vor Morgengrauen. Nicht viele Leute stiegen mit ihm ein.
    Den Columbia hinauf; in seinen Ohren das ständige Plätschern des Wassers

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