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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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Ausbildung gelernte Regel, nicht in Menschenmengen hineinzuschießen, in dem Moment vergessen habe; diese fehlerhafte Einschätzung der Lage bedaure er. Aber, fügte der Anwalt schnell hinzu, besser, man gehe auf Nummer sicher, als dass es ein böses Erwachen gebe, nicht wahr?
    Der Amtsrichter erklärte dem Gericht, nach ihren Erkenntnissen hätten Clee und der andere Indianer die Aufgabe gehabt, von Della Michaelsons Flucht abzulenken. Der Mann am Boden oder Clee selbst habe in die Luft geschossen und dann habe Clee über dem anderen Mann gekauert, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Unterdessen habe Della versucht, sich auf dem Schiff zu verstecken, das wenige Minuten, nachdem sie an Deck gegangen sei, nach Stehekin hätte ablegen sollen.
    Della wurde wieder eingesperrt und Clee in Gewahrsam genommen. Talmadge, der noch im Krankenhaus lag, stand ebenfalls unter Arrest. Nach dem Mann, der Bewusstlosigkeit vorgetäuscht hatte und in dem Durcheinander nach dem Schuss auf Talmadge verschwunden war, wurde noch gefahndet.
    Talmadge wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Anschließend untersuchte ihn jedoch ein Amtsarzt, und nachdem der Verteidiger lange für ihn gestritten hatte, befand man seinen Gesundheitszustand für zu schlecht, als dass er die Strafe verbüßen könne. Zumal man nicht außer Acht lassen dürfe, argumentierte der Verteidiger, dass er die alleinige Verantwortung für eine Minderjährige trage. Nach zwei Wochen Haft wurde seine Gefängnisstrafe schließlich auf vierzehn Monate verkürzt.
    Clee bekam zwei Jahre. Er war der Einzige von allen an der Verschwörung Beteiligten, der bewaffnet gewesen war, und da er sich weigerte, seinen Partner preiszugeben – den Mann, der Bewusstlosigkeit vorgetäuscht hatte –, galt er zudem als nicht kooperativ.
    Della wiederum wurde endlich wegen ihrer anderen Vergehen vor Gericht gestellt. Der Mann, den sie mit der zerschlagenen Flasche angegriffen hatte – und getötet zu haben behauptete –, war nicht gestorben und wollte zunächst keine Anklage erheben. Doch seine Familie und seine Kollegen hatten ihn umgestimmt.
    Niemand glaubte, dass Della nicht an der Planung ihrer eigenen Flucht mitgewirkt hatte, und so fiel das Urteil in ihrem Fall noch härter aus. Sie sollte in das Gefängnis von Walla Walla verlegt werden und dort zehn Jahre wegen Körperverletzung – mit einer Stichwaffe – und versuchter Flucht aus einer Haftanstalt absitzen.

    Einige Zeitungen erwähnten, bei der fraglichen Minderjährigen, von der im Laufe der Verhandlungen mitunter die Rede gewesen sei, handele es sich um Miss Angelene Michaelson (gelegentlich Talmadge), vierzehn Jahre alt, aus Peshastin, Washington. Das
Leavenworth Echo
beschrieb sie als »groß, zierlich, ihrer Tante sehr ähnlich, mit langem, dunklem Haar, das sie nicht nach der Mode der jungen Damen von heute, sondern wie ein Schulmädchen in zwei geflochtenen Zöpfen auf dem Rücken trägt«. In manchen Berichten hieß es, Angelene habe während Talmadges Befragung in der zweiten Reihe des Gerichtsbalkons sitzend geweint; andere wollten sie nur vor sich hin starren gesehen haben. Auf jeden Fall aber war sie von Miss Caroline Middey aus Cashmere begleitet worden, einer mütterlichen Freundin, die auch mit Mr Talmadge und der älteren Miss Michaelson bekannt sei.
    Die Verwaltung der Haftanstalt war bestrebt, gewisse Einzelheiten der Sache geheim zu halten, insbesondere solche, die James Michaelson beziehungsweise Robert De Quincey betrafen. Sie seien für den Fall nicht von Belang, erklärte der Amtsrichter, allerdings ohne großen Nachdruck. Vielleicht war er es sogar, der die Reporter auf diese konkrete Fährte gesetzt hatte, weil ihn das ganze Debakel so frustrierte. Als die schlüpfrigen Details von Michaelsons Geschäften – oder früheren Geschäften, denn inzwischen war er geläutert oder behauptete, es zu sein – bekannt wurden und seine Beziehung zu Della ans Licht kam, spielte die Presse verrückt. Talmadge, der bis dahin als skrupelloser, egoistischer Vater gegolten hatte, wild entschlossen, seine gemeingefährliche Tochter, koste es, was es wolle, auf die Welt loszulassen, erschien nun allen als Held; ein sanftmütiger, bescheidener Obstgärtner aus den Bergen, der alles riskiert hatte, auch seine Freiheit und sein Leben, um eine junge Frau zu retten, die in Wahrheit gar nicht seine Tochter war, die er aber trotzdem liebte; er habe ihr eine Chance im Leben verschaffen wollen, die sie nie

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