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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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und hob die Hand.
    Sie blickte verwirrt zu ihnen. Blinzelte.
    Caroline Middey winkte ihr zu.
    Man hörte, wie jemand ein Foto schoss, ein mechanisches Puffen. So still war es.
    Und dann halfen die Wärter ihr auf den Wagen, und sie konnten sie nicht mehr sehen.

[zurück]
    VI
    Als sie im Zug zurück nach Cashmere saßen, begann es zu schneien. Caroline Middey, die Angelene gegenüber Platz genommen hatte, döste. Angelene schaute aus dem Fenster, sah die Flocken vorbeischweben. Es war später Nachmittag, und der Himmel war weder hell noch dunkel.
    Sie dachte daran, wie sie und Talmadge, nur zwei Jahre zuvor, mit dem Zug nach Dungeness Bay gefahren waren. Weißt du noch?, hätte sie ihn jetzt gern gefragt und erschrak von Neuem – erschrak bis ins Mark – über seine Abwesenheit. Wo war er? Doch noch bevor dieser Gedanke ganz vollendet war, wusste sie: Er war fort. Woanders. In einer anderen Welt.
    Sie betrachtete den Schnee.
    Jene Fahrt nach Dungeness Bay, die ganze damalige Zeit, schien jetzt sehr weit entfernt.

    Bei ihrer Rückkehr fanden sie die Plantage in einem erbärmlichen Zustand vor. Die ungepflückten Aprikosen waren an den Zweigen oder auf dem Boden verfault, dann gefroren und in der Sonne wieder aufgetaut. Eine stille, schimmernde Sumpfblüte. Schädlinge und anderes Getier hatten sich ans Werk gemacht. Die Äpfel unten auf dem Feld und im Canyon hingen schwer, fordernd, an den Ästen. Manche trugen Schneehauben. Falls der Frost sie schon erwischt hatte, wären sie nicht mehr zu gebrauchen. Caroline Middey und Angelene warfen nur einen oberflächlichen Blick darauf. Alles genau zu inspizieren, meinte Caroline Middey müde, sei jetzt, so spät am Tag, zwecklos. Sie gingen in die Hütte.
    Ich koche Kaffee, sagte Angelene.
     
    Die Männer trafen zwei Wochen nach Angelenes und Caroline Middeys Rückkehr auf der Plantage ein. Sie ritten wie immer, von Pferden umringt, auf das Feld, und doch war es dieses Mal anders, weil weder Clee noch der Cowboy bei ihnen waren. Niemand kam sofort herauf, um Angelene zu begrüßen, obwohl sie am Abhang des Aprikosengartens stand und sie beobachtete. Erst nach einer Weile löste sich ein Mann von der Herde und kam zu ihr. Caroline Middey trat aus der Hütte, stellte sich hinter Angelene und legte ihr die Hände auf die Schultern. Beschützend. Der Mann war jung, breitschultrig, hübsch. Angelene erinnerte sich vage an ihn. Ein entfernter Vetter von Clee. Caroline Middey hatte ihn noch nie gesehen. Er sah zuerst an den Frauen vorbei zur Hütte, bevor er Angelene anschaute.
    Wir haben etwas für dich, sagte er.
    Die Frauen folgten ihm hinunter aufs Feld. Die anderen Männer nahmen Haltung an, sobald Angelene das Feld betrat. Wer gesessen hatte, stand auf. Der Mann, der Angelene und Caroline Middey geholt hatte, ging zur Herde, tauchte eine Minute später an deren Rand wieder auf und kam auf das Mädchen zu. Er führte ein graues Pferd mit gesprenkeltem Rumpf am Zügel.
    Was ist damit?, fragte Angelene.
    Es war das Pferd, für das Talmadge bezahlt und das Clee nach Stehekin gebracht hatte, damit es Della dort erwartete.
    Er hat es gekauft, es gehört dir, sagte der Mann. Wir haben es für dich hergebracht.
    Angelene nahm ihm die Zügel ab. Das Pferd war riesengroß und wunderschön.
    Danke, sagte sie.
    Hätten Sie es nicht verkaufen können?, fragte Caroline Middey.
    Der Mann antwortete nicht. Er machte kehrt und gesellte sich zu den anderen.
    Bei Anbruch des folgenden Tages waren die Männer fort.
     
    Caroline Middey blieb einen Monat lang, um ihr bei der Arbeit mit den Früchten zu helfen. Außerdem, das wusste Angelene, ließ sie sie nicht gern allein. Doch Angelene wollte es so. Sie wollte nicht mit Caroline Middey mitfahren und bei ihr wohnen.
    Bist du sicher?, hatte Caroline Middey sie gefragt. Ich glaube nicht … Doch dann stockte sie, nicht überzeugt, ob es ihr um Angelene ging oder um sich selbst. Über wessen Einsamkeit sprachen sie hier? Zweifelte sie, tief im Innern, daran, dass das Mädchen allein für sich sorgen konnte?
    Ich besuche dich, sagte Caroline Middey. Alle zwei Wochen oder so komme ich her. Und du kannst immer zu mir kommen, wenn du in der Stadt bist.
    Ja, sagte Angelene.
     
    Talmadge ließ ihr ausrichten, sie solle ihn nicht im Gefängnis besuchen. Wenn sie ihn kontaktieren müsse, könne sie ihm schreiben. Caroline Middey – die ihn besuchen dürfe – würde ihm berichten, ob das Mädchen gut zurechtkomme und was auf der Plantage los

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