Im Licht von Apfelbäumen | Roman
rückten beiseite, damit es besser grasen konnte.
Die Hütte bestand aus einem Raum, feucht und kalt, aber solide gebaut. (Zu nass hier oben, hatte ihre Mutter damals gesagt, als sie die Hütte entdeckten. Sie hatten beschlossen, sich unten im Tal niederzulassen, obwohl das zunächst hieß, sich in der Bergarbeiterbaracke zusammenzudrängen, die eng, dafür aber knochentrocken war.) Vom einzigen Fenster aus – groß, ohne Scheibe – konnte man das Tal überblicken. Er fegte mit dem Stiefel einen Großteil der Blätter weg, richtete dann die Betten.
Wieder draußen, rief er nach dem Maultier, schnallte seine Angelrute los und ging den Bach entlang bis zum Teich, einige hundert Fuß entfernt. Die Mädchen folgten ihm und setzten sich auf die Felszunge, die gut zwanzig Fuß weit ins Wasser hineinragte. Nach einigem Suchen fand er ein paar bleiche Larven an der Unterseite eines Holzklotzes, mit denen er den Haken bestückte, und warf ihn ins Wasser. Binnen einer Stunde hatte er drei Fische gefangen.
Vor der Hütte entfachte er ein Feuer. Die Mädchen überquerten den Bach und setzten sich wieder ans Ufer. Sie sahen zu, wie er die Fische ausnahm und die Eingeweide ins Wasser warf. Inzwischen war es später Nachmittag geworden. Er stellte die Teller mit dem gebratenen Fisch auf die Veranda, holte die mehrmals in Stoff eingewickelten Äpfel, Aprikosen und Milchbrötchen aus den Satteltaschen und legte sie daneben. Dann ging er um die Hütte herum, wo das Maultier sich den Rumpf in der Sonne wärmte, nahm die Zügel und führte das Tier über den Bach. Als er an den Mädchen vorbeikam, zogen sie die Beine eng an den Körper und schauten in die andere Richtung. Er ging weiter, den Hang hinunter, und lauschte auf ihre Schritte, hörte aber nichts.
Als er sich selber etwas zu essen machte, dämmerte es bereits. Er aß Maisbrot, einen Apfel. Er zündete keine Laterne an. Das Fruchtfleisch des Apfels schimmerte mondweiß. Er aß ihn auf und warf das Kerngehäuse in den Apfelgarten. Auf der dunklen Veranda sitzend, drehte er sich eine Zigarette, eine Zeremonie, die er eigentlich seinem Zusammensein mit Clee vorbehielt, und fragte sich nicht lange, was ihn dazu bewog. Er saß da und rauchte. Nach einer Weile entdeckte er die Mädchen, wie zwei Phantome, auf dem Pfad zwischen Apfelgarten und Canyon. Kurz verschwanden sie, kamen dann aus dem Canyon heraus. Sie überquerten das Feld, verschwanden wieder, tauchten beim Aprikosengarten auf und ließen sich im Gras nieder. Dort warteten sie mit ihrer sonderbar teilnahmslosen Neugier ab, was er als Nächstes tun würde.
Della war glücklich.
Sie und Jane saßen bis zum Hals im Teich hinter der oberen Hütte, die der Mann ihnen zum Wohnen hergerichtet hatte, wo sie aber nicht wohnten. Unten im Tal arbeitete der Mann in seinen Obstgärten oder war gerade fertig für den Tag und wusch sich im Bach, demselben Bach, der auch ihren Teich speiste und von dort bergab durch den Wald floss, wo er unterhalb des Aprikosengartens entlangrasselte. Als sie Hunger bekamen, schwammen sie augenblicklich zu dem Felsvorsprung, von dem sie sich eine halbe Stunde zuvor ins Wasser gelassen hatten, merkten aber, dass sie zu schwer waren, um sich wieder hochzuziehen, und schwammen ins Seichte, wo sie sich, voll bekleidet, stöhnend auf die Steine hievten. Leicht benommen stützten sie einander. Beiden war jetzt schwindelig vor Hunger, und so tasteten sie sich vorsichtig zwischen den in den Himmel ragenden immergrünen Bäumen hindurch bis zu dem Pfad vor, der zur Plantage führte.
Hier war die Luft warm und schrillte vor Insekten. Außerhalb des Wassers fühlten sie sich trotz ihrer unförmigen Bäuche leicht.
Der Pfad war abschüssig; da er in einem Canyon lag, war es hier dunkler und ruhiger und in diesem Moment voll kalter Stille. Fast geräuschlos schossen Fledermäuse durch das hohe Gras. Eine streifte Dellas Knie; sie schlug danach.
Es war jetzt zwei Monate her, dass Della und Jane jenen Ort verlassen hatten, wo Michaelson wohnte, und ihre Erlebnisse mit Menschen waren dünn gesät. Meistens wanderten sie seit ihrer Flucht durch die Wälder, und wenn sie auf ein Gehöft stießen oder einen Ort, schätzten sie die Menschen danach ab, ob sie ihnen nützlich sein könnten. Das war die einfachste Art und Weise, über die Runden zu kommen. Jane war besonders gut darin. Sie konnte erkennen, wer ihnen mit Geld, Obdach, Essen oder sonst etwas aushelfen würde. Manche Leute gaben gar nichts, andere
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