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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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mit dem ist.
    Stimmt irgendwas nicht mit ihm?, fragte Talmadge. Ist er krank?
    Der Mann schnaubte. Warf Talmadge einen Blick zu, um festzustellen, ob er die Frage ernst meinte. Als er begriff, dass es ihm tatsächlich ernst war, sagte er: Im Moment überwintert er, nehm ich an.
    Er überwintert?
    Der Ladenbesitzer schnaubte erneut. Der Mann ist ein Teufel. Kenne niemanden, der so viele Wutausbrüche hat wie der. Aufs und Abs. Muss irgendeine Geisteskrankheit sein. Und dann nimmt er dieses Zeugs … Opium. Wenn er das intus hat, hört man eine Zeit lang gar nichts mehr von ihm. Aber dann kommt er in die Stadt und stiftet allen möglichen Unfrieden. Keine Ahnung, warum die ihn nicht für immer wegsperren. Das Neuste ist, sagte er, als fiele es ihm plötzlich ein, dass er hinter irgendwelchen Mädchen herjagt … zwei, glaube ich … die ihm dieses Jahr weggelaufen sind. Er schäumt deswegen vor Wut. Hoffentlich sind die längst über alle Berge, sagte der Mann und sah aus dem Fenster auf die Straße. Möchte nicht erleben, was er mit denen macht, wenn er sie findet. Der tickt nicht ganz richtig.
    Wirkte nicht besonders wütend, als ich da war, sagte Talmadge nach kurzem Schweigen.
    Im Moment überwintert er ja auch, sagte der Mann. Wenn er was von diesem Zeug hat, von diesem Opium, bleibt er da oben und isst es. Oder was immer er damit macht. Rauchen, keine Ahnung. Wartet darauf, dass einer von seinen Leuten ihm mehr bringt. Wehe dem, der mit leeren Händen kommt. Isst es, bis er kein Geld mehr hat. So lange ist er harmlos wie ein Welpe. Obwohl … ich weiß nicht. Der Mann ist gefährlich. Er warf Talmadge wieder einen Blick zu. Warum sind Sie hingefahren?, fragte er. Wenn Sie die Frage erlauben. Sie wirken nicht wie so einer.
    Talmadge überlegte genau, was er darauf antworten sollte.
    Ich hatte was anderes erwartet, sagte er.

    Als er anderthalb Tage später wieder auf seiner Plantage ankam, standen die beiden Teller ordentlich gestapelt auf der Veranda. Er briet Eier, stellte zwei dampfende Teller auf die Verandastufen und ging an den Mädchen, die sich über den Rasen dem Haus näherten, vorbei zum Bach, um sich das Gesicht zu waschen. Waren sie mit dem Dampfschiff gekommen?, fragte er sich. Oder, wie er zunehmend glaubte, zu Fuß, durch Wald und raues Land?
    Die Mädchen hatten aufgegessen, als er wieder zur Hütte ging, und die Teller aufeinandergestellt wie zuvor. Sie saßen am Rand des Aprikosengartens und warteten.
    Er überlegte den ganzen Vormittag, was er machen sollte. Immer wieder tauchte vor seinem inneren Auge das Bild von Michaelson auf und bedrängte ihn. Am frühen Nachmittag bepackte er das Maultier mit Vorräten, führte es aus der Scheune und über das Gras. Überquerte den Bach. Einen Moment später hörte er am spritzenden Wasser hinter sich, dass sie ihm folgten. Er ging langsam, damit sie nicht zu weit zurückfielen. Er führte das Maultier am hinteren Apfelgarten vorbei in den Canyon. Den kurzen Hang hinauf, wo der Weg in einen Espenhain abzweigte. Der Boden war hart gewordene Asche und Lehm und mit einem stumpfen Gemisch aus Mulch bedeckt. Er verlangsamte seinen Schritt, schätzte ihr Tempo ab und ging weiter.
    Als Betten hatte er Jutesäcke mit Laub für sie gefüllt. Auch eine Laterne hatte er dabei, und während er das Maultier den Hang hinaufführte, dachte er: Was, wenn sie mit Laternen nicht vertraut sind und die Hütte mitten in der Nacht niederbrennen? Er überlegte, ihnen ihre Funktionsweise zu erklären, aber so ein Gespräch konnte er sich nicht vorstellen. Die Sonne blinzelte durch die Bäume. Er hielt nach der kleinen Öffnung im Wald auf der rechten Seite Ausschau, hatte sie bald gefunden und wartete, um sicherzugehen, dass sie ihn sahen. Dann verließ er den Weg und führte das Maultier die Böschung hinauf. Er hörte, wie sie sich hinter ihm abmühten, und zögerte. Das Maultier wandte den Kopf.
    Er erreichte die kleine Lichtung, den schmalen, plappernden Bach. Jenseits davon, vor zwei mächtigen immergrünen Bäumen mit herabhängenden Ästen, stand die Hütte. Hütte und Bäume befanden sich auf einem kleinen Hügel mit Blick über das Tal auf der anderen Seite. Er überquerte den Bach und ging um die Hütte herum an eine Stelle, von der aus seine Obstgärten zu sehen waren. Und seine eigene Hütte, an der Biegung des Bachs.
    Die Mädchen setzten sich am anderen Bachufer auf den Boden und beobachteten ihn. Das Maultier trabte zum Wasser und näherte sich ihnen; sie

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