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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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was das Mädchen und die Pferde betraf, doch nun wusste er nicht, was er davon halten sollte. Er dachte an ihr breites Grinsen, als sie tags zuvor nach ihrer Reitstunde den Hang zur Hütte hinaufgegangen war und sich unbeobachtet wähnte. Es hatte ihn beunruhigt. Auch dass sie beim Essen unablässig von den Tieren redete. Wenn die Männer mit den Pferden da waren, verschlief sie nicht den ganzen Tag wie sonst. Ja, sie schlief eigentlich kaum, hatte ihm schon mehrfach einen Schreck eingejagt, wenn sie im Morgengrauen aus der Scheune kam.
    War es normal, dachte er, dass jemand sich so schnell veränderte? Wenn sie wenigstens drinnen schlafen würde; wenn sie sich waschen und mehr Zeit mit dem Kind verbringen würde …
    Was ist los?, fragte Caroline Middey, die sein Unbehagen spürte.
    Er zögerte. Sie war noch jung. Er sollte geduldig sein, sollte abwarten, bis sich die kindliche Manie, falls es so etwas war, verbraucht hatte.
    Nichts.
     
    Sie lernte, sich am Sattelknopf selbst auf ein Pferd zu hieven. Ihren Körper mit der bloßen Kraft ihrer Arme hochzuziehen. Zuerst schaffte sie das nicht. Um mehr Kraft zu gewinnen, schleppte sie Steine auf dem Feld hin und her, einen Eimer voll in jeder Hand – eine mühselige, extrem anstrengende Übung –, während sie die Männer beim Reiten beobachtete. Das war im Herbst. Als sie im Frühling wiederkamen, konnte sie sich endlich selbst hochziehen. Sie lernte es auch bei ungesattelten Pferden, indem sie sich am Widerrist festhielt.
In einem Schwung,
führte Clee ihr vor,
bevor es merkt, was du vorhast.
Du tust ihm nicht weh, sagte der Cowboy, der manchmal dazukam, immer dann, wenn Clee ihn rief. Der Cowboy sprach aus, was sie falsch machte, erklärte, was Clee ihr zu vermitteln versuchte.
    Sitz gerade. Schau um dich. Du reitest mit den Armen.
Clee winkte, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen, stampfte dann übertrieben auf und streckte die Brust raus, um ihr zu zeigen:
Du reitest mit den Beinen. Du treibst das Pferd mit den Knien an.
Und nachdem er sie eine Weile beobachtet hatte:
Warum hört er nicht auf dich? Benutzt du deine Knie? Du bist nicht stark genug.
    Im ersten Jahr zeigte er ihr noch nicht, wie man mit den Zügeln umging. Clee stampfte auf, streckte die Brust raus.
Deine Knie! Sitz gerade!
Nachdem sie gelernt hatte, gerade zu sitzen – mit stocksteifem Rücken, Schultern zurück, Kinn hoch, Augen geradeaus –, brachte er ihr bei, auf dem Pferd zu liegen, mit dem Gesicht am Pferdehals.
Das Pferd kennt dich jetzt.
Sie ritt immer wieder andere Pferde.
Jetzt kennt das Pferd dich, du kannst mit ihm sprechen. Was immer du ihm sagen willst.
Clee blickte diskret über ihren Kopf hinweg, während sie mit dem Pferd sprach. Und schließlich, irgendwann, der Umgang mit den Sporen, den Zügeln.
Immer noch nicht stark genug.
Sie musste es mit den Knien antreiben – das hatte sie vergessen – und sich dann langmachen; sie musste dem Pferd geheime Wörter zuflüstern, aber laut genug, dass es sie in seinem Gehirn spürte. Sie musste dem Pferd wehtun, dafür sorgen, dass es genau das tat, was sie wollte, aber so, dass es das selbst auch wollte.
    Sie träumte von ihnen: den Pferden auf dem Feld. Sie träumte von Pferden in den Bergen bei Morgendämmerung. Sie träumte aus der Perspektive eines Pferds: wie sie durch ein Tal aus trockenem Gras lief, nach gelben Berggänseblümchen suchend. Das Abzeichen der Herde. Das Wiehern auf den hohen Pässen mit anderen Bergen im Hintergrund.
    Della erwachte aus diesen Träumen mit rasendem Herzen, oft in der feuchten Kälte des Geräteschuppens. Manchmal entdeckte sie nach diesen Träumen, dass sie sich nass gemacht hatte.
    Ich möchte in die Berge, sagte sie zu Clee.
    Er tat so, als hätte er sie nicht gehört.
     
    Der Wallach ging fünfzehn, zwanzig Fuß von ihnen entfernt im Passgang, das dunkelbraune Fell vor Schweiß glänzend. Della stand reglos da, beobachtete ihn. Als sie bereit war, nickte sie Clee zu. Clee wiederum nickte dem Cowboy und einem weiteren Mann zu, der das Pferd einfing, es zu ihnen brachte und sich zurückzog. Della trat vor, Bauch und Kopf ohne jedes Gefühl. Sie war mit Luft angefüllt. Sie war nichts als Luft mit einem Strohhut auf dem Kopf, Stiefeln an den Füßen, einem Herz. Sie wollte Clee sagen, sie könne das nicht; Angst durchfuhr sie, scharf wie ein Messer – aber sie machte den Mund nicht auf, wandte das Gesicht nicht ab von dem, was geschah.
    Sie ging auf das Pferd zu, hielt die Hände auf die

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