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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Coplin
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Schreckliche Regengüsse; ständiger Matsch bis an die Knöchel.
    Ist das immer so?, fragte sie einen Mann.
    Er lachte sie aus.
    Es war zu nass, um im Wald zu übernachten, also schlief sie im Tausch gegen die Erledigung kleiner Arbeiten bei einer Frau, deren Ehemann weiter oben in den Bergen zu tun hatte, auf dem Heuboden.
    Und dann wurde es wärmer, und sie brach wieder auf.
     
    Es war früher Frühling, der Schnee aber noch nicht geschmolzen – sie war südlich von Twisp, noch im Methow-Tal –, als sie in einem kleinen, schäbigen, kaum vorhandenen Ort aus einem Laden kam und Michaelson die Straße hinuntergehen sah.
    Er bemerkte sie nicht. Sie trat auf den Gehweg, bog in eine Gasse zwischen den Häusern ein und spähte auf die Straße. Er war in Handschellen, und die Männer, die ihn begleiteten – zwei vor, einer hinter ihm – schienen Gesetzeshüter zu sein oder Kopfgeldjäger. Einer strahlte selbstgefällige Überlegenheit aus, während die anderen beiden bescheiden wirkten, sogar ein bisschen betreten.
    Sie starrte Michaelson an. Er war ihr vertraut und schien zugleich verändert. Nachdem sie ihn einige Sekunden beobachtet hatte, konnte sie erkennen, dass er sich in einem ruhigen Zustand befand. Er sah aus, als hätte er eine Zeit lang versteckt gelebt: Seine Haut war gelblich, sein Gesicht mit graumelierten Stoppeln übersät. Sie erinnerte sich daran, wie viel Wert er darauf gelegt hatte, glatt rasiert zu sein. (Einmal, während einer reizbaren Phase, hatte er sich alle Haare vom Körper abrasiert; manche der Mädchen hatten ihm dabei geholfen.) Jetzt blinzelte er und presste im Gehen beide Hände in die Seite, als hätte er einen Krampf. Dann ließ er sie wieder fallen und grimassierte.
    Sie folgte ihnen in einigem Abstand. Nach ein paar Häuserblocks verschwanden er und die Männer in einem Gebäude – der Wache vermutlich oder sonst einer Stätte des Rechts. Sie blieb etwas zurück, betrat den Gehweg und tat, als betrachtete sie eine Schaufensterauslage.
    Den Dreckhaufen sind wir Gott sei Dank los, sagte ein alter Mann mit Froschaugen, der am Ende des Gehwegs in einem Schaukelstuhl saß, und spuckte aus. Hat die Gegend schon viel zu lange verpestet, fuhr er fort. Höchste Zeit, dass die sich mal bequemen hinzugucken …
    Was hat er denn getan?, fragte Della.
    Der Mann lachte kurz auf. Was hat er
nicht
getan, meinen Sie wohl …
    Nach ein paar Sekunden fragte Della, in möglichst gleichgültigem Ton: Und was passiert jetzt mit ihm?
    Der Mann holte eine Dose Schnupftabak aus seiner Brusttasche. Hab gehört, die schicken ihn nach Chelan. Und von da aus hoffentlich hinter Gitter …
     
    In den folgenden drei Tagen ging sie immer wieder in die Stadt. Sagte sich, sie habe dort Dinge zu erledigen, doch in Wahrheit wollte sie mitbekommen, was geschah. Der froschäugige Mann erzählte ihr das Neuste: Michaelson würde mit dem Freitagszug nach Chelan gebracht.
    Mit dem Freitagszug nach Chelan.
    Sie ging angeln, obwohl es dafür noch zu früh im Jahr war, zu kalt. Aber sie musste irgendetwas tun: Sie hatte Hunger, und außerdem brauchte sie Ablenkung.
    Ihre Wollhandschuhe mit den abgeschnittenen Fingerspitzen waren verrottet, ihre Fingerkuppen aufgequollen und hart. Sie steckte einen Köder an den Haken, stach dem Wurm in den Bauch.
Mit dem Freitagszug nach Chelan.
Sie hatte überlegt, gen Süden aufzubrechen, sich wieder Arbeit in den Bäumen zu suchen. Danach vielleicht an die Küste weiterzuziehen. Dann fiel ihr der widerwärtige Gestank der Konservenfabrik wieder ein.
    Als sie an das Holzfällerlager dachte, mit allem, was dort passiert war, hatte sie vor Entsetzen ein ganz hohles Gefühl; hielt inne und stand einfach nur da. Starrte auf das schneebefleckte andere Ufer.
    Am Teich warf sie die Angel aus, und bei dem harten
Kalonk
des Köders auf der Oberfläche verengte sich ihr Blickfeld und sie sah nur noch das tanzende Wasser. Das Licht auf dem Wasser.
    Mit dem Freitagszug nach Chelan.
    Sie watete bis zu den Waden in den eisbereiften Teich – ihre Stiefel würden ruiniert sein –, und das Wasser betäubte ihre Füße, ihr Fleisch, ihr Blut. Sie keuchte. Doch bald beruhigte sie sich.
    Sie würde ein Pferd brauchen, um nach Chelan zu kommen.
    Nein!, dachte sie und schleppte sich ans Ufer. Warum sollte sie ihn je besuchen?
    Und später, als sie durch den Wald lief, dann: Vielleicht.
     
    Am nächsten Morgen entschied sie sich anders: Sie würde nicht nach Chelan reiten. Es war dumm, völlig

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