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Im Mittelpunkt Yvonne

Im Mittelpunkt Yvonne

Titel: Im Mittelpunkt Yvonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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intimer zu werden versucht.«
    »Und wenn er das gar nicht will?«
    »Dann muß sie erkennen, ob es Gleichgültigkeit, Unfähigkeit
    oder Mangel an Erfahrung ist.«
    »Und wenn es nichts von alledem ist?«
    »Auch dann wird’s im Hauptbuch vermerkt.«
    »Auf der Debet- oder der Kreditseite?«
    »Das kommt darauf an.«
    »Auf was?«
    »Auf den Mann — und auf die Gedanken des Mädchens.«
    »Na«, sagte ich, »Sie drehen mich ja tüchtig durch die Mühle. Wohin fahren wir also?«
    »Zu einem Restaurant, wo wir fein essen, gute Cocktails trinken und tanzen können.«
    »Wollen Sie nicht vorher noch bei Ihrer Wohnung halten und sich etwas frisch machen?«
    »Das möchte ich wohl, tue es aber nicht. Unsere Hauswartsfrau hat große Augen, große Ohren und anscheinend auch einen großen Mund.«
    »Sie wird zwei und zwei addieren und sich denken können, was inzwischen geschehen ist, meinen Sie?«
    »Nein, wird sie nicht. Wenn ich später nach Hause komme, wird sie mir sowieso sagen, daß Sie dagewesen und weitergefahren sind, vermutlich, um nach mir zu suchen. Ehe sie mich dann fragt, ob wir uns getroffen haben, werde ich sie bitten, Sie zu beschreiben: Ihr Äußeres, Ihr Auftreten, ob Sie nett waren und so weiter. Ich will ihr gar nichts vorlügen, sondern sie nur zur Beschreibung Ihrer Person veranlassen, damit ich ein Bild von Ihnen aus der Perspektive einer anderen Frau bekomme.«
    »Oh, ihr Weiber!« sagte ich.
    »Raffinierte Geschöpfe, wie?«
    Ich lehnte mich behaglich zurück und schloß die Augen, denn sie fuhr den Wagen sehr geschickt.
    »So schnell schon müde?« fragte sie prompt.
    »Pssst«, machte ich, »ich konzentriere mich gerade.«
    »Worauf?«
    »Büffele noch für mein Examen.«
    Sie lachte so melodisch, daß ich sie unwillkürlich rasch ansah und die Lage noch einmal gründlich peilte. Ein sehr selbstbewußtes Mädchen, aber keineswegs spröde. Vor mir hatte sie nicht die leiseste Angst, während ich das unbehagliche Gefühl hatte, daß sie schon die ganze Zeit, während sie im Auto neben mir saß und mich bat, ihr genau zu erklären, was ich wissen wollte, konsequent einen Plan verfolgte.
    Sie fuhr uns zu einem recht noblen Lokal. Im Restaurant war um diese Zeit noch viel Platz, doch in der Bar herrschte schon lebhafter Betrieb. Wir fanden dort einen passenden Tisch. Sie bestellte sich beim Ober, der sogleich erschien, einen Manhattan. Ich desgleichen.
    Nach einer Viertelstunde waren wir beim zweiten und zwanzig Minuten später schon beim dritten.
    Der Alkohol wirkte bei ihr sichtlich und bei mir auch mehr, als ich dachte. Ich sah ihre Augen stärker funkeln, ihre Wangen bekamen eine hübsche rosige Farbe. Sie wurde lebhafter, bewahrte aber in jeder Weise ihre gute Haltung.
    »Versuchen Sie etwa, mich blau zu machen?« fragte ich.
    »Ich will Ihre Hemmungen brechen«, gab sie zurück.
    »Sind schon gebrochen. Wann essen wir?«
    »Sofort, wenn Sie einverstanden sind.«
    Im Essen war sie auch nicht ängstlich. Sie verzehrte ein Steak, halb durchgebraten, eine große, gebackene Kartoffel und Salat von Avocadobirnen. Anschließend gab es Kaffee. Ich hielt mit.
    Wir tanzten dann ein wenig nach Melodien aus der Musikbox. Lucille war lieb und nett. Ich hielt sie so fest, wie ich es wagen durfte. Von Zeit zu Zeit warf sie mir einen Blick zu, der mir durch und durch ging. Ich wußte allerdings, daß sie mich noch immer studierte und mich aus meiner Reserve locken wollte.
    Nach dem Dessert tranken wir noch zwei pikfeine Liköre. Mich schauderte vor der Wirkung, die meine Spesenrechnung bei Bertha auslösen mußte, wenn ich nicht vorzog, sie zu fälschen.
    Nach einem weiteren Likör beschloß ich, die Spesenliste gewaltig zu frisieren.
    Wir verließen das Lokal, ein Wärter fuhr meinen Wagen heran, und Lucille setzte sich wieder ans Steuer. Ihren Rock, der sich über die Knie hochschob, ließ sie ruhig so, vermutlich, um mit ihren wunderschönen Beinen ganz unbehindert die Pedale für Gas und Bremse treten zu können. Sie steuerte den Wagen so elegant, daß er so sanft dahinglitt wie eine Forelle im stillen Bergsee. Nach Überquerung einer Brücke fuhr sie vom Asphalt auf den Sommerweg, bog alsbald nach rechts ab und hielt am Ufer eines Gewässers auf einem Platz unter schattigen Bäumen. War es ein Fluß, der da so glänzte? Eine Lagune, ein Stausee? Ich erfuhr es nie. Der Mond warf ein breites, glitzerndes Silberband auf dieses Gewässer.
    Sie stellte den Motor ab und lehnte sich zurück.
    Eine Weile blieb

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