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Im Mond des Raben

Im Mond des Raben

Titel: Im Mond des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Monroe
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Möglichkeit bedacht, dass Eure Anwesenheit in Vericas Zimmer unsere Heilerin in Gefahr bringen könnte?«, fragte er. »Ich hatte meine Gründe, sie heute in meinem Gemach bei Euch wachen zu lassen. Niemand hier würde es wagen, in mein Allerheiligstes einzudringen.«
    Angesichts all dessen, was Sabrine an diesem Tag gehört hatte, musste sie auch diesmal die Klugheit seiner Handlungsweise anerkennen. Und vielleicht musste sie auch ihre Ansicht revidieren, dass Barr blind war für die Fehler seines Clans.
    Anscheinend war er sich ihrer durchaus bewusst und hatte daher nicht nur für ihren, sondern auch für Vericas und Brigits Schutz gesorgt.
    Der Mann war ein wahrer Wust von Widersprüchen. Einerseits war er ein Wolf, andererseits jedoch ließ er keinerlei Anzeichen von Grausamkeit erkennen. Er war gewissermaßen in Arroganz gehüllt, selbst wenn er nichts anderes am Leibe trug, und dennoch stand er da und erklärte ihr seine Entscheidungen ohne das geringste Anzeichen von Verärgerung darüber. Die Anführer der Éan ließen sich nur selten zu Erklärungen herab. Wenn einer des Triumvirats sprach, war sein Wort Gesetz, und es wurden weder Fragen gestellt noch Widerspruch erhoben, da von allen anderen absoluter Gehorsam erwartet wurde.
    Sabrine hatte noch nie Grund gehabt, die Entscheidungen des Dreierrates anzuzweifeln, aber wenn es so gewesen wäre, hätten sie mit Sicherheit nicht mit der Geduld geantwortet, die Barr ihr und den beiden anderen Frauen bewiesen hatte.
    »Sie wäre auch in meinem Zimmer sicher, da niemand wissen würde, dass sie dort ist«, brach Verica das entstandene Schweigen.
    »Seid Ihr da so sicher?«, versetzte Barr. »Wir sind nicht die einzige Chrechten, die auf dieser Burg zu Hause sind.«
    Vericas jähes Erblassen konnte nur eins bedeuten: Sie hatte Angst. Barrs Mahnung hatte echte Unruhe in der Frau geweckt, und Sabrine wollte die Sorgen der Heilerin nicht noch vergrößern.
    »Gut, ich bleibe hier«, sagte sie schnell. »Tut mir leid, dass ich die volle Tragweite der Situation nicht gleich ermessen habe.« In Wahrheit hatte sie nur an sich selbst gedacht, an die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass ihre Rabeninstinkte und weiblichen Bedürfnisse im Begriff waren, die Abwehr der Kriegerin in ihr zu durchbrechen und vielleicht sogar ganz zu vernichten. Sie konnte gegen eines von beiden, aber nicht gegen beides kämpfen. Und noch nie zuvor hatten die Impulse ihres Raben so im Widerspruch zu ihren Selbstschutz-Strategien gestanden.
    Barr zuckte mit den Schultern. »Ihr braucht Euch nicht zu entschuldigen.«
    »Ihr kennt unseren Clan nicht. Ihr müsstet eigentlich in meinem Zimmer sicher sein.« Die Traurigkeit in Vericas Stimme rührte an Sabrines Herz. Dabei hatte sie geglaubt, es schon lange zu Grabe getragen zu haben.
    »Das wird sie auch sein – irgendwann.« Barrs finstere Miene verhieß nichts Gutes für den, der es wagen sollte, ihm die Stirn zu bieten. »Ich kann nur nicht alle Veränderungen gleichzeitig vornehmen.«
    »Aber Ihr wollt etwas verändern?«, vergewisserte sich Verica.
    »Selbstverständlich.«
    »Wenn die hübsche Dame wieder geht, darf meine Mama dann in Eurem Zimmer schlafen, Laird?«, fragte Brigit.
    Stille legte sich über den Raum wie Dunkelheit über die Erde nach dem Sonnenuntergang. Sekundenlang waren alle wie erstarrt, und keiner sprach. Brigit schaute den Laird mit einer treuherzigen Unschuld an, die so gar nicht zu der Bedeutung ihrer Frage passte.
    Auch Verica sah ihn an, aber mit einer vorsichtig aufkeimenden Hoffnung, die Sabrine kaum mitansehen konnte. Dieser Clan hatte viel zu lange unter der Macht eines herzlosen Tyrannen gestanden.
    Barrs Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, doch die Hitze, die von ihm ausging, verzehnfachte sich, und der Eindruck drohender Gefahr, die ihn umgab, verschärfte sich. Ein Muskel an seinem Kinn begann zu zucken, aber abgesehen davon bewahrte er eine ruhige, neutrale Miene, als er sich Brigit zuwandte. Zu Sabrines Erstaunen ließ er sich vor dem Mädchen auf ein Knie nieder und richtete fast sein ganzes Augenmerk auf Brigit. Fast , weil die Verbindung zwischen ihm und Sabrine bestehen blieb, obwohl er sie nicht einmal ansah und ganz offensichtlich fieberhaft über irgendetwas nachdachte. »Braucht deine Mama denn Schutz, Brigit?«, fragte er schließlich sanft.
    Wieder wurde die Kleine von einer Furcht ergriffen, die an die eines sterbenden Beutetiers erinnerte, als ihr plötzlich zu Bewusstsein kam,

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