Im Mond des Raben
wussten nur sehr wenig über sie. »Tatsächlich?«
»Ja. Und da sie selbst ein Mensch ist und den Balmoral buchstäblich in die Knie gezwungen hat, glaube ich, dass sie recht haben könnte.«
»Es sind die Faol, vor denen sich meine Leute am meisten hüten«, gab Sabrine zu.
Barr warf ihr einen seltsamen Blick zu, verlangte jedoch keine Erklärung, wofür Sabrine ihm dankbar war. Sie hätte ohnehin nicht mehr dazu sagen können, ohne die Éan zu verraten, und sie würde eher sterben, als ihr Geheimnis preiszugeben.
»Also was ist denn nun? Hast du eine oder zwei Frauen vor mir gehabt?«, wiederholte sie, als offenkundig wurde, dass Barr glaubte, ihre letzte Frage geschickt umgangen zu haben.
Er seufzte und drückte sie an seinen harten Körper. »Zwei.«
»Das macht mich nicht gerade glücklich«, gestand Sabrine, weil sie sich nicht verstellen wollte, auch wenn sie ihre Reaktion nicht ganz verstand.
»Ich kann dir versichern, dass es ohne Bedeutung war.« Sein eindringlicher Blick war voller Sorge. »Keine der beiden Frauen war meine Geliebte.«
»Und was heißt das?« Er hatte mit ihnen geschlafen, das hatte er doch gerade eben schon gesagt.
»Eine war eine Witwe, die den Verlust ihres Ehemannes betrauerte.«
»Ach, dann hast du sie also nur getröstet?«, fragte Sabrine mit einer Mischung aus Ironie und Spott.
Barr dagegen sah erleichtert aus. »Ja, genau so war es.«
»Wie schön für sie!«
Diesmal entgingen ihm ihre Untertöne nicht, und sein erschrockenes Gesicht bereitete ihr eine gewisse Genugtuung.
»Und die andere?«
»Ich wollte nicht ohne Kontrolle über die Verwandlung leben«, antwortete er.
»Und?«
»Und so suchte ich mir eine willige Partnerin und habe mich bei einer Jagd mit ihr gepaart.«
Die dunkle Röte seiner Wangen verriet, dass er dieses kleine Zwischenspiel weder als besonders angenehm empfunden hatte noch stolz darauf war.
»War sie eine Faol?«
»Aye. Wir waren beide viel zu jung. Sie war eine der seltenen Wölfinnen, die nicht schon mit der Kontrolle über ihre Verwandlungsfähigkeit geboren werden. Es beschämte sie, dass es so war.«
»Und deshalb habt ihr euch darauf geeinigt, euch gegenseitig um euer Problem zu kümmern.«
»Aye. Und ich verlor deswegen zwei meiner besten Freunde.«
»Warum?« Sabrine verstand diese traurige Konsequenz nicht, wenn die Frau damit einverstanden gewesen war. Es sei denn … »Entwickelte sie Gefühle für dich, die du nicht erwidertest?«
Das konnte Sabrine besser verstehen, als ihr lieb war.
Barr lachte bitter. »Keineswegs. Meine Gesellschaft war ihr danach unangenehm. Und wenn ich ehrlich sein soll, muss ich zugeben, dass mir in ihrer auch nicht wohler war. Obwohl ich das bis heute nicht verstehen kann.«
Seine Ratlosigkeit war schon fast erheiternd. Er erlaubte und verzieh sich keine Schwäche. »Du sagtest, du hättest zwei Freunde verloren. War der andere ihr Bruder?« Oder vielleicht ihr Vater?
»Einer meiner engsten Freunde stellte sich als ihr wahrer Seelengefährte heraus. Er forderte mich zum Duell, als er erfuhr, dass ich ihr die Unschuld geraubt hatte.«
»Du hast ihn doch wohl nicht getötet?«
»Nein, aber unsere Freundschaft wurde an jenem Tag begraben.«
»Das tut mir leid.« Dass er einen Freund verloren hatte, bedauerte sie, doch es störte Sabrine noch immer, dass er mit diesen anderen Frauen intim gewesen war. Und sie konnte auch nicht so tun, als fände sie es schade, dass Barr mit der Frau nicht mehr befreundet war.
»Mir tut es leid, dass ich nicht so unberührt zu dir komme wie du zu mir.« Das aufrichtige Bedauern in seiner Stimme schwächte einige der negativen Gefühle, die sie plagten, ab.
»Das dürfte mir eigentlich nichts ausmachen«, gab sie zu.
»Aber es macht dir etwas aus.«
»Ja.«
»Ich kann dir nur versprechen, dir von nun an treu zu sein.«
»Nein.« Bitte nicht!
Seine Augen verengten sich. »Keiner von uns wird eine Wahl haben.«
»Das glaubst du allen Ernstes?«, fragte sie und fürchtete sich schon fast vor seiner Antwort.
»Aye. Du nicht?«
»Nein.« Wenn sie es glaubte, wäre sie schneller aus seinem Bett und seinem Zimmer verschwunden, als er blinzeln konnte. Ihr wahrer Seelengefährte existierte nicht, und falls doch, war er kein Wolf.
»Einer von uns irrt sich«, sagte er.
»Ja.«
»Und du bist überzeugt davon, dass ich es bin.«
Sie nickte. »Genau.« Und ein Teil von ihr, ein ausgesprochen dummer Teil, war sogar zutiefst betrübt darüber.
Doch Barr grinste
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