Im Mond des Raben
waren ihre Worte an Earc gerichtet.
Der an Vericas verkniffenen Gesichtszügen erkennen konnte, wie verärgert die schöne Heilerin darüber war.
»Ich werde das Bettzeug mit Lavendel auffrischen«, erklärte Brigit, bevor sie aus der Kate eilte.
»Begleite sie!«, wies Earc Circin an, der jedoch ohnehin schon auf dem Weg zur Tür war.
Sorcha, die Brigit mit einem liebevollen Lächeln nachsah, schüttelte den Kopf. »Sie vergöttert Euch geradezu«, sagte sie zu Verica.
»Sie ist eine wundervolle Schülerin.«
»Mir wäre es lieber gewesen, wenn sie mit ihrer Ausbildung noch ein paar Jahre hätte warten können – ich fand immer, sie sollte zumindest dreizehn sein –, aber nachdem ihr Vater umgekommen war …« Sorcha unterbrach sich seufzend. »Da brauchte sie etwas, um ihren Kummer zu überwinden.«
»Ich begann meine Ausbildung, als ich gerade groß genug war, um die Kräuter im Kessel umzurühren, doch ich wurde ja auch von meiner Mutter unterrichtet.« Ein alter, aber noch immer sehr lebendiger Kummer schwang in Vericas Stimme mit.
Es schien, als hätten zu viele Donegals den einen oder anderen Kummer, und Earc musste sich fragen, wie viel davon auf Rowlands Konto ging. Als Laird war er für die Handlungen seiner Leute verantwortlich, selbst wenn er nicht unmittelbar daran beteiligt war. Barr hatte viel mehr zu tun in diesem Clan, als nur Soldaten auszubilden und einen jungen Mann auf sein Amt als zukünftigen Laird und Clan-Führer vorzubereiten.
»Eure Mutter hatte etwas sehr Sanftes«, bemerkte Sorcha, die geschäftig hin und her eilte, um das Häuschen für die Besucher vorzubereiten, doch ihr Blick glitt immer wieder von der Tür zu den Fenstern und wieder zurück.
»Aber sie war nicht schwach«, erwiderte Verica.
»Ja. Sie sah aus, als könnte ein starker Wind sie von den Füßen reißen und davontragen, doch selbst Rowland zögerte, sie zu verärgern.« Der Hass und die Furcht in Sorchas Ton, als sie den Namen ihres früheren Lairds aussprach, waren für Verica äußerst aufschlussreich.
»Nur wenige widersetzten sich ihm nach Mutters Tod.« Auch Vericas Worte enthielten eine Botschaft, und als erfahrener Krieger hatte Earc keine Mühe, sie zu verstehen.
»Und die es taten, starben.« Sorcha legte erschrocken eine Hand vor ihren Mund. »Ich meinte nicht …«
»Oh doch, das meintest du, und wenn du morgen mit deinem Laird sprichst, wirst du genau dasselbe noch mal wiederholen«, forderte Earc streng.
»Sie wird sagen, was sie für richtig hält, und kein Wort mehr.« Verica stemmte die Hände wieder in die Hüften, was zu dem sicher völlig unbeabsichtigten Ergebnis führte, dass ihre wohlgeformten Brüste noch hervorgehoben wurden.
Ihre blauen Augen sprühten vor Trotz, und Earc konnte nicht verhindern, dass seine Gedanken eine verbotene Richtung einschlugen. Er sah diese blauen Augen genauso blitzen, aber nicht trotzig, sondern vor Lust.
Doch komme, was da wolle, er würde in dieser Sache keine Kompromisse eingehen. »Sie wird ihrem Laird sagen, was er wissen muss, um diesen Clan zu führen und zu beschützen.«
»Und wer wird uns beschützen, wenn er nicht mehr da ist? Nicht du, denn auch du wirst uns verlassen.« Verica ließ es wie einen Vorwurf klingen.
Und Earc konnte nicht verstehen, warum. Er hatte nicht die Absicht, den Clan zu verlassen, solange seine Kraft und kämpferischen Fähigkeiten noch gebraucht wurden.
»Bis Barr zu den Sinclairs zurückkehrt, werden dein Bruder und seine Soldaten der Aufgabe gewachsen sein.«
»Und wenn er nun schon vorher geht?« Verica schien die Angelegenheit wirklich sehr, sehr ernst zu nehmen.
Aber was sie vorbrachte, war lächerlich. »Er wird diesen Clan nicht im Stich lassen.«
»Vielleicht wird er keine andere Wahl haben.«
Sorcha nickte, sagte jedoch nichts dazu.
»Wie meinst du das?«, fragte Earc stirnrunzelnd.
Für einen flüchtigen Moment zeigte sich Schmerz in Vericas Gesicht, bevor er einem grimmig entschlossenen Ausdruck wich. »Denkst du etwa, mein Vater hätte diesen Clan freiwillig Rowlands Führung überlassen?«
»Barr wird nicht auf der Jagd zu Tode kommen.« Tatsächlich fand Earc es sogar äußerst merkwürdig, dass dies Vericas Vater ebenfalls widerfahren war. Nur wenige Tiere konnten es mit einem Chrechte-Wolf aufnehmen, und auch nur dann, wenn er verwundet oder sehr erschöpft war. Aber vielleicht war Vericas Vater ja beides gewesen. »Es gibt kein Tier, das stark oder schlau genug ist, um Barr zu
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