Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
der Söldnerin. Sie strebten aufeinander zu, versuchten, sich zu vereinigen. Borija hackte weiter auf die Frau am Boden ein. Er sprang ihr auf den Rücken, schlug Fleischstücke aus dem Leib und wischte sie mit der Klinge fort, so weit er nur konnte. Er zerhackte die Knochen. Er spaltete ihr den Schädel.
»Verdammte Höllenbrut!«, stieß er hervor. »Du bist stärker … als ich dachte … und zäher … aber immer noch … verdammt … langsam. Du machst mich nicht fertig, du Dreckstück, und jetzt … stirb endlich!«
Der zähe dunkle Seim, der sie umgab, wurde träger. Der Boden war voll mit den Überresten der vierschrötigen Kriegerin. Die Fäden dazwischen zuckten kaum mehr. Sie rannen ineinander wie eine tote Flüssigkeit, vereinten sich zu Pfützen, und was von dem Körper geblieben war, lag still.
Borija hielt inne. Keuchend stand er zwischen den Überresten. Der ölige Schleim auf seinem Säbel floss zu einem einzigen großen Tropfen zusammen und platschte schwer auf den Boden. Keine Spur davon blieb auf dem Stahl zurück.
Dann sah Swetja, wie das schwarze Blut der Kreatur aus den Lachen aufwolkte. Wie fetter Qualm hing es in der Luft und sammelte sich über dem Boden. Es lief zu einer dunklen Wolke zusammen, Umrisse wölbten sich heraus, ein Rauchgesicht und Finger. Immer wieder rissen Fetzen ab, die Wolke ordnete sich neu, und mit einer Anmutung von Verzweiflung versuchte sie, eine menschliche Form anzunehmen.
Doch während der Rauch noch um seine Gestalt kämpfte, sank er herab und versickerte im steinernen Boden. Borija stützte sich auf seinen Säbel und schaute die zweite Gegnerin an, Anisja. Da wusste Swetja, dass wieder einmal sie die Einzige gewesen war, die diese Erscheinung wahrgenommen hatte.
Anisja hatte sich ein Stück von der Treppe entfernt. An der Wand schob sie sich in eine andere Stellung und legte die kleine Armbrust an. Dann ging sie gerade auf Borija zu. Er seufzte, und mit einem letzten misstrauischen Blick auf die Überreste der Söldnerin, richtete er sich auf und hob den Säbel.
»Ich bin gespannt, mein Hauptmann«, sagte Anisja in neckendem Ton. »Mit welchen Beleidigungen willst du mich in kopflose Raserei versetzen und dir einen Vorteil im Kampf verschaffen?«
»Ich nehme mal an, bei dir klappt das nicht?« Borija sprach es halb als Frage aus.
Anisja schüttelte den Kopf. »Stab und Stein bricht mein Gebein, aber Worte können mir nichts tun … Sagt man so nicht unter euch Menschen? Oh, es ist so mühsam, eure kleinen Köpfe zu lesen! Es dauert eine Weile, bis wir alles Wissen und alle Erfahrung des Wirts aufgenommen haben. Aber ich glaube, bei der kleinen Anisja habe ich es inzwischen geschafft. Ich weiß, was sie weiß. Ich bin nicht beeindruckt, übrigens. Sie hat so wenig aus ihrem Leben gemacht, und das Beste hat sie verschlafen.«
Swetja stieß einen leisen Schrei aus, als sie den Dämon so über ihre Freundin reden hörte.
»Geht, Dewa. Geht weg«, flüsterte Borija ihr über die Schulter zu.
Anisja hob die Armbrust in einer nachdrücklichen Geste. »Oh nein, sie bleibt. Erst einmal. Wir waren doch gerade erst bei den Worten. Und bei den Schmerzen, mein Hauptmann. Worte können uns nicht wehtun, aber Taten können es. So viele Schmerzen. So viele wunderbare Empfindungen. Wir können sie miteinander teilen, mein Hauptmann.« Sie zwinkerte Borija zu. »Wie wäre das?«
»In der Tat.« Borija hob drohend den Säbel. »Ich werde dir ein paar Schmerzen zufügen, so wie deiner Schwester. Verschwinde lieber, solange du noch dazu imstande bist!«
Anisja musterte beiläufig die zerhackten Überreste der Söldnerin. »Isme? Dieser Begegnung fehlte doch jeder Feinsinn. Ganz ohne die Zwischentöne, die es auszukosten gilt auf dieser Welt. Wir beide, wir können das besser, nicht wahr, Hauptmann Borija? Warum gehen wir nicht einfach hinunter in das Schlafzimmer und vergnügen uns den ganzen Tag, die ganze Nacht, solange du es nur durchhältst. Und dein Flittchen lassen wir allein weiterziehn, so weit sie eben kommt auf ihren schwachen Beinchen.
Was meinst du, Hauptmann? Ist das ein verlockendes Angebot? Ihr solltet das rasch annehmen, denn es ist das beste, das ihr bekommen werdet. Bald wird jemand nach dem Rechten sehen, und wenn Tarukan hier ist, wird er euch beide fordern. Dann gehen wir alle leer aus mit unseren Wünschen.«
Borija trat auf sie zu, mit hoch erhobenem Säbel und sprungbereit. »Dazu wird es nicht kommen. Ich werde dich schnell
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