Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
den Berg hineinzugehen. Ein eisiger Hauch wehte ihnen entgegen, und die letzte Wärme zog durch ein Loch in der Decke davon, über dem sie den freien Himmel sahen. Wenn sie sprachen, trug der Wind weiße Atemfahnen von ihren Lippen fort. Eis glitzerte an den Felswänden. Feine Kristalle tanzten über ihren Köpfen in dem Luftzug, der sie wieder hinauftragen wollte.
»Verflucht«, sagte Mart. »Müssen wir doch klettern, oder was?« Er legte den Kopf in den Nacken.
»Hat vielleicht schon jemand versucht, du.« In der Lichtsäule, die durch die Öffnung herabstach, sah Tori einen Schatten am Boden, dessen Umrisse vom schneestaubigen Sonnenlicht scharf gezeichnet wurden. »Und ’s schaut aus, als tät der dir abraten, wenn man ihn fragen könnt …«
Tatsächlich lag eine Leiche mit zerschmetterten Gliedern unter dem Lichtschacht, als wäre sie herabgestürzt. Die drei Menschen traten näher und erkannten, dass die Brüche nicht die schlimmsten Verletzungen waren. Der ganze Leib war aufgerissen, Kleidung und Haut wie abgeraspelt. Die klaffende Wunde war mit getrocknetem Blut überzogen und gefroren. Reif glitzerte auf schwarzrot verfärbten Knochenenden, ein Brustpanzer aus Hartholz lag verschrammt und halb abgerissen neben dem Toten.
»Einer von Tarukans Männern«, stellte Mart fest.
»Das muss einer von denen sein, die die Fledermäuse geholt haben.« Gontas betrachtete die Leiche genauer. »Aber wenn der hier liegt, was …«
Tori schrie auf. Etwas bewegte sich außerhalb des Lichtkreises im Gang vor ihnen.
»Die schon wieder«, sagte Mart. Unschlüssig hob er das Schwert. Er blinzelte gegen das Licht, das ihn umgab, und das den Fledermausmann in den Schatten vor seinem tränenden Auge verbergen wollte.
Gontas gab einen Laut von sich, tief und bedrohlich. Seine Muskeln spannten sich. Er hob die beiden Säbel.
Tori hielt ihn zurück. »Vorsicht, du. Die haben diese Flügelhäute als Schild. Da kommt nichts durch.«
»So?« Gontas sprang vor.
Er holte mit dem Säbel aus. Das Fledermauswesen hob den Flügel. Gontas’ Linke stieß vor, er stach die Spitze des zweiten Säbels in die zähe Haut und hielt den Flügel fest. Dann traf der Hieb seiner Rechten die Oberkante, und die Klinge brach den Knochen darin.
Der Fledermausmann riss die Schwingen auseinander und wischte Gontas’ Säbel zur Seite. Eine Flügelspitze hing schlaff herab. Dutzende winzige Mäuler öffneten sich im Pelz an Brust und Bauch. Sie zischten wütend und entblößten messerscharfe Zähnchen. Gontas machte einen Satz und trat der Riesenfledermaus mitten in den Leib.
Die Kreatur taumelte bis zur Felswand zurück. Gontas setzte nach. Er packte den verletzten Flügel und bog ihn auf den Rücken, bis das Schultergelenk heraussprang. Der Fledermausmann schob sein gewaltiges Maul mit den Sägezähnen auseinander, aber Gontas brachte ihn zu Fall, und das Wesen konnte sich nicht wieder aufrichten. Sie wälzten sich am Boden wie Ringer. Die Klauen an den Füßen der Kreatur griffen ins Leere.
Gontas hob das Wesen hoch und schmetterte es so heftig bäuchlings auf den Boden, das es benommen liegen blieb. Er umschlang den Hals des Fledermausmannes mit dem Unterarm, drückte ihm ein Knie in den Rücken und zog. Die Kreatur zappelte. Ihre Zähne mahlten, aber sie kam an Gontas’ Arm in der Halsbeuge nicht heran. Seine Muskeln traten hart hervor, die Sehnen an seinem Hals spannten sich. Zoll um Zoll bog er den Fledermausmann nach hinten. Er ächzte.
Dann brach die Wirbelsäule mit einem trockenen Laut.
Die Kreatur bewegte sich noch, aber ihr fehlte jede Kraft. Der Leib bog sich in einem unnatürlichen Winkel. Gontas packte die Flügel, die Beine und zertrümmerte einen Knochen nach dem anderen im Körper der Bestie. Zuletzt zertrat er dem Geschöpf die Rippen. Er achtete nicht auf die zischenden scharfzähnigen Mäuler, die ihm die Hand aufrissen, sondern verschob die gebrochenen Rippen unter der Haut und bohrte sie durch die inneren Organe.
Am Ende stellte er sich mit einem Bein auf sein hilflos zuckendes Opfer und brüllte herausfordernd zu den Löchern im Fels empor.
Mart und Tori hatten zugeschaut, während Gontas den Fledermausmann zerschmetterte. Sie hatten achtgegeben, ob die Wurmfrau diese Gelegenheit für einen heimtückischen Angriff nutzte, aber sie zeigte sich nicht.
Nun blickte Tori Gontas an und zog spöttisch die Augenbrauen hoch. »Geht’s besser?«
Sein Blick war glasig geworden. Der Verstand kehrte nur langsam in Gontas’
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