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Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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das Holz an ihren Füßen und drohte, sie von den Beinen zu reißen.
    Tori fand eine schattige Senke, wo das Eis sich sammelte und als schmale Zunge in tiefere Regionen leckte. Doch dahinter sah sie schon einen braungrünen Horizont, die Schneegrenze, den unteren Teil des Bergkegels. Ihr Blick verengte sich auf diesen Streifen, und ihr Herz schlug schneller.
    Sie wusste nicht genau, was geschehen würde, wenn sie von der harschigen Eisfläche auf festen Boden fuhr. Aber sie dachte daran, wie grob bereits die kleineren erdigen Flecken am Hang an ihren Füßen gerissen hatten, und sie erwartete nichts Gutes, wenn Schnee und Eis mit einem Mal aufhörten. Sie musste langsamer werden.
    Tori riss die Hölzer herum und hätte sich fast überschlagen. Mit einem Fluch brachte sie die Fahrt wieder unter Kontrolle und raste weiter talwärts. Ein Sturz bei dieser Geschwindigkeit würde ihr alle Knochen im Leib zerschmettern.
    Sie überlegte und wedelte ein wenig, fuhr in sanften Bögen, und tatsächlich ließ ihr Tempo dabei nach. Doch nicht genug, und zudem zerrten die Bänder, die das Holz hielten, an ihren Stiefeln. Sie lockerten sich, und bei jeder falschen Bewegung mochte Tori ihre Gleitkufen verlieren.
    Sie fühlte sich gar nicht mehr so selbstgewiss. Sie schwitzte, und das lag nicht nur an dem wärmeren Wind, der ihr vom Tal entgegenblies.
    Sie sah eine Ausbuchtung an der Seite der eisbedeckten Klamm, durch die sie fuhr. Dort stieg der Abhang an, doch nicht so steil wie an anderen Stellen und frei von Felsen und Findlingen. Die Eisdecke sah an manchen Stellen feucht und matschig aus, aber ansonsten glatt und befahrbar. Tori lenkte die Gleitkufen in diese Richtung. Sie schoss den Seitenhang empor … und wurde langsamer. Kurz vor dem Kamm sank sie im Schneematsch ein. Sie taumelte. Schmatzend zog sie einen Fuß mit dem Holzbrett heraus und tat einen unsicheren Schritt nach vorn. Sie ruderte mit den Armen, kippte vornüber, stützte sich auf den Haken und spürte, wie der Stahl sich in ihr leichtes Lederwams drückte. Sie rollte sich zur Seite und in den eisigen Matsch und fluchte und lachte vor Erleichterung.
    Langsam rutschte sie in die Rinne zurück.
    Tori rammte die Holzbretter in den Schnee und verankerte sich. Schließlich saß sie da zwischen den schillernden Pfützen von Eiswasser, das allmählich durch ihre Kleidung drang, und sie untersuchte sich.
    Sie fand das Loch, das sie sich mit ihrer Sichelklinge in das Oberteil gestanzt hatte. Die Haut darunter war unversehrt. Fast hätte sie sich am Ende selbst aufgespießt, aber sie hatte die Abfahrt unverletzt überstanden!
    Tori wartete ab, bis ihr Herz ruhiger schlug und bis die Kälte ihr in den Po biss. Dann rappelte sie sich auf. Sie kletterte durch das schmelzende Eis hoch zur Oberkante der schmalen Klamm. Immer wieder glitt sie aus und kroch weiter, sie nutzte die Gleitkufen als Steighilfen. Als sie festen Boden erreichte, schnitt sie sich das Holz von den Füßen. Sie spähte über die zerklüftete Oberfläche des Berghangs, sah zu der fernen Zitadelle auf dem schneebedeckten Gipfel hinauf und in das Tal hinab, das noch weit unter ihr lag.
    Die wenigen Gestalten, die sie entdeckte, waren nur kleine Punkte im Eis. Sie konnte nicht einmal unterscheiden, ob es Freunde waren oder Feinde. Tori zuckte die Achseln und wanderte am Rand der Klamm talwärts, bis das Gelände einen anderen Weg erzwang.
    »Hoi, Hakenhand!«
    Eine Gestalt trat hinter einem Stein hervor. Tori schlug sofort zu. Es war Gontas. Er fing ihren Schlag mit dem Säbel ab, und die Klingen verhaken sich. Tori konnte ihren Arm nicht mehr zurückziehen. Gontas zog sie zu sich heran. Er lachte.
    »Ha, da hab ich einen Fisch gefangen. Und er hat seinen Haken gleich selbst mitgebracht.«
    Tori zerrte, aber ihre zur Sichel gekrümmte Klinge hing an Gontas’ Säbel fest. »Aye, is klar, Steppenaffe, du«, knurrte sie. »Irgendwann rupft dir wer das Fell über die Ohren, wenn du weiter harmlose Wanderer erschreckst.«
    Spott funkelte in Gontas’ Augen. Er drehte den Säbel und gab sie frei. »Nicht so bitter, Mädchen. Ich freu mich, dass du es geschafft hast. Die Verfolger abgeschüttelt, und die eigenen Gliedmaßen nicht über den Berg verteilt. Du bist so davongerast, dass ich mir Sorgen gemacht habe.«
    »Klar«, sagte Tori. »Du warst ja der blöde Wilde, der den Einfall hatte. Wo ist Mart? Um den musste dir Sorgen machen.«
    Gontas schnaubte. »Ist ein starker Kerl, der kommt klar. Ich dachte mir, ich

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