Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx

Titel: Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
Vom Netzwerk:
Dann zog er die Klinge nach unten und zerteilte die Hülle. Ein klarer, dünner Schleim quoll heraus, und dahinter etwas anderes, ein schwerer Klumpen – ein zusammengerollter Körper!
    Der Leib klatschte in einer schmierigen Lache auf den Höhlenboden. Er bewegte sich. Die Glieder zuckten hilflos, das Wesen schnappte nach Luft. Unverständliche Laute kamen aus dem Mund.
    Mart fluchte und sprang zurück. Tori stand da und starrte auf das Ding.
    Es war einer der Graubärte aus der Zitadelle. Die schütteren Haare klebten am Schädel, das Gesicht hatte etwas Unfertiges an sich, mit ein wenig zu rundlichen Zügen und mit einer Haut, die viel zu weich und glatt war für die grauen Haare. Die Augenlider waren geschlossen und zusammengewachsen.
    »Ihr Götter.« Mart umfasste seine Waffe fester und sah sich um. »Hier muss es ein Ungeheuer geben, das Jagd macht auf Menschen. Es hat den Alten aus der Zitadelle hier eingesponnen.«
    Tori betrachtete die übrigen Hüllen in der Höhle. Einige waren nur winzige Knötchen, und keines war größer als die Hülle, die sie aufgeschnitten hatten. Die Söldnerin beugte sich bei dem Graubart nieder und strich mit der Sichel über seine Haut.
    »Nein«, sagte sie. »Seht! Der Kittel is nich reingewachsen in die Haut, er wächst da raus! Wie ’n Fell, du. Den Fiesel hat keiner eingesperrt. Die wachsen da drin ran wie Melonen!«
    Mart schüttelte den Kopf. »Frau«, sagte er. »Ich glaub, ich hab da was versäumt bei deiner Unterweisung. Oder muss ich dir noch mal erklären, wo die kleinen Menschen herkommen?«
    Dennoch blickte er zweifelnd auf den Graubart mit den säuglingshaften Zügen, der vor ihnen in einer Pfütze lag. Der Graubart strampelte ein paarmal, dann starb er wie ein Fötus, den man zu früh ans Licht gezerrt hatte.
    »Sehn aus wie Menschen, die Bewohner von der Zitadelle, hm.« Tori stupste die Leiche mit der Stiefelspitze an. »Wer weiß, was se wirklich sind.«
    »Was sie auch waren«, stellte Gontas fest. »Jetzt sind es bloß noch Hüllen für die Geister von Gehenna.«
    Er fasste Tori bei der Schulter und zog sie weiter. Da schrie Mart plötzlich auf und wies mit dem Schwert auf die Höhlenwand. Seine Gefährten folgten der Geste mit dem Blick. »Der Kopf einer Frau«, stieß Mart hervor. »Er hat aus einem Loch in der Wand geschaut.«
    Tori lachte. »Bist wirklich ’n bissel alt geworden, Einauge, wenn der Anblick von ’ner Frau dich schon zum Schreien bringt.«
    Mart funkelte sie an. »Kannst mir glauben, dass ich gegen ein hübsches Gesicht nichts einzuwenden hab. Aber verglichen mit der Fratze da oben bist du ’ne Prinzessin. Und der Körper …«
    »Was?«, fragte Gontas, als der Söldner nicht weitersprach.
    »Weiß nicht. Hat nur den Kopf aus dem Loch gesteckt und zu uns runtergestarrt. Aber was man von den Schultern sehen konnte … es sah einfach nicht richtig aus.«
    »Dann war’s wohl einer von den Dämonen, hm«, sagte Tori. »Verschwinden wir, bevor’s Ding zurückkommt und noch ’n paar Kumpels holt.« Sie lief an der Höhlenwand entlang und suchte im Halbschatten nach einem geeigneten Ausgang. Da stolperte sie und hielt sich fluchend mit dem Haken an der Felswand fest.
    »Sag ich doch. Renn im Dunkeln nicht so rum wie ’ne geköpfte Henne«, sagte Mart.
    Tori richtete sich wieder auf. »Is ’ne götterverdammte Leiche hier, hm!« Sie wies auf den Boden zu ihren Füßen, stutzte und schaute genauer hin. »’s ist der verfluchte Modwinjer, den die Geflügelten gestern am Hang gepackt haben!«
    »Unmöglich«, sagte Mart. »Die sind in die andere Richtung geflogen.«
    Er und Gontas traten näher. Auch sie sahen nun die Leiche in den Schatten am Höhlenrand. Der Tote war aufgerissen und ausgeweidet. Die blanken Knochen standen hervor, viel Fleisch fehlte. Wenn Blut geflossen war, so war auf dem dunklen Höhlenboden jedenfalls nichts davon zu sehen.
    Mart hob den Kopf. »Pass auf, Tori!«, rief er.
    Etwas beugte sich zu der Söldnerin herab. Es war der Kopf einer Frau an einem langen, wurmartigen Leib, der sich aus einem Loch in der Felswand herausgeschoben hatte. Der Wurmkörper sah blass und aufgedunsen aus, an den Flanken wuchsen schwarze, spitz zulaufende Gliedmaßen heraus wie bei einem Tausendfüßler. Vier davon öffneten sich wie zu einer Umarmung, als das Geschöpf auf Tori hinabstieß. In dem breiten Frauengesicht klaffte ein Mund voller scharfer Reißzähne.
    Swetja stand allein in der Kammer im höchsten Turm der Zitadelle,

Weitere Kostenlose Bücher