Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
gewiss gehört worden. Gontas wusste nicht, was ihn erwartete, nicht einmal, ob die Tür überhaupt offen war.
Er hörte einen Laut von der anderen Seite, packte den Griff und zog an einem Türflügel.
Das Portal war nicht verriegelt. Aber gleich dahinter sah er einen Mann, der die Hand gerade nach dem Türflügel ausstreckte. Gontas stieß die Stabklinge durch den Spalt wie einen Speer. Die Spitze traf auf Widerstand, nachgiebig, aber zäh und undurchdringlich. Erst in diesem Moment sah Gontas, dass sein Gegner ein Gewand aus verschlungenen Eisenringen trug.
Der Stich traf den Mann am Bauch, konnte aber das Panzerhemd nicht durchdringen. Trotzdem krümmte der Mann sich unter der Wucht des Hiebes, und das Schwert, das er in der anderen Hand gehalten hatte, fiel zu Boden. Gontas wirbelte seine Waffe in der Hand herum und schlug dem Mann die Klinge in den Nacken. Er sah eine Bewegung aus den Augenwinkeln. Blitzschnell warf er den Türflügel wieder zu. Ein Schlag von der anderen Seite ließ das Holz erzittern, und Gontas riss das Tor wieder auf. Ein Speer steckte darin.
Gontas sprang in den Raum hinein und über den gefallenen Gegner hinweg, der gleich hinter der Türe lag. Die Männer hier drin waren anders gekleidet als Tarukans Söldner, denen er im Steinland und draußen im Korridor begegnet war. Sie trugen Gewänder und Stoffe, die teuer aussahen und ein wenig zu fein und zu glänzend wirkten für eine Schlacht, trotz der eisernen Panzerhemden, die Gontas bei dem ersten Gegner und bei einem seiner Gefährten erblickte. Außer dem Mann, den er bereits erschlagen hatte, waren noch zwei weitere Feinde in dem Raum. Der Mann, der den Speer geworfen hatte und der ebenfalls ein Eisenhemd trug, zog ein Schwert.
Gontas sprang auf ihn zu und holte aus zu einem Hieb, der seinem Gegner den Kopf von den Schultern trennen sollte.
Doch der fremde Krieger war schnell. Er riss sein Schwert hoch und parierte. Gontas’ Stabklinge traf auf die andere Waffe und glitt daran hinab, der Stahl lenkte die Wucht seines Hiebes zur Seite. Im selben Moment zog der Gegner sein Schwert zurück und schlug selbst zu. Gontas brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit.
Der Söldner setzte ihm nach, und Gontas wurde zur Tür zurückgedrängt. Seine Stabklinge war kaum länger als das Schwert seines Gegners, aber viel empfindlicher. Er stand zu dicht bei der Wand und hatte nicht viel Platz zum Kämpfen. Hinter ihm lag der Tote, über den er stolpern konnte.
Gontas versuchte, seinen Gegner von der Seite her anzugreifen.
Der hieb mit dem Schwert nach ihm.
Gontas parierte nicht. Er ging tief in die Knie, sodass der scharfe Stahl dicht über seinen Kopf hinwegsauste. Gleichzeitig packte er seine Stabklinge am äußersten Ende. Er führte die Waffe wuchtig wie eine Axt. Sein Gegner sprang zurück, aber er kam nicht aus der Reichweite von Gontas’ Arm und der Waffe. Der größere Abstand verlieh dem Schlag nur noch mehr Wucht.
Gontas trennte seinem Gegner beide Beine ab, die Klinge fuhr durch die Knie wie ein Beil durch einen Baum. Der Söldner fiel zu Boden und schrie, und Gontas stach ihm die Spitze der Stabklinge in den Nacken.
Nun war kein Gegner mehr in seiner Nähe. Erst jetzt fand Gontas die Zeit, sich in dem großen Turmzimmer genauer umzusehen.
Es war eine Halle, die fast kreisrund wirkte und das gesamte Geschoss des Turms einnahm. Genau in der Mitte des Raumes gab es ein kunstvolles Gittergeflecht, das an die Einfassung eines Pavillons erinnerte. Es bestand aus demselben Material wie die Wände des Turms und war durchbrochen von Öffnungen, die geformt waren wie große Bogenfenster. Es reichte vom Boden bis zur Decke wie eine Säule und umschloss einen Schacht. Im Licht der vielen Monde sah Gontas glänzendes Metall und lange Schatten – Schnüre und Ketten, die im Inneren des gitterartigen Mauerwerks herabhingen wie die Stricke an der Winde eines Brunnens.
Neben dieser hohlen Mittelsäule, ein gutes Stück von der Tür entfernt, sah Gontas einen großen bogenförmigen Tisch. Er war übersät mit Papieren; Bücher und Schriftrollen stapelten sich am Rand, und ein riesiges Pergament lag darauf ausgebreitet. Der dritte Mann, der sich in dem Raum aufgehalten hatte, stand hinter dem Tisch. Er hatte sich nicht bewegt, seit der Buschläufer hereingestürmt war. Der Mann hatte schwarzes, lockiges Haar und trug eine Weste aus weichem, ockergelbem Leder, ein Wams, eine kurze Pluderhose aus violettem Samt und lange, dunkle Strümpfe. Er
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