Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
fast zwanzig Schritt weit, dann krachten sie links und rechts von einem der Stadtsoldaten in die Hauswand. Die Klingen zerschmetterten die Lehmziegel und gruben sich ins Mauerwerk.
Gontas ging langsam auf die Soldaten zu. Er lockerte die Arme.
Mart stöhnte und hielt sich die Hand vor sein verbliebenes Auge. »Ich seh einfach zu auffällig aus für so einen Scheiß«, murmelte er.
Der Stadtgardist, den Gontas beinahe getroffen hätte, stand totenbleich da. Sein Kamerad riss die Lanze hoch und streckte sie kampfbereit vor. Der Gardist, der zwischen den Äxten stand, tat es ihm schließlich gleich, aber er bewegte sich langsam und fahrig und sah Gontas an wie ein Kaninchen die Schlange.
Gontas überwand die Lücke zu den Soldaten mit einem Satz. Er stieß einen Kampfschrei aus und packte beide Lanzen dicht unter den Spitzen, schneller, als die beiden Wachen reagieren konnten. Mit der Rechten stieß er den einen Lanzenschaft in die Wand, die durch die beiden Äxte schon brüchig geschlagen war. Das Holz fuhr drei Handbreit tief in die Lehmmauer.
Der andere Soldat versuchte, Gontas die Waffe zu entreißen. Mit beiden Armen drückte er die Spitze in Gontas’ Richtung, aber der hielt sie ohne sichtbare Anstrengung mit der Linken fest. Die Waffe bewegte sich keinen Fingerbreit.
Gontas spannte die Muskeln am rechten Arm an und schob die andere Lanze zur Seite. Der Schaft, der in der Mauer streckte, bog sich. Die Muskelstränge an Gontas Unterarm traten hervor. Der Schaft bog sich weiter – und splitterte. Nur an einigen Fasern hielt das Holz noch zusammen.
Der zweite Stadtgardist ließ seine Lanze los und zog sein Kurzschwert. Gontas schwang die Lanze herum, die er nun allein in der Hand hielt, und legte den Schaft auf seiner Schulter ab. Als der Gardist das Schwert gezogen hatte, hielt Gontas die erbeutete Lanze schon stoßbereit. Die Spitze zielte auf die Kehle des Soldaten. Der erstarrte. Sein Gefährte war bereits bis an die Mauer zurückgewichen, legte die Hand auf den geborstenen Schaft seiner eigenen Waffe und regte sich nicht.
Die drei Männer beäugten einander schweigend.
Schließlich ergriff Gontas das Wort. »Hört zu, Freunde«, knurrte er. »Greift mich an und kämpft mit mir. Auf Leben und Tod. Oder verschwindet. Aber ich mag es nicht, wenn man mich anglotzt.«
Der Mann mit dem Schwert schaute auf Gontas’ Arm, der dicker war als sein Bein, dann wanderte sein Blick weiter zur Speerspitze. Als sein Gegner auf die Waffe sah statt auf den Mann dahinter, da wusste Gontas, dass es keinen Kampf geben würde. Der eine Gardist steckte sein Schwert in die Scheide und schob sich seitlich von Gontas weg. Sein Kamerad folgte ihm.
»Richtet eurem Freund Tarukan aus«, rief Gontas den abziehenden Stadtwachen nach, »dass Gontas ihn holen wird. Ich habe seinen Bruder erschlagen, und ich erschlage ihn. Und seine ganze verdammte Sippschaft, wenn es noch mehr von ihnen gibt. Das ist es, was Gontas von den Cefron mit denen tut, die nehmen, was ihm gehört. Für das Mädchen wird er mit Blut bezahlen, und er hat nicht genug Männer, um den Preis zu entrichten, den ich von ihm fordere!«
Bei diesen Worten verbarg Mart das Gesicht in den Händen.
Gontas hebelte seine Äxte wieder aus der Mauer heraus, und das dauerte länger als die ganze Auseinandersetzung davor. Das Stroh, das in der Lehmwand verbacken war, hielt die Klingen fest. Als Gontas zu seinen Gefährten am Brunnen zurückkam, hatten sich viele Schaulustige am Rand des Platzes versammelt und beobachteten sie.
»Du suchst wohl den Tod«, begrüßte ihn Mart bei den Dromedaren.
»Wenn ich sterbe, dann sterbe ich«, gab Gontas zurück. »Aber bis dahin werde ich leben und mich nicht verkriechen. Und die beiden Burschen da sind bestimmt nicht die Männer, die mich töten werden.«
»Ja«, sagte Mart. »Aber wo die herkommen, gibt’s noch mehr. Und sie haben nichts mit Tarukan zu tun. War also völlig unnötig, deine Herausforderung durch die halbe Stadt hinter ihnen herzubrüllen.«
»Du hast gesagt, Tarukan ist mächtig in der Stadt«, erwiderte Gontas. »Er wird von der Herausforderung erfahren.«
»Ja, das fürchte ich auch.« Mart seufzte.
Tori kräuselte die Lippen. »Männer«, warf sie ein, so süffisant, als ginge sie die ganze Angelegenheit kaum etwas an. »Also, ha’m wir alles, hm? Ich glaub, wir wollen gern sofort los.«
Die Wachen am Tor tuschelten, als die drei die Stadt verließen. Mart spannte sich an. Aber ganz vorn standen zwei
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