Im Mond des Styx - Lohmann, A: Im Mond des Styx
würde.
Gontas holte mit der Klinge aus und hieb nach den Stricken. Der Myrmoi an der Winde kurbelte weiter. Immer mehr von dem Wurm kam aus der Tiefe, und sein Leib schien kein Ende zu nehmen.
Gontas’ Klinge verhakte sich im Leder. Der Wurm riss Tori nach oben, Gontas hielt sich mit der Linken am Gurtzeug fest. Er wurde zur Decke hochgerissen und säbelte mit der anderen Hand weiterhin verbissen an den Schnüren.
Dann gaben sie nach. Gontas stürzte rücklings zu Boden, und Tori landete auf ihm.
Sie würgte und übergab sich dicht neben ihm, aber ihr Magen war offenbar leer, und nur Galle tropfte auf die Steine. Gontas schob sie zur Seite und setzte sich auf. Er reckte prüfend die Glieder und spürte keine Verletzungen als die, die er vor dem Sturz schon gehabt hatte.
»’schuldige, du.« Tori klang leise und kleinmütig, so wie er sie noch nie gehört hatte. »Is übel. Scheißfinckler hat seinen Käfer mich auf ’n Kopf hauen lassen, als ich nicht mitkommen wollte. Warum haben sie den Dreckskerl jetzt erschlagen? Was ’n überhaupt los hier?«
Gontas zuckte die Achseln. Er tastete auf dem Boden neben sich nach seiner Waffe, doch wenn Sarjats Myrmoi ihn hätten angreifen wollen, hätten sie es längst getan. Der eine von ihnen stand vier Schritt von ihm entfernt und hatte sich nicht mehr gerührt, seit er zu seinem früheren Meister getreten war. Und der andere hatte inzwischen aufgehört zu kurbeln und wartete ebenfalls ab.
Das Hinterteil des Wurmes kam aus dem Loch im Boden und verschwand zappelnd und pulsierend in der Deckenöffnung. Gontas spürte, wie der Turm bebte.
Gontas rappelte sich auf.
»Warum habt ihr mir geholfen?«, fragte er die Ameisenmänner, ohne dass er eine Antwort erwartet hätte. »Warum habt ihr euch gerade jetzt gegen euren Herrn gestellt?«
Aber die Myrmoi standen so still da, als wären sie Statuen. Ihr gepanzerter Leib sah genauso leblos aus wie der glasartige Stein, aus dem der Turm bestand. Gontas sah ihre vorspringenden Insektenkiefer – und wandte sich ab.
Er hielt Tori die Hand hin und zog sie hoch. »Steckt Mart auch dahinten?«, fragte er und wies auf den Tunnel, aus dem Sarjat sie hatte herschaffen lassen.
Tori nickte.
»Dann holen wir ihn und sehen zu, dass wir einen Weg rausfinden.«
Bei Sonnenaufgang standen sie wieder am Rande des unnatürlichen Waldes und vor dem gläsernen Wall, der ihn umgab. Sie waren niemandem begegnet auf ihrer Flucht. Zwar hatten sie Lärm und aufgeregte Rufe vernommen, der weiße Turm war so aufgeschreckt gewesen wie ein Bienenstock. Aber die Unruhe hatte sich auf die oberen Stockwerke beschränkt. Nachdem Gontas und seine Gefährten auf einer Wendeltreppe aus dem Keller herausgefunden hatten, konnten sie das Gebäude ungestört durch ein Fenster verlassen, auf demselben Weg, auf dem Gontas hereingekommen war.
Davor hatten sie Mart aus dem Kerker befreit. Sie hatten sogar die Ausrüstung der beiden Söldner in einem kleinen Lagerraum vor den Zellen wiedergefunden: Toris Sichelklinge, Marts Rüstung und alles Übrige. Dennoch war Mart nicht zufrieden.
»Wo warst du eigentlich gestern Nacht?«, fragte er Gontas, als sie vor der Umfriedung standen und Atem holten. »Ich dachte, du wolltest die Wachen ablenken. Stattdessen sind sie über uns hergefallen, als hättest du sie genau in unsere Richtung gescheucht!«
»Ich dachte, ihr seid Krieger«, gab Gontas zurück. »Keine Kinder, die ich bei der Hand nehmen und durch den Wald begleiten muss. Seid froh, dass ich euch wieder rausgeholt habe.«
»Froh sein.« Mart grummelte. »Wir ziehen mit leeren Händen und eingekniffenem Schwanz wieder ab.«
»Ha!«, sagte Gontas. »Wir haben Tarukans Hexer an den Wurm verfüttert. Und Tarukans kleinen Bruder gleich dazu!«
Mart stieß die Luft aus und wischte sich über die Stirn. »Großartig, das macht’s besser. Also zieh’n wir ab mit jeder Menge Ärger an den Hacken. Wir wollten keine Blutfehde austragen, sondern rausfinden, was Tarukan für ein Geschäft an der Angel hat … oder wenigstens selbst was Beute aus seinem Haus fegen.«
»Na, ein bisschen was hab ich mitgenommen.« Gontas nestelte das große Pergament aus seiner Ledertasche und die Münzen. Dabei erklärte er, was er in der oberen Turmkammer erlebt hatte. »Und das lag auch herum«, schloss er. »Vielleicht könnt ihr es lesen.«
Mart ließ die Bronzemünzen durch die Hand gleiten. »Alles Blech«, sagte er. »Wenn du wenigstens Tarukans Schatulle mit den Goldfüchsen
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