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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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Hauptsache, er fährt, der Rest ist unwichtig. Ein Motorrad wäre mir zwar lieber gewesen, du kennst aber meinen Vater. Aber keine Frage: Ein Wagen ist besser als ein Roller.“
    „ So kannst du mich mit in die Schule nehmen, wenn es regnet.“
    „ Wenn ich noch da bin.“
    „ Wie – wenn du noch da bist?“
    Sein Lächeln verschwand augenblicklich.
    „ Nichts. Ein Wunschtraum, nichts Wichtiges. Was war denn das für eine Show gestern?“, wechselte ich das Thema. „Du hast mich wirklich veräppelt.“
    „ Es ist gar nicht so einfach, dich zu belügen. Ich war froh, als mir Yannick endlich zu Hilfe kam.“
    „ Wer hätte das vor ein paar Tagen gedacht: Du und Yannick unter einer Decke?“
    „ Was machen Männer nicht alles für die Frau, die sie lieben.“
    „ Kommt Aurelie heute nicht?“, entzog ich mich seiner Bemerkung.
    „ Doch. Gut, dass du sie erwähnst. Wenn es dir recht ist, würde ich sie gerne heute Abend mitbringen.“
    „ Natürlich. Ich freue mich, sonst hätte ich sie nicht eingeladen.“
    „ Hättest du etwas dagegen, allein mit ihr auszureiten, ich müsste mal weg.“
    „ Kein Problem.“
    Ich versuchte, meine Enttäuschung zu verbergen. Nicht, dass es mich störte, allein mit Aurelie zu sein. Wir waren früher oft zusammen geritten, als die Martinez in Urlaub waren, oder wenn einer von ihnen aus irgendeinem Grund ausgefallen war, denn sie konnten sich keine Angestellten leisten. Aurelie liebte Pferde, hatte aber kein eigenes. So war sie immer bereit einzuspringen, wenn im Stall Not am Mann war. Es machte ihr Spaß, und so konnte sie obendrein etwas Taschengeld dazu verdienen. Ich fand sie schon immer nett, doch waren wir nie Freundinnen geworden. Deshalb hätte ich es vorgezogen, wenn Manuel uns begleitet hätte. Es war nichts Persönliches gegen sie, ich fand es nur deprimierend, dass kein Mensch, der mir nahestand, am Nachmittag meines achtzehnten Geburtstags Zeit für mich hatte.
    „ Wenn man vom Teufel spricht“, sagte ich, als ich sie kommen sah.
    „ Sie hat nichts von einem Teufel … auch nichts von einer Wölfin oder einer Löwin. Leider.“
    Manuel und seine Fantasievorstellungen! Seine Zurückhaltung vom Vortag war verschwunden. Er rannte zu ihr, hob sie hoch und küsste sie, während er sich mit ihr drehte. Er wirkte glücklich, doch als sein Blick den meinen traf, hatte ich ein seltsames Gefühl. Was sagten mir seine Augen?
„Siehst du, ich versuche dich zu vergessen“
oder vielmehr:
„DU solltest an ihrer Stelle sein.“
Vielleicht fragte er sich ganz einfach, ob ich nicht doch ein wenig eifersüchtig war. Keine Ahnung. Eigentlich wollte ich gar nicht weiter darüber nachdenken. Ich kam auch nicht dazu, denn Aurelie löste sich aus seiner Umarmung, um mir zum Geburtstag zu gratulieren.
    Als Manuel weg war, sattelten wir die Pferde und wechselten dabei ein paar Worte. Beim Traben sprachen wir über den Urlaub, ich von Spanien und Paris, sie über Südfrankreich. Sie wollte Anfang August mit ihrem Vater dorthin fahren. Sie sah ihn selten, seit ihre Eltern getrennt waren. Ich fragte mich, ob Manuel erwähnt hatte, dass er mit uns nach Spanien wollte. Eigentlich wusste ich nicht einmal, ob ich mitfahren würde. Seit Yannick in mein Leben getreten war, verdrängte ich diesen Gedanken. Ich wäre liebend gerne mit meinem Freund nach Spanien gegangen, aber ohne meinen Vater und Manuel im Nacken.
     

    Wieder zu Hause musste ich feststellen, dass meine Liebsten mich weggeschickt hatten, um sich den Vorbereitungen für den großen Abend zu widmen. Bierbänke und Tische waren im Garten aufgestellt worden, Luftballons und Girlanden umrandeten die Terrasse, deren Tisch für das Büffet hergerichtet wurde. Die Mistgabel, die schon immer da hing, stach mir ins Auge. Niemals hatte ich sie als seltsam empfunden. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass dies kein Dekorationsstück war, sondern eine Waffe. Meine Mutter hatte sie bestimmt aufgehängt, damit mein Vater sich im Fall eines Angriffs verteidigen konnte.
    Papa war gerade dabei, die Stereoanlage draußen anzuschließen. In der Küche ging es hektisch zu, sodass ich meine Hilfe anbot, meine Großmutter lehnte aber dankend ab. Also ging ich unter die Dusche und zog erstmal wieder das Leokleid an. Ich würde mich erst kurz vor Ankunft der Gäste richten. Als ich mein Zimmer betrat, nahm Yannick Musik auf seinen MP3-Player auf. Selbstverständlich konnte man den ebenfalls an eine Anlage anschließen. Somit würden wir den ganzen

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