Im Morgengrauen
Geschlecht umwandeln kann, vom Vogel ganz zu schweigen … Du bist sicher, dass du ein Falke warst und kein Adler?“
„ Ja, bin ich“, antwortete ich fast gereizt. Wieso stellten alle diese Frage? „Und es ändert gar nichts, ganz im Gegenteil. Es würde heißen, dass ich selbst bei euch eine Kuriosität wäre. Lass es, Laurence! Du wirst mich nicht umstimmen können, ich werde nicht mit euch gehen.“
„ Ich fürchte, ich muss deine Entscheidung akzeptieren. Zum Geburtstag möchte ich dir trotzdem ein Flugticket nach Brasilien schenken. Also falls du deine Meinung änderst, lass es mich wissen. Du würdest mich wirklich glücklich machen, wenn du kämst … selbst wenn es nur für einen Besuch wäre. In diesem Fall würde ich gleich einen Rückflug mitbuchen.“
„ Wäre Yannick auch willkommen? Für den Urlaub, meine ich.“
„ Das ist eine Entscheidung, die ich nicht allein treffen kann. Normalerweise dürfen keine Fremden unser Dorf betreten. Ich bin nicht mehr Leiterin eines Internats. Nach allem, was geschehen ist, wollte ich eine solche Verantwortung nicht mehr tragen. Ich leite nach wie vor eine Schule, wir leben aber in einer Gemeinschaft mit den Familien. Mittlerweile sind wir eine richtige Organisation, die sich nichts mehr gefallen lassen will. Es ist an der Zeit, dass der Rat von uns hört. Er hatte immer Angst, eine Zielscheibe zu sein, sein Verhalten hat ihn jetzt zu einer gemacht. Mitglieder aus unserem Komitee werden am Montag in Paris eintreffen. Wir möchten dem Rat einen Besuch abstatten. Meinst du, dass Yannick bereit wäre, uns zu begleiten? Die Anwesenheit eines Jägers könnte hilfreich sein, um mehr Druck auszuüben.“
„ Yannick ist kein Jäger.“
„ Bist du dir da so sicher? Er war vielleicht keiner mehr, ist aber wieder einer geworden an dem Tag, an dem er beschlossen hat, dir zur Seite zu stehen. Es spielt sowieso keine Rolle, wofür er sich hält, Beschützer oder Jäger, wichtig ist, was der Rat in ihm sieht. Und ich schwöre dir, der Rat wird nur den Lambert sehen.“
„ Du kannst ihn ja fragen. Es ist seine Entscheidung … Was ist mit dir und Philippe? Seid ihr schon lange zusammen?“
„ Fast drei Jahre.“
„ Wow! Ich bin baff. Wirst du etwa sesshaft? Zumindest gefühlsmäßig?“
„ Nicht jede Frau hat die Chance, mit achtzehn die große Liebe zu finden. In meinem Alter war es aber auch Zeit, dass ich eine verwandte Seele finde. Philippe tut mir gut. Wir haben vieles gemeinsam. Und wie sieht es mit deinem Vater aus? Immer noch keine Partnerin?“
„ Nein, er sucht auch nicht. Oma war geschockt, als sie festgestellt hat, dass Mamas Kleider immer noch in seinem Schrank hängen.“
„ Das ist in der Tat kein gutes Zeichen. Es beweist, dass er keinen Platz für eine neue Frau machen will.“
„ Deine Mutter möchte das in den kommenden Tagen in die Hand nehmen und ausmisten.“
„ Das sieht ihr ähnlich. Hast du deinem Vater schon erzählt, dass du mit Yannick leben willst?“
„ Um Gottes willen, nein! Er soll ihn erstmal kennenlernen. Wir gewöhnen ihn ganz langsam daran. Yannick hat mir erstmal eine Woche in Paris geschenkt. So! Nicht dass ich mich nicht länger mit dir unterhalten möchte, aber die Martinez müssten bald kommen. Ich sollte mich langsam umziehen.“
„ Dann sollte ich mich beeilen. Ich möchte, dass wir unsere Koffer rüberbringen. Anna hat zwei Zimmer für uns gerichtet. Kannst du bitte Damien runterschicken?“
Nichts lieber als das.
Ich flitzte auf mein Zimmer und schickte Damien weg. Er musterte mich eindringlich mit einem „bis gleich!“
„ An wen war das denn gerichtet? Habt ihr euch unterhalten?“, wollte ich wissen.
„ Nicht wirklich. Es ist schwer, ihn zum Reden zu bringen. Aber so wie er dich angeschaut hat, waren seine Worte an dich gerichtet. Komm her!“
„ Ich fühle mich nicht wohl, wenn er mich so anstarrt“, meinte ich, während ich mich rittlings auf Yannicks Schoß hinsetzte.
Seine blauen Augen durchbohrten mich, wie so oft, wenn ich sein Verlangen nach mir spürte.
„ Ich hoffe, dass du dich nicht so schnell an seine Blicke gewöhnst wie an meinen“, flüsterte er mir ins Ohr, und liebkoste meinen Nacken.
„ Eifersüchtig?“
„ Nein, du gefällst ihm ganz bestimmt. Ohne Zweifel! Aber wenn er dich anschaut, sehe ich vor allem Neugierde in seinen Augen. Er stellt sich bestimmt eine Menge Fragen über dich. Außerdem macht es mich nicht eifersüchtig, wenn ein Mann dich anschaut, höchstens
Weitere Kostenlose Bücher