Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
Vom Netzwerk:
dass ich rausgehe?“
    Als ich mit einer Kopfbewegung ein „Ja“ andeutete, verließ er resigniert den Raum.
    „ Du kannst reinkommen“, rief ich nach der Verwandlung.
    Splitternackt stand ich mitten im Zimmer. Er nahm mich kurz in die Arme und fragte mich, was passiert war. Ohne auf die Antwort zu warten, ging er zu einem der Kopfkissen und holte die Kleider hervor, die ich bereits einmal getragen hatte. Als er vom Angriff hörte, erkundigte er sich sofort nach Manuel.
    „ Es geht ihm gut. Er ist beim Wasserfall. Hättest du Kleider für ihn?“
    „ Was ist passiert?“
    „ Erzähle ich dir später. Lass uns gehen. Wir müssen ihn abholen, bevor sie zurückkommen.“
    „ Menschen oder Werwölfe?“
    „ Zwei Wölfe.“
    Die Erleichterung darüber, dass sein Bruder seine Finger nicht im Spiel hatte, spiegelte sich in seinen Augen. Yannick griff nach seinem Rucksack und ging in den Nebenraum, wo sich der Kleider- und Waffenschrank befand.
    „ Bleibst du so oder fliegst du?“, wollte er wissen, als er wieder ins Zimmer kam.
    „ Ich möchte bei dir sein.“ Lächelnd küsste er mich flüchtig und überreichte mir eine Jacke. „Hast du nichts Größeres?“, fragte ich ironisch.
    „ Nein, sonst hätte ich sie dir gegeben. Ich nehme an, Manuel wird sie auf dem Rückweg brauchen.“
    „ Klar!“ Daran hatte ich gar nicht gedacht.
    Schuldgefühle nagten an mir, als ich auf der Enduro hinter ihm aufsaß. Er hatte mich gewarnt und ich hatte nicht auf ihn hören wollen. Ich dachte, die Eifersucht würde ihn leiten, dabei schien er sich ernsthaft um Manuel zu sorgen. Am Fluss angekommen, ließ er mich vom Motorrad absteigen.
    „ Erkläre mir ganz genau, wo er sich befindet. Wir können nicht zu zweit da hochfahren. Ich bringe ihm die Tasche und komme gleich wieder.“
    Nachdem er mir den Rucksack abgenommen hatte, fuhr er auf dem Hinterrad auf die Brücke. Erst auf dem anderen Ufer berührte das Vorderrad wieder den Boden. Von weitem sah ich, wie Yannick stehend auf seiner Maschine den Berg hochfuhr und betete, Manuel möge sich wohlauf in seinem Versteck befinden.
    Warten ist etwas Schreckliches, wenn man nicht weiß, wie die Dinge liegen und man sich machtlos fühlt. Endlich rollte Yannick ohne Tasche den steilen Pfad auf seinem Motorrad herunter. Er musste Manuel gefunden haben.
    „ Hast du ihn gesehen?“, fragte ich, sobald er bei mir war.
    „ Nein, er wollte sich nicht zeigen, er war aber da. Ich habe ihm die Tasche zugeworfen und gesagt, dass wir hier auf ihn warten … Oh Lilly! Ich habe dich doch gewarnt“, warf er mir vor und drückte mich dabei an sich.
    „ Entschuldige, ich dachte, du wärst eifersüchtig.“
    Langsam kämpfte ich gegen die Tränen.
    „ Natürlich bin ich eifersüchtig! Sehr sogar! Meinst du wirklich, es lässt mich kalt, wenn ihr euch befummelt?“
    „ Wir befummeln uns nicht.“
    „ Ach nein?! Wie nennst du das? … Es tat weh, die Bilder zu sehen. Ich werde dich nicht unter Druck setzen. Ich möchte, dass du dich aus freien Stücken entscheidest. Was Manuel betrifft, kann ich ihm nicht einmal böse sein, ich kann ihn sogar verstehen, schließlich war er vor mir da. Und wenn es dich beruhigt, ich könnte ihm nie etwas antun, weil ich weiß, dass ich dich damit verletzen würde. Ich fürchte, es gibt zwischen euch etwas, das es zwischen uns nie geben wird. Ich habe den Eindruck, er könnte sich alles erlauben, du würdest ihm alles verzeihen. Ich dagegen darf mir keinen Fauxpas leisten.“
    „ Das stimmt nicht! Du hast etwas, was er nicht hat“, antwortete ich in Tränen aufgelöst.
    „ Falls du damit den Sex meinst, glaube mir, die Gefühle sind wichtiger.“ Ein kleines Lächeln zeichnete sich auf seinen Lippen ab, als er fortfuhr: „Wenn du weiterhin deine Tage mit ihm verbringst und nur für eine schnelle Nummer vorbeischaust, werde ich mir noch wie ein Sexobjekt vorkommen.“
    Es sollte ein Witz sein, ich konnte aber nicht darüber lachen. In gewisser Weise meinte er das genau so, wie er es sagte.
    „ Ich habe nur so viel Zeit mit ihm verbracht, weil er gerade angekommen ist, und wer weiß, vielleicht ist er morgen schon wieder weg“, versuchte ich mich zu rechtfertigen.
    „ Mach dir doch nichts vor, Lilly. Es geht nicht nur um die Zeit, die du mit ihm verbringst. Sobald er da ist, bist du distanziert. Du vermeidest jeden Blickkontakt mit mir. Ich traue mich kaum, dich anzufassen. Vielleicht habt ihr noch nicht miteinander geschlafen, das ist aber nur eine Frage

Weitere Kostenlose Bücher