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Im Morgengrauen

Im Morgengrauen

Titel: Im Morgengrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Béchar
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kommst du doch hoch, oder?“
    „ Klar, so ein Tölpel bin ich auch wieder nicht. Es ist ja nicht mit einer steilen Wand zu vergleichen.“
    „ Du musst trotzdem aufpassen, die Steine sind an manchen Stellen irre rutschig. Bleib lieber so weit wie möglich vom Wasser weg.“
    Wir bestiegen die zwei ersten Felsbrocken ohne Probleme. Kurz bevor ich den dritten Vorsprung erreichte, hörte ich ihn fluchen.
    „ Hast du dich verletzt?“, fragte ich besorgt.
    „ Und wie!“, stellte er beim Versuch aufzustehen fest. „Ich denke nicht, dass ich mir etwas gebrochen habe, weitergehen kann ich aber nicht, so viel ist sicher.“
    Bei ihm angekommen, sah ich mir sein Bein an, konnte aber nichts erkennen. Nichtsdestotrotz hob ich einen flachen Stein auf, damit er die schmerzende Stelle kühlen konnte, und holte mein Handy heraus.
    „ Wen willst du anrufen?“
    „ Yannick.“
    „ Auf keinen Fall! Wähle den Notruf!“
    „ Eben, es ist ein Notfall. Yannick wird mit seinem Motorrad viel schneller da sein. Er wird sofort wissen, wo wir sind, und auf zwei Rädern kann er sogar bis zum Wasserfall fahren.“
    „ Lilly … dreh dich ganz langsam um. Siehst du, was ich sehe?“
    „ Heiliger Strohsack!“, entfuhr es mir leise, als ich mein Telefon wieder einpackte.
    Langsam zog ich die Jacke aus und ließ das Lederband des Topases auf meinen Finger gleiten, um es zu verlängern.
    „ Was machst du?“, zischte Manuel leise.
    „ Ich will auf alles vorbereitet sein. Hast du schon mal von Wölfen in der Region gehört? Ich meine natürlich aus offiziellen Quellen?“
    „ Nein.“
    „ Ich auch nicht.“ – Yannicks Nachricht schoss mir in den Kopf.
    Zwei Wölfe befanden sich am Fuß des Wasserfalls. Ein Tier stand da wie angewurzelt und ließ uns nicht mehr aus den Augen. Das zweite lief nervös hin und her, sein Blick ebenfalls auf uns gerichtet. Als ich anfing, den Fels langsam auf meinem Hintern runterzurutschen, um sie nicht aus den Augen zu lassen, sorgte sich Manuel: „Bleib hier! Bist du verrückt? Du willst doch nicht im Ernst da runter?“
    „ Keine Angst, ich weiß, was ich tue.“
    Wusste ich das wirklich? Oder versuchte ich bloß, uns das einzureden?
    Auf dem ersten Felsen angekommen, schrie ich: „Lasst uns in Ruhe, wir haben euch nichts getan.“
    Der Wolf, der sich bisher keinen Millimeter gerührt hatte, fletschte drohend die Zähne und machte einen Satz auf mich zu. Mir blieb keine Zeit für eine Verwandlung. Ich beschloss, dass, selbst in meiner menschlichen Haut, Angriff die beste Verteidigung war. Ohne Zögern sprang ich ihm an die Gurgel, betend, die Metamorphose möge schnell über die Bühne gehen. Ich hatte gehofft, ihn lang genug mit den Händen würgen zu können, bis mein Kiefer den Rest übernehmen konnte. Als ich auf ihm landete, stellte ich jedoch fest, dass ich keine Hände mehr hatte. Der Wolf war unter dem Gewicht der Raubkatze zu Boden gegangen. Unglaublich! Ich hatte die Gestalt gewechselt. Einfach so, in der Luft, von einer Sekunde auf die andere, ohne groß darüber nachzudenken. Alles war so schnell gegangen, ich hatte die Verwandlung gar nicht recht registriert, bis auf diesen Blitz, der durch meinen Körper fuhr. Ich nutzte die Benommenheit meines Gegners aus, um ihn an der Kehle zu packen, spürte aber zeitgleich einen stechenden Schmerz am Hals. Der zweite Wolf war seinem Kumpan zu Hilfe gekommen.
    Ehe ich dazu kam, mich umzudrehen, um ihn abzuwehren, hörte ich ein Jaulen. Als ich mich aufrichtete, sah ich das dritte Tier, schwarz und groß. Ein Prachtexemplar von einem Wolf brachte gerade meinen Angreifer zur Strecke. Manuel?! Ein Blick auf den mittleren Felsen bestätigte mir, was mir Nase und Verstand schon verraten hatten: Er war es tatsächlich. Getrost konnte ich mich auf meinen ersten Gegner konzentrieren.
    Als ich meine ganze Aufmerksamkeit wieder auf ihn richten wollte, stellte ich jedoch fest, dass er bereits davongelaufen war. Sobald der große Wolf den anderen losließ, ergriff dieser ebenfalls die Flucht. Ich näherte mich Manuel in seinem Pelz. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er sich verwandelt … und zwar für mich. In seinen Augen sah ich einfach nur Erleichterung. Als hätten wir das schon immer getan, rieben wir unsere Köpfe aneinander. Er war wunderschön … Mehr als das: Er war gigantisch. Er strahlte eine solche Kraft aus, er hätte den anderen mühelos töten können, wenn er das gewollt hätte, davon war ich überzeugt. Sich körperlich zu verwandeln

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