Im Namen Caesars
ausgeruht auf. Die Zeit drängte, und ich musste zusehen, dass ich etwas erreichte.
Ich weckte Hermes und ließ mich ausgehfertig herrichten. Noch vor Sonnenaufgang verließ ich mit Hermes das Haus.
»Wir gehen noch mal ins Archiv«, teilte ich ihm mit.
»Wieso denn noch mal?«
»Heute statten wir dem Grundbuchamt einen Besuch ab.«
Dieses befand sich im Erdgeschoss des Tabulariums. Die Räume gingen größtenteils nach hinten raus und waren in den Kapitolinischen Hügel hineingehauen. Da nichts so wichtig war wie der Nachweis von Grundeigentum, wurden die Dokumente des Grundbuchamtes strenger als alle anderen gegen Feuer geschützt.
Der Leiter dieser Abteilung war ein alter Freigelassener aus Athen namens Polyneikes. Wir fanden ihn im düsteren Inneren des riesigen Gebäudes an seinem Schreibtisch. Da er seine Tage seit eh und je unter dem Capitol verbracht hatte, war er weiß wie ein Gespenst. Für die schummrige Beleuchtung des Raums sorgten ein paar Öllampen, deren Glasummantelung mehrere Zentimeter dick war. Die Angestellten des Grundbuchamtes waren verpflichtet, die Lampen draußen anzuzünden und sie zu verschließen, bevor sie das Archiv betraten. Wer es wagte, eine Lampe innerhalb der heiligen Räume zu entzünden, wurde gekreuzigt, sofern er ein Sklave war, und geköpft, wenn er ein freier Bürger war.
»Euer Erscheinen ist sehr ungewöhnlich«, stellte Polyneikes fest. Immerhin reagierte er nicht ganz so unwirsch auf unseren Besuch wie sein Kollege Androcles, dessen Arbeitsplatz sich zwei Etagen höher befand. »Wieso sollte an diesem Ort etwas gewöhnlich sein?«, fragte ich. »Ich brauche Auskunft über die bisherigen Eigentumsverhältnisse eines Grundstücks in Rom. Eine langweilige Aufgabe, das gebe ich zu. Aber sie könnte sich für dich lohnen. Und erzähl mir bloß nicht, dass du nicht bestechlich bist. Immerhin bist du ein Grieche.«
»Sehe ich aus, als brauchte ich Geld?«, entgegnete er. »Meine Bestattung habe ich schon bezahlt, und für meine Familie habe ich ein recht passendes Grab draußen an der Via Tiburtina gekauft. Was will ich mehr?«
»Jeder braucht Geld«, wandte Hermes ein.
»Nicht unbedingt«, widersprach ich. »Allerdings gibt es nur sehr wenige Menschen, die andere nie um einen Gefallen bitten müssen, wenn nicht für sich selbst, dann für ein Familienmitglied. Ich werde im nächsten Jahr Praetor sein. Hast du daran schon mal gedacht, Polyneikes? Ich weiß, dass du absolut unbescholten bist, genau wie deine Familie, aber sicher gibt es auch in deiner Verwandtschaft irgendein schwarzes Schaf, das nur Unheil anrichtet. In meinen jungen und wilden Jahren musste mein Vater mich jedenfalls mehr als einmal aus der Arrestzelle holen.«
Er dachte eine Weile nach und strich sich dabei in der seltsamen, unter den Griechen verbreiteten Weise übers Kinn.
»Ich habe einen Enkel, der mir schon so manche schlaflose Nacht beschert hat«, sagte er schließlich. »Seiner Mutter bereitet er nur Kummer, und langsam kommt er in ein Alter, in dem er in ernsthafte Schwierigkeiten geraten könnte.«
»Falls er im kommenden Jahr festgenommen wird, soll seine Mutter mir einen Besuch abstatten und mich daran erinnern, dass er dein Enkel ist. Wenn er nicht gerade jemanden umgebracht oder einen Tempel ausgeraubt hat, lasse ich ihn laufen.«
»Etwas so Schwerwiegendes würde er niemals tun, Senator.
Höchstens irgendeine Dummheit aus jugendlichem Leichtsinn. Ich werde mal nachsehen, ob ich dir weiterhelfen kann.« Mit diesen Worten verzog er sich wie einer von Plutos Gehilfen in die Dunkelheit seiner unterirdischen Kammern.
Wenig später tauchte er wieder auf und überreichte uns einige Kupferplatten, in die Eigentumstitel eingraviert waren. Einige alte römische Familien benutzten solche Kupferplatten als zusätzlichen Schutz gegen Feuer- und Wasserschäden, hungrige Insekten oder den normalen Verfall. Gelegentlich wurden auch Bleiplatten verwendet, die jedoch schon bei niedrigen Temperaturen schmolzen und daher eher ungeeignet waren. Kupfer ist zwar teurer, aber es hält ewig. Ich trug die Platten zu einem Tisch in der Nähe der Tür, wo wenigstens so viel Licht in den Raum fiel, dass ich den Text entziffern konnte.
Es handelte sich um die Eigentumsurkunden für das Haus von Gaius Claudius Marcellus, in dem der ermordete Fulvius gelebt hatte. Doch wie ich jetzt feststellte, befand sich das Haus erst seit vier Jahren in Marcellus' Besitz. Davor hatte es Gaius Octavius gehört.
»Weißt du
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