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Im Namen der Heiligen

Im Namen der Heiligen

Titel: Im Namen der Heiligen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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Gerechtigkeit widerfahren zu lassen - er hat es gewiß nicht auf ihr Erbe abgesehen, sondern nur auf das Mädchen selber. Wenn du sie kennenlernst, wirst du das verstehen.« Cai seufzte tief auf, voller Mitleid mit seinem Freund. »Außerdem gibt es da einen Mann, den ihr Vater gern als Schwiegersohn hätte. Cadwallons Sohn geht in Rhisiarts Haus ein und aus. Seit er laufen kann, verfügt er frei über Rhisiarts Diener und Pferde und Habichte. Er ist zusammen mit dem Mädchen aufgewachsen und der einzige Erbe des Nachbargrundstücks. Was könnte den beiden Vätern besser gefallen als eine Ehe zwischen ihren Kindern? Sie haben das schon vor Jahren besprochen. Und die Kinder passen auch sehr gut zusammen, sie kennen sich wie Bruder und Schwester.«
    »Ich finde nicht, daß das eine ideale Verbindung wäre«, entgegnete Bruder Cadfael.
    »Sioned scheint das auch nicht zu glauben«, sagte Cai trocken. »Sie weigert sich standhaft, Peredur das Jawort zu geben. Und dabei ist er ein hübscher, fröhlicher Bursche - wenn auch ein bißchen verwöhnt, weil er Cadwallons einziges Kind ist. Zeig mir mal ein Mädchen in dieser Gegend, das nicht sofort angelaufen käme, wenn er nur den kleinen Finger hebt! Alle schwärmen für ihn - alle außer Sioned. Sie mag ihn recht gern, das ist aber auch schon alles. Von einer Ehe mit ihm will sie nichts wissen.«
    »Und was sagt Rhisiart dazu?«
    »Er liebt sie sehr, ebenso wie sie ihn, und er will sie zu nichts zwingen. Natürlich läßt er keine Gelegenheit aus, um ihr einzureden, wie gut Peredur zu ihr passen würde, und das streitet sie auch gar nicht ab. Er hofft, daß sie sich eines Tages doch noch seinen Wünschen fügen wird, wenn er ihr genügend Zeit läßt.«
    »Wird sie das tun?« fragte Bruder Cadfael, dem ein vielsagender Unterton in der Stimme des Pflügers nicht entgangen war.
    »Ich habe keine Ahnung, was im Kopf dieses Mädchens vorgeht«, antwortete Cai langsam. »Sie mag andere Pläne haben, denn sie ist kühn und tapfer - und klug und geduldig genug, um ihren Willen durchzusetzen. Aber wie soll ich wissen, was sie will? Weißt du es? Weiß das irgend jemand?«
    »Es mag einen Mann geben, der es weiß«, entgegnete Cadfael beiläufig.
    Hätte Cai nicht nach diesem Köder geschnappt - Cadfael hätte die Sache auf sich beruhen lassen, denn es stand ihm nicht zu, die Geheimnisse des Mädchens zu verraten, nachdem er selbst nur rein zufällig dahintergekommen war. Aber er war keineswegs überrascht, als der Pflüger näher an ihn heranrückte und ihm bedeutungsvoll den Ellbogen in die Rippen drückte. Einem Mann, der so eng mit dem jungen Ochsenführer zusammenarbeitete, mußte wohl oder übel einiges aufgefallen sein. Allein schon die Tatsache, daß der junge Bursche heute nachmittag den Fluß durchwatet hatte und zielstrebig auf eine gewisse Eiche zugegangen war, mußte einem scharfsinnigen Menschen zu denken geben. Und da Cai den Mund hielt, war es offensichtlich, daß er mit seinem Arbeitskameraden sympathisierte.
    »Bruder Cadfael, du bist bestimmt kein Klatschmaul, und du hast nichts zu tun mit unseren kleinen Schwierigkeiten. Also gibt es keinen Grund, warum du es nicht wissen solltest. Unter uns gesagt, sie hat tatsächlich ein Auge auf einen Mann geworfen - auf einen, der sie noch viel leidenschaftlicher begehrt als Bened und noch viel weniger Chancen hat, sie jemals zu bekommen. Du erinnerst dich doch, daß wir von meinem Gefährten Engelard gesprochen haben, dem tüchtigen Ochsenführer? Rhisiart weiß ihn sehr zu schätzen, aber er ist ein alltud - ein Ausländer.«
    »Ein Sachse?«
    »Du meinst, wegen des blonden Haares? Natürlich, du hast ihn heute gesehen. Auch seine Größe und der schlanke Körperbau verraten, daß er ein Angelsachse ist. Er stammt aus Cheshire, aus dem Grenzland von Maelor, und er ist auf der Flucht vor den Amtmännern des Grafen Ranulf von Chester. Nicht, weil er einen Mord oder sonst ein Verbrechen begangen hätte. Er war nur der kühnste Wilderer von der ganzen Grafschaft. Engelard ist ein meisterhafter Bogenschütze. Er hat sich immer ganz allein an das Wild herangepirscht. Und die Amtmänner waren ganz versessen drauf, ihn zu schnappen. Sie trieben ihn in die Enge, und schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als nach Gwynedd zu fliehen. Er wagt nicht, nach Hause zurückzukehren - noch nicht. Und du weißt ja, was es heißt, als Ausländer in Wales zu leben.«
    Das wußte Cadfael in der Tat. In einem Land, wo jeder Einheimische

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