Im Namen der Heiligen
verächtliches Staunen empfunden hatte, erkannte er, daß dieses Angebot eine ungeheuerliche Beleidigung war. Blitzschnell zog er seine Hand von dem Beutel zurück. Das Blut stieg ihm ins Gesicht und durchdrang sogar das Weiße seiner Augen.
»Geld? Du wagst es, mir einen solchen Vorschlag zu machen? Du willst unsere Heilige kaufen? Du willst mich kaufen? Es war mir nicht ganz klar, was ich von dir halten und was ich tun sollte, aber jetzt weiß ich es, bei Gott! Du hattest deine Zeichen, die dir den Weg gewiesen haben. Nun habe ich meine.«
»Du mißverstehst mich!« rief der Prior, eifrig bestrebt, seinen Fehler wiedergutzumachen. »Man kann nicht kaufen, was heilig ist. Ich biete Gwytherin ein Geschenk an, aus Dankbarkeit und als Entschädigung für das Opfer, das die Gemeinde bringen wird...«
»Du hast gesagt, daß es mir gehören soll«, erinnerte ihn Rhisiart, der seine Würde auch im Zorn nicht verlor. »Es soll mir gehören, wenn ich die anderen überrede. Das ist kein Geschenk - du willst mich bestechen! Glaub nur ja nicht, daß du mit diesem schnöden Geld, das dir offenbar mehr bedeutet als dein guter Ruf, mein Gewissen kaufen kannst. Nun weiß ich, daß ich mit Recht an dir gezweifelt habe. Du hast gesagt, was du zu sagen hattest, und nun werde ich meinen Leuten mitteilen, was ich darüber denke - ohne von dir daran gehindert zu werden, wie du es versprochen hast.«
»Nein, warte!« Der Prior war so erregt, daß er tatsächlich eine Hand ausstreckte, um seinen Gegner am Ärmel festzuhalten. »Überstürze nichts! Du hast mich wirklich mißverstanden, und wenn es falsch von mir war, Gwytherin eine Spende anzubieten, so bedaure ich das, aber geh noch nicht...«
Ärgerlich riß sich Rhisiart los, unterbrach Roberts Protest und wandte sich an Cadfael. »Sag ihm, er braucht nichts zu befürchten. Es würde mich beschämen, den Leuten zu erzählen, daß der Prior von Shrewsbury mich bestechen wollte. Aber wo ich stehe - das sollen sie ebenso wissen wie ihr.« Und mit diesen Worten ging er hinaus. Warnend hob Vater Huw eine Hand, um zu verhindern, daß die beiden Mönche ihm folgten.
»Jetzt nicht! Er ist wütend. Morgen könnt ihr vielleicht noch einmal an ihn herantreten. Nun müßt ihr ihm seinen Willen lassen.«
»Dann wollen wir uns zumindest zeigen.« In bewundernswerter Haltung sammelte der Prior die Trümmer der Ruine ein, die seine unüberlegte Handlungsweise hinterlassen hatte, schnitt ins Sonnenlicht hinaus und bezog Stellung bei der Kirchentür, umringt von seinen Mönchen. Mit hoch erhobenen Kopf und gefalteten Händen stand er da, während Rhisiart mit donnernder Stimme kundtat, wozu die Unterredung geführt hatte.
»Ich habe mir angehört, was diese Männer aus Shrewsbury zu sagen hatten, und danach meinen Entschluß gefaßt, den ich euch jetzt mitteile. Nun erkenne ich noch klarer als zuvor, daß ich recht hatte, mich dem Sakrileg zu widersetzen, das sie begehen wollen. Ich sage, daß die heilige Winifred hierhergehört, wo sie immer war, und daß es eine Sünde wäre, sie in ein fernes Land gehen zu lassen, wo sie nicht einmal die Gebete verstehen würde, da man dort eine andere Sprache spricht, wo sie von Fremden umringt wäre, die es nicht wert sind, ihr in die Nähe zu kommen. Nur über meine Leiche wird man ihre Gebeine von hier forttragen, und ich bitte euch, sie ebenso entschlossen zu schützen wie ich. Damit ist die Versammlung beendet.«
Dies waren seine Worte und dabei blieb es. Prior Robert sah sich gezwungen, mit steinerner Miene und ruhig gefalteten Händen stehenzubleiben, während Rhisiart
zum Waldweg ging und die Versammlung sich auflöste. Schweigend eilten sie davon, und innerhalb weniger Sekunden war der grasbewachsene Kirchenplatz leer.
»Du hättest mir sagen sollen, was du vorhattest«, bemerkte Vater Huw schüchtern, aber mit leisem Vorwurf. »Dann hätte ich dir klargemacht, daß das eine riesengroße Dummheit war. Was glaubst du wohl, was man bei einem Mann wie Rhisiart mit Geld ausrichten kann? Selbst wenn er käuflich wäre - und das ist er nicht -, hättest du andere Mittel und Wege finden müssen, um ihn zu beeindrucken. Ich dachte, du hättest seinen Charakter erkannt und wolltest ihm von der schlimmen Lage der englischen Mönche erzählen, die keine mächtigen Schutzheiligen haben und der heiligen Winifred dringend bedürfen. Hättest du an seine Großzügigkeit appelliert, wäre er eher bereit gewesen, dein Anliegen in Erwägung zu ziehen.«
»Ich bin
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