Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
Arbeitstages.«
»Wir sind suspendiert, schon vergessen?«
»Sind Sie noch im Schlafanzug?«
»Ich trage keinen.«
»Heißt das, dass ich hier draußen warten muss?«
»Ich lass die Tür offen.« Er drückte auf den Türöffner, nahm seine Kleider vom Stuhl neben dem Bett und schloss sich im Badezimmer ein. Er konnte hören, wie sie an die Wohnungstür klopfte und sie dann aufstieß.
»Zwei Minuten!«, rief er, während er in die Badewanne stieg, um sich zu duschen.
Als er aus dem Bad kam, saß sie am Esstisch und sah die Fotokopien vom Vorabend durch.
»Machen Sie sich’s nicht zu bequem«, sagte er. Er hatte die Krawatte schon zur Hälfte gebunden. Als ihm einfiel, dass er ja nicht zur Arbeit gehen würde, löste er sie wieder und warf sie aufs Sofa. »Wir müssen einkaufen«, erklärte er.
»Und ich muss Sie um einen Gefallen bitten.«
»Der wäre?«
»Ein paar Stunden um die Mittagszeit – ich möchte meine Eltern einladen.«
Er nickte zum Zeichen der Einwilligung. »Wie geht es Ihrer Mutter?«
»Wie’s aussieht, gut. Sie haben beschlossen, sich Gleneagles zu schenken, auch wenn es heute um den Klimawandel geht.«
»Fahren sie morgen nach Hause?«
»Wahrscheinlich.«
»Wie war das Konzert gestern Abend?« Sie antwortete nicht sofort. »Ich habe mir das Ende im Fernsehen angeschaut – dachte, ich hätte Sie vielleicht ganz vorn schwofen sehen.«
»Da war ich schon weg.«
»Aha?«
Sie zuckte nur mit den Schultern. »Was müssen wir denn einkaufen?«
»Frühstück.«
»Ich hab schon gefrühstückt.«
»Dann können Sie zugucken, wie ich ein Schinkenbrötchen verdrücke. In der Marchmont Road gibt’s ein Café. Und während ich es mir schmecken lasse, können Sie Stadtrat Tench anrufen und einen Termin mit ihm vereinbaren.«
»Er war gestern Abend bei dem Konzert.«
Rebus schaute sie an. »Kommt ganz schön rum, wie?«
Sie schlenderte hinüber zur Stereoanlage und nahm eine der LPs, die auf dem Regal lagen.
»Als die aufgenommen wurde, waren Sie noch gar nicht auf der Welt«, erklärte Rebus. Leonard Cohen, Songs of Love and Hate.
»Hören Sie sich das an«, sagte sie und las auf der Rückseite der Hülle: »›They locked up a man who wanted to rule the world. The fools, they locked up the wrong man.‹ Was wohl damit gemeint ist?«
»Eine Verwechslung?«, meinte Rebus.
»Ich glaube, es hat mit Ehrgeiz zu tun«, hielt sie dagegen. »Gareth Tench sagte, er habe Sie gesehen...«
»Hat er.«
»Mit Cafferty.«
Rebus nickte. »Big Ger fürchtet, dass der Stadtrat ihn aus dem Rennen werfen will.«
Sie legte die Platte zurück und drehte sich zu ihm um. »Das ist doch gut, oder?«
»Kommt drauf an, was wir stattdessen bekommen. Cafferty ist der Meinung, dass Tench selbst sich breitmachen würde.«
»Glauben Sie ihm?«
Rebus schien über die Frage nachzudenken. »Wissen Sie, was ich brauche, bevor ich Ihnen darauf antworte?«
»Beweise?«, riet sie.
Er schüttelte den Kopf. »Einen Kaffee.«
Acht Uhr fünfundvierzig.
Rebus war bei seinem zweiten Becher Kaffee. Sein Brötchen hatte er schon aufgegessen. Das Café verfügte über eine gute Auswahl an Zeitungen; Siobhan las einen Artikel über das »Final Push«-Konzert, und Rebus zeigte ihr Fotos von dem Mumpitz am Vortag in Gleneagles.
»Dieser Knabe da«, sagte er und deutete auf einen Jugendlichen, »haben wir den nicht gesehen?«
Sie nickte. »Aber da quoll ihm kein Blut aus dem Kopf.«
Rebus drehte die Zeitung wieder zu sich her. »Das gefällt denen, wissen Sie. Ein bisschen Blut sieht für die Medien immer gut aus.«
»Und lässt uns als die Schurken vom Dienst dastehen.«
»Apropos...« Er zog die CD-ROM aus der Tasche. »Ein Abschiedsgeschenk von Stacey Webster – oder Santal, wenn Ihnen das lieber ist.«
Siobhan nahm sie und hielt sie zwischen den Fingern, während Rebus ihr die Umstände erläuterte. Danach zog er Staceys Visitenkarte aus seiner Brieftasche und probierte es unter der Nummer. Es hob niemand ab. Als er das Handy wieder in seine Jacke steckte, konnte er einen Hauch von Molly Clarks Parfüm riechen. Er hatte beschlossen, Siobhan nichts über sie zu erzählen, denn er war sich nicht sicher, wie sie reagieren würde. Darüber dachte er noch nach, als Gareth Tench hereinkam. Tench schüttelte beiden die Hand. Rebus dankte ihm für sein Kommen und bat ihn mit einer Geste, Platz zu nehmen.
»Was kann ich Ihnen bestellen?«
Tench schüttelte den Kopf. Rebus sah draußen ein Auto stehen, die Aufpasser
Weitere Kostenlose Bücher