Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
nicht«, pflichtete sie ihm bei. Eins der Telefone klingelte. Sie hob ab und lauschte.
»Schicken Sie ihn hoch«, sagte sie und legte wieder auf. »Ein Typ namens Mungo«, erklärte sie. »Sagt, dass er eine Verabredung hat.«
»Eher eine offene Einladung«, entgegnete Rebus, die Nase am Inhalt des Wraps, den er gerade aufgemacht hatte. »Ob er wohl Chicken Tikka mag …«
Mungo mochte und vernichtete das Geschenk mit zwei großen Bissen, während Rebus und Wylie die Fotos in Augenschein nahmen.
»Sie arbeiten schnell«, lobte Rebus Mungo.
»Was schauen wir uns da an?«, fragte Ellen Wylie.
»Freitagabend«, erklärte Rebus. »Ein Dinner im Castle.«
»Ben Websters Selbstmord?«
Rebus nickte. »Das da ist er«, fügte er hinzu und deutete mit dem Finger auf eins der Gesichter. Mungo hatte Wort gehalten und nicht nur seine eigenen Schnappschüsse von dem Autokorso und seinen Insassen, sondern auch Abzüge der offiziellen Gruppenfotos mitgebracht. Jede Menge gut angezogene, lächelnde Männer, die anderen gut angezogenen, lächelnden Männern die Hand schüttelten. Rebus erkannte nur wenige: den Außenminister, den Verteidigungsminister, Ben Webster, Richard Pennen …
»Wie sind Sie denn da drangekommen?«, fragte Rebus neugierig.
»Für die Medien offen zugänglich – genau die Art von PR-Gelegenheit, die die Politiker mögen.«
»Haben Sie irgendwelche Namen zu den Gesichtern?«
»Dafür ist ein Redakteur zuständig«, erwiderte der Fotograf und schluckte den letzten Bissen Wrap hinunter. »Ich habe ausgegraben, was ich konnte.« Er griff in seine Kameratasche und zog einige Blätter Papier heraus.
»Danke«, sagte Rebus. »Ich habe sie vermutlich schon gesehen …«
»Ich aber nicht«, warf Wylie ein und nahm sie Mungo aus der Hand. Rebus interessierte sich mehr für die Fotos vom Abendessen.
»Ich wusste gar nicht, dass Corbyn auch da war«, sinnierte er.
»Wer ist denn das?«, fragte Mungo.
»Unser verehrter Chief Constable.«
Mungo betrachtete den Mann, auf den Rebus’ Finger zeigte. »Ist nicht lang geblieben«, erklärte er, während er seine eigenen Abzüge durchblätterte. »Hier fährt er wieder. Ich war gerade dabei einzupacken …«
»Wie viel Zeit war seit dem offiziellen Beginn vergangen?«
»Keine halbe Stunde. Ich hatte noch abgewartet, für den Fall, dass Nachzügler kämen.«
Richard Pennen hatte es auf keins der offiziellen Fotos geschafft, aber Mungo war es gelungen, sein Auto abzulichten, als es auf das Gelände fuhr, und Pennen völlig perplex mit offenem Mund zu erwischen.
»Hier steht«, meldete sich Ellen Wylie, »dass Ben Webster den Versuch unterstützte, einen Waffenstillstand in Sierra Leone zu schließen. Er besuchte auch den Irak, Afghanistan und Osttimor.«
»Hat ganz schön Flugmeilen gesammelt«, kommentierte Mungo.
»Und einen Hang zum Abenteuer gehabt«, fügte sie hinzu, als sie die Seite umblätterte. »Ich wusste gar nicht, dass seine Schwester Polizistin ist.«
Rebus nickte. »Hab sie vor ein paar Tagen getroffen.« Er hielt einen Moment inne. »Die Beerdigung ist morgen, glaube ich. Ich sollte sie eigentlich anrufen …« Dann widmete er sich wieder den offiziellen Fotos. Sie waren alle gestellt, sodass es für ihn wenig zu entdecken gab: keine Vieraugengespräche im Hintergrund; nichts, wovon diese mächtigen Männer nicht wollten, dass die Welt es erfuhr. Genau wie Mungo sagte: eine PR-Übung. Rebus hob den Telefonhörer ab und rief Mairie auf ihrem Handy an.
»Kannst du kurz in Gayfield vorbeischauen?«, fragte er sie. Er konnte das Klackern ihrer Tastatur hören.
»Muss das hier erst erledigen.«
»In einer halben Stunde?«
»Mal sehen, was ich machen kann.«
»Da hängt ein Marsriegel dran.« Wylies Gesicht ließ Missfallen erkennen. Rebus beendete den Anruf und sah zu, wie Wylie die Schokolade auspackte und hineinbiss.
»Da geht meine Bestechung dahin«, meinte Rebus.
»Die lasse ich Ihnen hier«, sagte Mungo gerade, während er sich Mehl von den Fingern wischte. »Sie können sie behalten – aber nicht zur Veröffentlichung verwenden.«
»Nur für unsere Augen«, versicherte Rebus ihm. Er legte die Fotos von den verschiedenen Passagieren auf den Rücksitzen aus. Die meisten waren verschwommen, was daher kam, dass die Autos für den Fotografen nicht langsamer fuhren. Einige der ausländischen Würdenträger lächelten jedoch, vielleicht sogar erfreut darüber, dass sie bemerkt wurden.
»Und können Sie das bitte Siobhan geben?«,
Weitere Kostenlose Bücher