Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead
dem Hinweis auf eine mögliche Fortsetzung, für die er sich wohl »einen anderen Schreiberling« suchen müsste – wohl wissend, dass sie sich nicht noch einmal auf diese Weise bescheißen lassen würde. Nicht umsonst hieß es: Aus Fehlern wird man klug!
Arschloch.
Während sie ihre E-Mails abrief, fiel ihr wieder das Gespräch mit Rebus ein, das sie zuvor bei einem Drink geführt hatte. Sie war immer noch sauer auf ihn. Sauer, weil er ihr kein Interview für das Cafferty-Buch gegeben hatte. Dadurch hatte bei so vielen Ereignissen und Vorfällen allein Caffertys Wort dagestanden. Und deshalb war sie immer noch sauer auf Rebus.
Sauer auch, weil sie wusste, dass er sich zu Recht geweigert hatte.
Ihre Journalistenkolleginnen und -kollegen dachten, mit dem Cafferty-Buch hätte sie sich eine goldene Nase verdient. Manche sprachen nicht mehr mit ihr oder riefen sie nicht mehr an. Sicher war da Neid mit im Spiel, aber außerdem hatten sie das Gefühl, ihr nichts bieten zu können. Es kamen immer weniger Aufträge. Mühsam hielt sie sich mit Artikeln über Stadträte und engagierte Bürger überWasser – ergreifende Geschichten ohne große Bedeutung. Chefredakteure wunderten sich darüber, dass sie die Arbeit brauchte …
Ich dachte, bei dem Cafferty-Buch hätten Sie abgesahnt …
Natürlich konnte sie ihnen nicht die Wahrheit sagen und log stattdessen, sie müsse einfach im Geschäft bleiben.
Abgesahnt …
Ein paar Exemplare des Buchs stapelten sich noch unter dem Couchtisch. Sie hatte aufgehört, es Verwandten und Freunden zu schenken, nachdem sie mitbekommen hatte, wie Cafferty sich in einer Talkshow im Tagesfernsehen zusammen mit der Moderatorin darüber lustig gemacht hatte, was vom Publikum gierig aufgenommen worden war und ihr noch mehr Bauchschmerzen bereitet hatte. Doch bei dem Gedanken an Cafferty kam ihr unwillkürlich auch das Bild von Richard Pennen in den Sinn – wie er, ein von Jasagern umgebener, zu makellosem Glanz aufpolierter Mann, sie im Prestonfield House überschwänglich begrüßte. Mit der Abendgesellschaft im Edinburgh Castle hatte Rebus nicht ganz unrecht. Dabei war es nicht so sehr die Tatsache, dass so etwas Ähnliches wie ein Waffenhändler am Tisch der ganz Großen saß, sondern, dass niemand davon Notiz nahm. Pennen hatte gesagt, alles, was er Ben Webster habe zukommen lassen, sei mit Sicherheit im parlamentarischen »Register der Interessen« verzeichnet. Mairie hatte das nachgeprüft, und so wie es aussah, war der Abgeordnete sehr gewissenhaft gewesen. Jetzt ging ihr plötzlich auf, dass Pennen gewusst hatte, dass sie nachschauen würde. Er wollte, dass sie Nachforschungen über Ben Webster anstellte. Aber warum? Weil er wusste, dass es da nichts zu finden gab? Oder um den Ruf eines Toten zu beflecken?
Ich mag diesen Typen, hatte Ellen Wylie gesagt. Ja, und nachdem sie ein paar Minuten mit Insidern ausWestminster gesprochen hatte, fing Mairie auch an, ihn zu mögen. Was allerdings zur Folge hatte, dass sie Richard Pennen umso weniger über den Weg traute. Sie holte sich ein Glas Leitungswasser aus der Küche und ließ sich wieder vor ihrem Computer nieder.
Sie wollte noch einmal ganz von vorn anfangen.
Tippte Richard Pennens Namen in die erste ihrer vielen Suchmaschinen.
15
Rebus war drei Schritte von der Haustür entfernt, als jemand seinen Namen rief. In den Taschen seiner Jacke ballte er die Fäuste. Dann wandte er sich um und stand Cafferty gegenüber.
»Was, zum Teufel, wollen Sie denn?«
Cafferty wedelte mit einer Hand vor seiner Nase herum. »Ich kann den Alkohol von hier aus riechen.«
»Ich trinke, um Leute wie Sie zu vergessen.«
»Da haben Sie heute Abend Ihr Geld verschwendet.« Cafferty deutete mit einer raschen Kopfbewegung hinter sich. »Hab Ihnen was zu zeigen.«
Einen Moment lang wich Rebus nicht von der Stelle, doch dann gewann seine Neugier die Oberhand. Cafferty entriegelte seinen Bentley und forderte Rebus mit einer Geste zum Einsteigen auf. Rebus öffnete die Beifahrertür und beugte sich ins Innere.
»Wo fahren wir hin?«
»Nicht an einen einsamen Ort, falls Sie das befürchten. Dort wird es sogar ziemlich voll sein.«
Er ließ den Motor aufheulen. Mit zwei Bier und zwei Whisky intus, wusste Rebus, dass sein Verstand nicht der klarste sein würde.
Trotzdem stieg er ein.
Cafferty bot ihm Kaugummi an, und Rebus wickelte einen Streifen aus. »Wie geht mein Fall voran?«, fragte Cafferty.
»Wir machen ohne Ihre Hilfe ganz gute
Weitere Kostenlose Bücher