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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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lange? Eva, was haben Sie mit dir gemacht?
    Oben war die Glastür zur Station geschlossen. Er läutete.
    Es dauerte ewig, bis eine Krankenschwester auftauchte. Sie wirkte sehr müde. »Wissen Sie, wie spät es ist?«
    »Ich möchte zu Eva Hahn.«
    »Aber sie schläft.«
    »Ich muss sie sehen. Unbedingt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Unmöglich. Tut mir leid.«
    Schwarz überlegte kurz, ob er sich gewaltsam Zutritt zur Station verschaffen sollte, aber er beherrschte sich.
    »Wie geht es ihr denn?«
    »Sind Sie mit ihr verwandt?«
    »Ich bin … ihr Freund.«
    Sie zögerte. »Sie hat eine Gehirnerschütterung und eine Platzwunde, außerdem Prellungen …«
    »Sonst nichts?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sicher?«
    »Sie hat Glück gehabt. Kommen Sie doch morgen wieder.«
    »Ja, das werde ich tun.«
    Auf dem Weg zurück ins Parkhaus dankte Schwarz ununterbrochen dafür, dass Eva nicht schwerer verletzt war, vor allem, dass ihre Wirbelsäule heil geblieben war. Er dankte dem Schicksal, Evas Schutzengel, der ganzen Welt und am Ende vorsichtig auch Gott – auch wenn er keine Ahnung hatte, wer das war.
    Kurz vor seinem Wagen bekam Schwarz weiche Knie und ihm wurde schwindlig. Er stützte sich mit beiden Händen auf die Kühlerhaube und atmete tief durch. Es dauerte eine Weile, bis er sich einigermaßen erholt hatte. Deswegen beschloss er, den Golf lieber stehen zu lassen. Es war ja nicht weit bis nach Hause.
    Er ging vor der historischen Hallermühle über eine kleine Brücke und dann am alten Klostergarten der Englischen Fräulein entlang. Er grüßte im Geiste die Mütter, die links in der kleinen Frauenklinik in den Wehen lagen, und die Polizisten, die rechts in der Inspektion Nachtdienst schoben.
    Es war unglaublich, was Eva bei ihm auslöste und auf was für eine Achterbahn der Gefühle sie ihn schickte. Und eigentlich hatte er jetzt erst richtig begriffen, wie sehr er sie liebte.

31.
     
    Es war noch vor Tagesanbruch, als jemand Patrick am Kopf berührte. Er zuckte zusammen und drehte sich zur Wand. »Bitte nicht, keine Vigil.«
    »Hilf mir«, sagte eine gepresste Stimme.
    Patrick versuchte zu erkennen, wer da in der Dunkelheit vor seinem Bett stand.
    »Jannis? Bist du das?«
    Der Junge schlotterte, auf seinem Hemd zeichnete sich ein großer dunkler Fleck ab.
    »Du hast dich wieder vollgepisst. Komm, zieh dir was Trockenes an und lass mich pennen.«
    »Bitte.«
    Jannis sah aus, als würde er gleich umkippen.
    »Was ist mit dir, Alter?« Jannis streckte die Arme aus und versuchte, ihn zu umarmen.
    »Scheiße, ich bin nicht schwul.«
    »Ich auch nicht«, sagte Jannis mit erstickter Stimme.
    »Komm, hau ab.« Er schubste ihn weg.
    Jannis war so schwach, dass er hinfiel. Als er sich wieder hochrappelte, sah Patrick, dass sein Nachthemd blutverschmiert war.
    »Mensch, was haben sie denn mit dir gemacht?«
    Jannis sah ihn mit leeren Augen an.
    Vielleicht ist er ja schlafgewandelt, dachte Patrick. Er hörte Jannis’ Zähne klappern. Was sollte er mit ihm machen?
    »Wenn du willst, sag ich Pater Anselm Bescheid. Der hat in seinem Zimmer Verbandszeug.«
    Aber beim Namen Anselm begann Jannis heftig den Kopf zu schütteln.
    »Scheiße, du warst bei einer Vigil.«
    Jannis antwortete nicht und wackelte nur immer weiter.
    Da nahm Patrick ihn bei der Hand und zog ihn zu sich ins Bett. Er breitete die Decke über sie beide und hielt ihn ganz fest.
    Es fühlte sich an, als würde jemand Jannis mit Stromschlägen foltern. Er zuckte die ganze Zeit. Und schwitzte, als wäre er in der Sauna. Aber sein Schweiß war kalt.
    »Die können uns nicht kaputt machen«, flüsterte Patrick und drückte Jannis noch fester, »das schaffen die nicht.«

32.
     
    Die Sonne tauchte Evas Bett in ein warmes Licht. Sie saß aufrecht, durch zwei dicke Kissen gestützt, und trug einen turbanartigen Kopfverband.
    Als Schwarz mit einem Strauß dunkelroter Rosen ins Zimmer trat, strahlte sie ihn an.
    Er stellte die Blumen in eine Vase und zog den Vorhang ein Stück nach links, damit sie nicht geblendet wurde.
    »Wie geht’s dir?« Sie schwieg.
    Schwarz betrachtete sie irritiert. »Eva?« Keine Reaktion. Er trat näher, nahm ihre Hand und sah ihr in die Augen.
    Täuschte er sich, oder war sie gar nicht richtig da?
    »Erkennst du mich?«, sagte er leise. Evas rissige Lippen zitterten, sie machte eine fahrige
    Handbewegung und riss sich dabei fast den Infusionsschlauch heraus.
    Schwarz war entsetzt. Hatte die Krankenschwester etwa nur aus falsch

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