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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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Eva plötzlich.
    Er starrte sie verwirrt an. Hatte er schon geschlafen? Ja, offenbar. »Was ist los?« Er schaute erschrocken zur Tür, aber da war Gott sei Dank niemand.
    »Ich weiß es wieder.«
    »Was? Was denn?«, sagte Schwarz.
    »Der Typ, der mich überfallen hat … Ich habe mich nicht getäuscht, du hast ihn auch gesehen. Denk mal nach: die Demonstration gegen die Rechten vor der Villa dieser Burschenschaft.«
    »Manzonia?«
    »Genau.«
    Schwarz stützte sich auf den Ellenbogen und bemühte sich, die Augen offen zu halten.
    »Erinnerst du dich an den Moment, als von Medingen vor die Tür trat?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Komm, streng dich an. Das war, kurz bevor du Tim Burger gestellt hast.«
    Schwarz runzelte die Stirn. »Hat er nicht irgendeinen blöden Spruch gemacht?«
    »Von Medingen? Genau: ›Wer wirklich Zivilcourage besitzt, steht auf meiner Seite‹.«
    »Und?«
    »Siehst du die Situation?«
    »Hm.«
    »Anton, komm! Ich will sicher sein, dass ich mich nicht täusche. Von Medingen kommt aus dem Haus …«
    Schwarz schloss die Augen. Er nickte.
    »Ist er allein?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Wer begleitet ihn?«
    »Zwei Typen, seine Bodyguards.«
    »Genau. Kannst du sie beschreiben?«
    »Scheiße …«
    »Was?« Eva sah ihn erwartungsvoll an.
    »Der Typ mit der Boxernase!«

43.
     
    Am nächsten Morgen standen Schwarz und Eva vor einer Fabrikhalle im Westen von Pasing. Früher waren hier Stoffe gefärbt worden, jetzt beherbergte das Gebäude eine Ayurveda-Praxis, einen Bioladen und einen Ableger der Volkshochschule.
    Auf dem Hallendach befand sich ein etwa vierzig Quadratmeter großer Aufbau, den man von unten nur erahnen konnte. In ihm war eines der besten Archive zum Rechtsextremismus in Deutschland untergebracht.
    Schwarz schaute zur Feuerleiter, die er bei seinen letzten Besuchen benutzt hatte. »Ich werde versuchen, ihn runterzulocken, okay?«
    »Ja, ich möchte unbedingt hören, was er sagt.«
    Schwarz’ Freund und ehemaliger Klassenkamerad Heiner besaß Material über die rechte Szene, um das ihn sogar die Beamten des Bayerischen Verfassungsschutzes beneideten. Das mochte der Grund sein, dass sie ihn in ihren Berichten regelmäßig als verdächtigen Linken aufführten. Aber davon ließ er sich nicht einschüchtern, schließlich lobte ihn im Gegenzug die Stadt München genauso häufig für seine Verdienste um die Demokratie.
    Dunkle Regenwolken hingen drohend über der Fabrik, in der Dachrinne trippelten Tauben hin und her, von denen man nur die Köpfe sah.
    »Gibt es da oben was umsonst?«, sagte eine Stimme.
    Schwarz fuhr herum, Eva wendete ihren Rollstuhl.
    Schief grinsend stand Heiner vor ihnen. »Sorry, wegen der Verspätung.«
    Schwarz begrüßte ihn mit einer kurzen Umarmung. »Servus. Eva kennst du ja schon.«
    »Klar, von deinem Geburtstag. Hallo, Eva. Wollen wir raufgehen?«
    »Gehen ist gut«, sagte Schwarz mit Blick auf Evas Rollstuhl.
    »Oh, ’tschuldigung.«
    »Warum hast du mir nie gesagt, dass es hier einen Lastenaufzug gibt?«, sagte Schwarz.
    Heiner zog die verkratzte Eisentür zu und drückte einen Knopf. Ächzend setzte die Kabine sich in Bewegung.
    »Ich dachte, ein bisschen klettern schadet deinem Bauch nicht.«
    Schwarz warf Heiner einen warnenden Blick zu. »Ich habe keinen Bauch.«
    Eva grinste.
    »Die Wahrheit ist«, sagte Heiner, »dass man den Aufzug nicht benutzen darf, weil er seit Jahren nicht mehr gewartet wird. Offiziell funktioniert er gar nicht. Mir ist das recht, so bin ich vor unliebsamen Überraschungen sicher. Die Feuerleiter habe ich unter Kontrolle.«
    Der Aufzug kam mit einem Ruck zum Stehen. Heiner hielt Eva die Tür auf. »Immer geradeaus ins Herz der Finsternis.«
    Sie kamen an langen bis zur Decke reichenden Regalen mit Aktenordnern vorbei zu einem abgewetzten Sofa und einem Schreibtisch, auf dem ein Rechner stand. An den wenigen freien Stellen an der Wand hingen Aufrufe zu Antinazi-Demos.
    »Ich kann euch grünen Tee machen«, sagte Heiner.
    »Schön, dass du um diese Uhrzeit schon so lustig bist«, sagte Schwarz.
    »Das ist kein Witz, Toni. Ich trinke keinen Kaffee mehr, und mit dem Rauchen habe ich auch aufhören müssen: mein Magen.«
    »Bei deinem Thema würde ich auf Dauer auch krank werden. Vielleicht solltest du mal was anderes machen.«
    »Und wer kümmert sich dann ums Archiv? Also, grüner Tee oder nichts?«
    »Nichts«, sagte Schwarz.
    Auch Eva wollte lieber gleich zum Thema kommen. Sie schilderte knapp den Überfall und

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