Im Namen des Kreuzes
Tacheles«, sagte Perfall und grinste breit. »Dieses Wort verwende ich übrigens nicht, um mich bei Ihnen einzuschmeicheln.«
Schwarz zuckte zusammen. Wer hatte ihm von seiner jüdischen Herkunft erzählt? Kolbinger wahrscheinlich, der gern mal plauderte.
»Sie können sich vorstellen, dass mein Auftraggeber die Sache lieber diskret behandelt hätte«, sagte Perfall, »aber das ist nach diesem entsetzlichen Mord natürlich illusorisch. Die Geschichte wird große Wellen schlagen, und die Öffentlichkeit zu Recht Aufklärung fordern. Es geht also nicht mehr um irgendwelche kirchlichen Interessen, sondern schlicht um die Wahrheit. Wie klingt das für Sie, Herr Schwarz?«
»Wahrheit klingt immer gut.«
»Und was hindert Sie dann noch daran, mit mir zusammenzuarbeiten?«
Als Schwarz zögerte, hob Perfall lächelnd den Telefonhörer ans Ohr und drückte einen Knopf. »Du kannst jetzt kommen.«
Es dauerte nicht lange, bis ein junger Mann in einem dunkelblauen Sakko eintrat. Er war sehr groß und sah unangenehm kräftig aus. Er grüßte, ohne zu lächeln, legte einen Umschlag auf den Tisch und verschwand wieder.
»Das sind erst mal tausend«, sagte Perfall und schmunzelte. »Tausend Euro von unser aller Kirchensteuer. Obwohl, Sie zahlen ja wahrscheinlich keine.«
Schwarz ignorierte das Kuvert und ließ ihn reden. Bei ihrer letzten Begegnung hatte er begriffen, dass Perfall der Typ war, der unvorsichtig wurde, wenn man ihm die Bühne allein überließ.
»Ich werde Ihnen jetzt meine Theorie erläutern, und Sie sagen mir, was Sie davon halten. In Ordnung, Herr Schwarz?«
Er nickte.
Perfall verschränkte die Hände hinterm Kopf und setzte eine wichtige Miene auf.
»Mein erster Verdacht war leider richtig: Wir haben es mit einer Missbrauchsgeschichte zu tun. Ich besitze inzwischen eindeutige Beweise, dass Pfarrer Heimeran sich schwerer sexueller Übergriffe schuldig gemacht hat.«
Das ist nicht wahr, dachte Schwarz, aber er sagte: »Tatsächlich?«
»Und das Erschreckende ist: Er war kein Einzeltäter.«
Er machte eine Kunstpause.
»Er hatte einen Mitwisser?«, sagte Schwarz gespielt überrascht.
»Mittäter trifft es besser.«
»Und Sie kennen den Namen?«
»Herr Schwarz, machen Sie mir nichts vor. Sie ahnen doch, wen ich meine.«
»Pastoralreferent Weber?«
»Wen sonst?«
Perfalls Chuzpe machte Schwarz fassungslos. Matthias Sass hatte sich umgebracht, Pfarrer Heimeran und Rainer Weber waren grausam ermordet worden. Sie und ihr angebliches Opfer konnten sich nicht mehr gegen diese ungeheuerlichen Unterstellungen wehren.
Aber worauf wollte Perfall hinaus?
»Haben Sie denn eine Idee, wer Weber umgebracht haben könnte?«
Perfall lächelte überheblich. »Eines der Opfer natürlich.«
» Der Opfer? Sie glauben, es gibt mehrere Betroffene?« Schwarz war so überrascht, dass er seine Verwunderung nicht mehr spielen musste.
Perfall beugte sich vor und machte ein konspiratives Gesicht. »Und ich kann Ihnen auch sagen, bei welcher Gelegenheit es zu den Übergriffen gekommen ist.«
Das war der Augenblick, in dem Schwarz seine Strategie durchschaute.
Er wusste, dass der angebliche Sonderermittler die Rede auf die Ministrantenlager in Steinsberg bringen würde. Und er sah voraus, dass er ihn wegen seines Treffens mit Rainer Weber befragen würde, über das ihn vermutlich Dekan Wels informiert hatte.
Perfall ermahnte ihn, sich jede Einzelheit des Gesprächs ins Gedächtnis zu rufen. »Das ist deswegen wichtig, Herr Schwarz, weil Weber sich an irgendeinem Punkt verraten, und uns damit vielleicht einen Hinweis auf den Täter gegeben haben könnte.«
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und kontrollierte die Wirkung seiner Worte.
Schwarz runzelte die Stirn, als versuche er, sich zu erinnern. In Wirklichkeit dachte er natürlich nicht daran, sich von Perfall in die Falle locken zu lassen. Er musste den Eindruck vermitteln, dass er alles, was Weber ihm anvertraut hatte, freimütig wiedergab. Nur so konnte er Perfalls Verdacht, er habe etwas über die ominösen Geheimnisse von Steinsberg und der Militia erfahren, zerstreuen.
»Weber hat mich zu meiner Überraschung in einen Schwulenclub bestellt«, sagte Schwarz, »und mir dort sein Herz ausgeschüttet. Es war ihm sehr wichtig, dass ich verstehe, was für eine große Liebesgeschichte er mit Pfarrer Heimeran hatte.«
Er entschuldigte sich im Geiste bei Rainer Weber für diesen Verrat, aber er sah keinen anderen Weg.
»Liebe, dass ich nicht lache«, sagte
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