Im Namen des Kreuzes
Perfall.
»Ich weiß nicht, vielleicht ist die größte Liebe ja die unmögliche. Die beiden hatten kaum eine Chance, ihre Beziehung zu leben. Sie mussten nicht nur um ihren guten Ruf fürchten, ihre ganze Existenz stand auf dem Spiel. Dazu waren sie wirklich religiös und überzeugte Mitglieder der Kirche.«
Perfall schnaubte wieder abfällig.
»Weber hat mir erzählt, wie sie versucht haben, ihre Liebe gegen den Druck, der auf ihr lastete, zu schützen, wie sie sich kleine Zettel zugesteckt haben, Liebesgedichte …«
»Sagen Sie mal, sind Sie so naiv oder tun Sie nur so?«, unterbrach Perfall ihn rüde. »Das interessiert mich einen feuchten Kehricht.«
»Das sollte es aber, weil Ihr Verdacht, Herr Perfall, auf einer dieser Liebesbotschaften beruht. Frau Sass hat Ihnen doch sicher auch das Bildchen mit dem heiligen Franziskus gezeigt? Aber das war eigentlich gar nicht für Matthias, sondern für Rainer Weber bestimmt. Ich bin mir sicher, dass er und Pfarrer Heimeran keine Pädophilen waren, sondern ganz normale Schwule.«
»Ganz normale Schwule«, höhnte Perfall, dem die Richtung, die das Gespräch nahm, offenbar überhaupt nicht passte. »Was hat Weber über die Ministrantenlager in Steinsberg erzählt?«
Schwarz kratzte sich am Kinn, als müsste er nachdenken.
»Eigentlich nichts.«
»Haben Sie nicht gefragt, ob die Erwachsenen in einem Zelt mit Jungen übernachtet haben?«
»Ehrlich gesagt, nein.«
»Wirklich gründliche Ermittlungen, Herr Schwarz. Und was war der Grund dafür, dass das Lager plötzlich nicht mehr im Kloster stattfand? Hatten Heimeran und Weber sich möglicherweise bei ihren … Aktivitäten beobachtet gefühlt?«
Gar nicht blöd, dachte Schwarz. Wenn ich ihm jetzt widerspreche und den wahren Grund für das Ende der Ministrantenferien im Kloster St. Joseph nenne, sind wir bei der Militia , und er hat mich dort, wo er mich haben will.
»Ich wusste gar nicht …«, sagte Schwarz, aber da unterbrach ihn sein Handy. Perfall hob vergeblich die Hand, um zu verhindern, dass er das Gespräch annahm.
»Schwarz.«
Es war Eva, die sich Sorgen machte, weil er so lange ausblieb.
»Servus. Herr Perfall und ich sind gleich fertig. Zwei Minuten«, sagte Schwarz und ließ den Namen seiner Freundin bewusst unter den Tisch fallen. Sollte Perfall ruhig denken, dass er mit einem Mann sprach. Einem Mann, der über seinen Gesprächspartner und seinen Aufenthaltsort informiert war.
»Es regnet nicht mehr, oder? Dann kannst du doch draußen warten. Da ist ein Schild Erzbischöfliches Ordinariat – die Tür rechts daneben.«
Er sah, wie Perfall zusammenzuckte, und legte auf.
»Entschuldigen Sie. Wo waren wir? Ach ja, ich wusste gar nicht, dass Pfarrer Heimeran mit seinen Ministranten nicht mehr nach Steinsberg gefahren ist. Wieso eigentlich nicht?«
Perfall musterte ihn misstrauisch. Wahrscheinlich hatte Schwarz sich für einen altgedienten Ermittler ein wenig zu naiv verhalten.
»Ich hatte gehofft, dass Sie mir das sagen können?«
Schwarz machte eine Geste des Bedauerns. Dann schob er demonstrativ den Umschlag mit dem Geld ein Stück in Perfalls Richtung und erhob sich.
»Sie haben es gehört, ich werde erwartet.«
Perfall starrte ihn an. Würde er versuchen, ihn aufzuhalten oder überließ er das dem jungen Mann? Waren vielleicht noch mehr Militia -Leute im Haus?
Schwarz überspielte seine aufkommende Nervosität mit einem freundlichen Lächeln. »Ich hätte Ihnen wirklich gern geholfen.«
Es war ein Machtkampf, aber schließlich gab Perfall nach. »Ich hoffe sehr, dass Ihnen vielleicht doch noch etwas einfällt.«
»Dann melde ich mich.«
Erleichtert verließ Schwarz den Raum. Da stand plötzlich der Typ von eben vor ihm.
»Wiedersehen«, sagte Schwarz und wollte sich an ihm vorbeidrücken. Doch er trat ihm in den Weg.
»Würden Sie mich bitte durchlassen?«, sagte Schwarz bestimmt.
Der junge Mann blickte an ihm vorbei zu Perfall, der in den Flur getreten war. Dieser war offenbar wieder unsicher, ob er Schwarz gehen lassen sollte.
Da klingelte es.
Danke, Eva, dachte Schwarz und sagte: »Ah, Kolbinger.«
Einen Moment später hörte er den Türöffner.
Eva wartete mit ihrem Rollstuhl vor dem Haus.
»Anton, was soll das? Ich stehe im absoluten Halteverbot.«
»Los«, sagte Schwarz, »bevor sie es sich anders überlegen.«
46.
Der Wolkenvorhang riss auf und gab den Blick auf Wendelstein und McDonald’s frei.
»Ach, Bayern«, seufzte Schwarz. »Hat dir mal jemand gezeigt,
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