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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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Fahrrädern.
    »Entschuldigung, gibt es hier in Steinsberg keine Fremdenzimmer?«
    »Nein, leider nicht«, sagte die eine.
    »Hier macht keiner mehr Urlaub«, die andere.
    »Lass es uns beim Pfarrer versuchen, Eva«, sagte Schwarz. »Bei dem sind die Menzinger untergekommen, als sie nicht mehr ins Kloster durften.«
    Er verschwieg, dass die Ministranten im Garten gezeltet hatten.
    Pfarrer Schickinger stand unter dem steinernen Türsims des Pfarrhofs, stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete die beiden. Er war knapp sechzig Jahre alt, eine stattliche Erscheinung, groß, schwer, aber nicht korpulent, und trug einen schwarzen, an den Seiten ergrauten Vollbart.
    »Ich, vermieten?«, sagte er. »Und was wollt ihr in Steinsberg?«
    Schwarz und Eva blickten sich an.
    »Wir sind kunstgeschichtlich interessiert«, sagte Eva schnell.
    »Ach so, dann kommt ihr wegen der Klosterkirche.«
    »Ja, genau.«
    »Da habt ihr aber Glück: An Feiertagen wie Maria Himmelfahrt ist sie ausnahmsweise geöffnet. Oder habt ihr das gewusst?«
    »Gehofft«, sagte Eva.
    »Heißt das«, fragte Schwarz vorsichtig, »dass Sie uns was vermieten würden, Herr Pfarrer?«
    »Die Betten müsst ihr selber beziehen und das Frühstück gibt’s auch nur so, wie ich es esse.«
    »Kein Problem«, sagte Schwarz und blickte zu den drei hohen Steinstufen vor der Tür.
    Aber der Pfarrer ging bereits um Eva herum, packte mit beiden Händen den Rollstuhl und trug ihn mühelos in den kühlen, leicht säuerlich riechenden Flur. Dort setzte er Eva vorsichtig ab und kratzte sich nachdenklich am Bart.
    »Das Fremdenzimmer ist nichts für die junge Frau. Das ist ganz oben unterm Dach. Ich gebe ihr eine Kammer im Parterre. Aber du gehst ’nauf.« Er meinte Schwarz.
    Es dauerte eine Weile, bis die beiden länger nicht mehr benutzten Zimmer hergerichtet waren. Der Pfarrer fand nicht gleich die Leintücher, in Evas Kammer fehlten das Kissen und die Lampe für den Nachttisch. Als alle Probleme gelöst waren, erkundigte Pfarrer Schickinger sich bei seinen Gästen, wo sie zu Abend essen wollten.
    »Was können Sie denn empfehlen?«, sagte Schwarz.
    »Nichts. In Steinsberg gibt’s keinen Wirt mehr.«
    »Aber doch sicher irgendwo in der Nähe?«
    »Die können alle nicht kochen – ihr bleibt’s bei mir«, sagte Schickinger in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.

48.
     
    Eva assistierte dem Pfarrer, und pünktlich um halb sieben stand in der mit dunklem Holz getäfelten Stube ein Steinpilzragout mit Semmelknödeln auf dem Tisch.
    Schickinger erklärte, dass die Schwammerl wegen des ständigen Wechsels von Regen- und Sonnentagen in letzter Zeit besonders aromatisch seien. Auch den Weißwein könne er guten Gewissens empfehlen, er verwende ihn seit Jahren als Messwein. Als Schwarz fragte, ob er vielleicht ein Bier haben könne, reagierte er mit unwilligem Kopfschütteln. Bier sei von gefräßigen Mönchen als Ersatznahrung für die Fastenzeit erfunden worden und so schmecke es auch. Aber das Steinsberger Wasser sei sehr gesund.
    Der Priester murmelte ein kurzes Gebet, machte ein Kreuzzeichen über den Töpfen und nickte dem Herrgott im Eck zu, als wäre dieser sein dritter Gast. Er bediente sich selbst und begann sofort zu essen. Offenbar war er es so gewohnt.
    Schwarz stand schmunzelnd auf und füllte die Teller für Eva und sich.
    Das Ragout war mächtig, aber köstlich.
    »Sind Sie schon lange in Steinsberg, Herr Pfarrer?«, versuchte Schwarz ein Gespräch.
    Schickinger schüttelte den Kopf. »Noch keine vier Jahre.«
    »Wie ist das eigentlich? Bewirbt man sich als Priester um so eine Stelle, oder wird das von oben entschieden?«
    »Sie glauben doch nicht, dass ich freiwillig in Steinsberg bin?«
    Während er einen Knödel mit dem Löffel in Stücke teilte, warteten seine Gäste auf eine Erklärung.
    »Ich bin strafversetzt worden.«
    »Wirklich? Darf ich fragen, warum?«, sagte Schwarz.
    »Dürfen Sie. Das weiß hier jeder. Ich habe bei der Sterbemesse für meine an Krebs gestorbene Haushälterin gesagt, dass ich mal neben ihr begraben werden möchte. Das haben einige besonders eifrige Gläubige dem Bischof gemeldet, und der hat sich gefreut. Er hat mich schon länger im Visier gehabt.«
    Er lachte übertrieben laut, verschluckte sich und spülte das am Gaumen klebende Stück Knödel mit einem großen Schluck Wein hinunter.
    Im Laufe des Abends taute Pfarrer Schickinger weiter auf und erzählte Anekdoten aus dem Studium und der Arbeit in seiner alten

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