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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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harmloses Lamm. Der ist ganz das Gegenteil vom Sankt Martin.«
    »Kräutermischungen?«
    »Ja, so Tees eben … Sie verstehen schon … Er trinkt mit seinen Freunden heftiges Hexengesöff …«
    »Kenne ich den?«
    »Bestimmt, ein großer und kräftiger Kerl … Der ist auch aus dem Dorf wie der Metzger. Er ist ein Bruder vom Alien, der die Nieves aus der Genossenschaft geschwängert hat … Meistens hat er ein Trikot von Maradona an. Er behauptet steif und fest, Maradona und er hätten sich in einer Bar in Varadero getroffen und hätten ihre T-Shirts getauscht. Vor ein paar Jahren war er tatsächlich mal mit seinem Bruder in Kuba. Vermutlich hing ihnen das Kingdom damals zum Hals heraus.
    Die Geschichte mit dem Trikot wird dadurch natürlich nicht glaubhafter. Schauen Sie sich doch nur mal die Größe von dem Trikot an. Darin würde Maradona ja aussehen wie im Morgenrock mit Schleppe … Der Typ ist im Grunde so dämlich, dass er glaubt, alle würden ihm die Geschichte abnehmen. Und niemand hat Lust, diesem ein Meter neunzig großen, unberechenbaren Exemplar etwas ins Gesicht zu sagen. Ihnen dürfte bereits aufgefallen sein, dass ich ein alter harmloser Säufer bin, der seine Klappe nicht halten kann.
    Aber Sie können mir glauben, dass ich eines Nachts hier im Lokal dachte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen, weil ich es wagte, ihm zu widersprechen. Die Susi hat mich damals gerettet. Die hat sich zwischen uns gestellt. Und ich hatte Glück, dass der Typ keinen Bock hatte, sie zu schlagen. Das können Sie mir glauben. Mit dem müssen Sie vorsichtig sein. Und auch mit der Heidi. Nach ein paar Gläschen schmeißt die einem sonst was an den Kopf.«
    Sankt Martin kommt zurück. Die Nase ist gerunzelt, da er sie mit seinem Daumen bearbeitet, bis er sich den Popel in den Mund gesteckt hat.
    »Meinem Freund, Peter dem Großen, habe ich gerade erzählt, dass Heidi ihn gern mal vernaschen würde.«
    »Mach das ja nicht, mir tut der Schwanz immer noch weh … Wer es aber wirklich mal wieder nötig hätte, wäre die Schickse aus dem Pub. Scheiße noch mal, vielleicht hört die dann auf, so fies zu grinsen, das nervt.«
    ***
    »Du schwule Sau, machst Du die Beine breit, oder was?«
    P sitzt auf einem Stuhl vor dem Pub und bleibt cool sitzen, obwohl Kainsmals Fuß auf seinem steht. Er räuspert sich und antwortet ihm langsam und deutlich.
    »Hör mal, mit mir redest Du in einem anderen Ton, verstehst Du?«
    Seine Augen sind auf Höhe des Magens von dem Typ, der seitlich links von ihm steht. Mehr muss P gar nicht sehen: die hängenden Hände, die Beine und ein Paar empfindliche Zonen, auf die er gegebenenfalls ohne Rücksicht auf Verluste zurückkommen würde. Mehr als eine Sekunde verstreicht. Keine Reaktion. Nicht einmal ein Wort. Was dafür spricht, dass der Typ die Situation erst einmal verarbeiten muss. Aber mittlerweile muss er zusehen, wie er sich erhobenen Hauptes vor den drei, vier Jugendlichen mit ihren bunt gefärbten Haaren aus der Affäre zieht, die ihrerseits die Szene beobachten. Schließlich zieht er den Fuß zurück. Seine Stimme dröhnt in die andere Richtung: »Habt Ihr gesehen, was für schwule Säue heute Nacht aus ihren Löchern gekrochen kommen … Scheiße noch mal, darauf müssen wir einen trinken.«
    P beschließt, sich nicht angesprochen zu fühlen, es ihm aber gleichzeitig auch nicht zu leicht zu machen. Er bleibt noch eine Weile sitzen. Wenn der Typ ins Pub will, wird er ihn wohl oder übel bitten müssen, an ihm vorbeigehen zu dürfen. Andernfalls müssten sie die Autos zur Seite fahren, um von der anderen Seite hineinzugelangen. So ein Rangieren wäre natürlich auch ein Zeichen. Kainsmal rührt sich nicht vom Fleck. Da sein Bier alle ist, trinkt er eben bei seinen Freunden mit. P zögert seinerseits das Austrinken hinaus, indem er mehr raucht als trinkt. Eine viertel Stunde hält er es noch draußen aus. Trotz der Kälte. Nachdem er so sein Terrain abgesteckt hat, steht er von der Bank auf, öffnet die Türklinke und geht ins Lokal hinein.
    Drinnen herrscht freitägliche Betriebsamkeit. Die Tische sind voll besetzt. An der Theke ist Gedränge. Im Rekorder dreht die unvermeidliche Kassette von Creedence wieder mal ihre Runden. Hänsel ohne Gretel, der Franzose, trinkt auf die Theke gestützt ein Bier. P beschließt, sich neben ihn zu stellen. Aus der Nähe besehen scheint er um die vierzig zu sein, was man wegen der glatten, fast bartlosen Haut und den ausgebleichten Haaren gar nicht denken

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