Im Namen Des Schweins
abgeben müssen. Zumindest die Plakette würde er gerne als Andenken behalten. Die Pistole dagegen wird er nicht vermissen. Er trägt sie auch niemals bei sich. Vielleicht sollte er sich dann ein Handy kaufen … für das neue Auto.
Als er zurück an den Tresen kommt, fällt ihm auf, dass zwei Leute telefonieren und eine dritte Person versucht, an ihrem Tischchen mit einer Hand den Zuckerbehälter zu öffnen. Eigentlich irritiert ihn dieser ständige Umgang mit Handys ein wenig. Die Leute scheinen dadurch mit etwas beschäftigt, was nur sie allein betrifft. Gleichwohl sind die Geräte nützlich, erwägt der Kommissar. Er denkt wieder an Tomas, der in Horlá nicht zu erreichen ist, weil es kein Netz gibt. Andernfalls könnte er ihm sofort die Nachricht einer gewissen Susana Ortega ausrichten. Nette Stimme. Eine Freundin … Offenbar sehr jung. Außerdem könnte er ihn immer mal anrufen, um zu erfahren, wie es ihm geht. Dem Kommissar fällt die letzte Unterhaltung ein, die sie im Juli in Calabrava geführt haben. Da erwähnte er einen Ring. Einen Ring, den er für eine Frau gekauft hat. Aber er hat auch gesagt, dass sie Irin sei. Dann kann sie nicht akzentfrei Spanisch sprechen und Susana Ortega heißen … Auf jeden Fall würde er ihm die Nachricht gern so schnell wie möglich zukommen lassen. Tomas hat zum ersten Mal in seinem Leben so etwas gemacht: einen Ring gekauft. Er selbst hat auch erst einmal in seinem Leben einen Ring verschenkt.
Vielleicht sollte er derselben Frau jetzt einen zweiten schenken. Der Anlass wäre angemessen: Sie sind ja dabei, ein neues Leben zu beginnen.
Er könnte ihr erneut einen Antrag machen. Mit einem Ring. Und vielleicht sollte er auch eine Reise planen: zweite Flitterwochen. Zweiunddreißigjahre später. Bei den ersten sind sie mit einem gemieteten Sechshunderter durch die Dörfer im Landesinneren gebrettert.
Bei den zweiten könnten sie sich ein gutes Hotel leisten. Paris, Venedig, irgendeinen romantischen Ort …
Ob New York eine romantische Stadt ist? Er erinnert sich an einen alten Film, in dem sich ein Pärchen auf einem Schiff kennenlernt und dann oben auf dem Empire State Building verabredet, aber sie kommt nicht, weil ihr ein Unfall in die Quere gekommen ist … Mercedes zu überzeugen, in ein Flugzeug zu steigen, dürfte allerdings schwierig werden. Dann fällt New York weg. Besser Paris. Mit dem Wagen, den er bei Audi bestellt hat, wären sie in Windeseile dort. Man würde die Kilometer gar nicht spüren. Es hat Klimaanlage und allen erdenklichen Schnickschnack. Selbst eine Einrichtung für ein Telefon, bei dem man einfach so in den offenen Raum hinein spricht.
So ein Telefon wird er sich auf alle Fälle zulegen müssen. Keine Frage.
***
Als sie am Montag in Calabrava ankommen, nimmt der Kommissar die schrittweise Vorbereitung des kleinen Anschlags weiter in Angriff. Freitag hatte er in der Stadt damit begonnen. Am Morgen nach dem großen Abschiedsessen.
Er bringt seine Frau nach dem Markteinkauf bis zur Haustür, um dann angeblich den neuen Audi auf dem Tiefgaragenplatz abzustellen, den sie extra dafür in einem nahegelegenen Gebäude gemietet haben. In Wirklichkeit fährt der Kommissar an den Strand auf den öffentlichen Parkplatz und lässt das Auto in der Nähe der Boote stehen, die dort im Sand liegen. Der nächste Schritt wird etwas schwieriger. Kurz vor dem Essen verdrückt der Kommissar sich in die Diele. Seine Frau putzt gerade die Muscheln. Währenddessen packt er alles in die Sporttasche, was ihm sinnvoll erscheint. Dann geht er unter dem Vorwand, dass er ganz vergessen habe, die Zeitung zu kaufen, hinunter auf die Straße und bringt die Sporttasche schnell in den Audi.
Er legt sie in den Kofferraum. Im Gegenzug holt er den Kleidersack und den Koffer aus dem Auto, die er am Freitag ebenfalls heimlich aus der Wohnung geschmuggelt hat. Er läuft damit zurück in die Wohnung und verstaut sie in dem Zimmer, das bei ihnen »Gästezimmer« heißt, obwohl es eigentlich nie benutzt wird. Der Schrank dort ist leer. Seine Frau ist so in der Küche beschäftigt, dass sie von der ganzen Aktion nichts mitbekommt. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, das sich etwas hinter ihrem Rücken abspielen könnte.
Der restliche Tag verstreicht so, als wäre nicht Montag, sondern Samstag. Sie essen zu Hause zu Mittag. Dann machen sie eine lange Siesta und einen Spaziergang durch das Dorf. Die Straßen sind ohne die Urlauber und Wochenendbesucher unendlich viel leerer. Wie durch
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