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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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die auf dem Weg zurück ins Esszimmer sind. Bevor sie hereinkommt, bleibt sie einen Moment an den Türrahmen gelehnt stehen:
    »Okay, warst Du noch nie verknallt?«, ihre Stimme ist ernst, aber ruhig.
    P atmet ein, senkt den Kopf, bis er ihn in seine Hände legt: »Was ist denn mit euch los? Seid ihr alle synchronisiert? Zum zweiten Mal in dieser Woche stellt mir jemand diese Frage und ebenfalls zum zweiten Mal in dieser Woche schlägt mir jemand einfach so Sex vor, ohne jede Vorgeschichte.«
    »Ich weiß: Das Priesterlein, der alte Wichser, will, dass Du ihn fickst …«
    »Oh, wunderbar: Ich hatte ganz vergessen, dass hier jeder über alles informiert ist … Was meinst Du, ob wir es schaffen ein einziges Mal eine normale, freundliche Unterhaltung zu führen? Mit etwas Bemühen um gegenseitiges Verständnis? Oder zumindest ein bisschen Taktgefühl?«
    »Ach so, Du stehst auf Schleimerei und schöne Worte, wie der bescheuerte Franzose … Das findest Du gut, ja? Scheinheiligkeit und so …?«
    »Du hast es erfasst. Schau mal: Ein klein wenig Heuchelei wäre ganz gut … Ich würde mich gern einen Augenblick von diesen bohrenden Fragen und irgendwelchen unangebrachten Geständnissen erholen. Das fängt nämlich langsam an, anstrengend zu werden, verstehst Du?«
    Nicht die Bohne: »Siehst Du denn nicht, dass ich mich in Dich verknallt habe, Du Vollidiot!?«, dabei wird ihre Stimme wieder ein bisschen schriller.
    »Okay, sie hat es ja nicht anders gewollt«, sagt P zu sich selbst.
    »Was zum Teufel redest Du da … Du sagst ständig so komische Sachen … Oh, Du bist so ein mieses Arschloch!«
    »Hey, tu mir den Gefallen und beruhige Dich, ja?«
    »Gib mir den Joint zurück. Ich will was rauchen.« P reicht ihn ihr hinüber. Sie kniet sich im Anorak hin und greift gleichzeitig nach der Büchse Bier. Es dauert ein bisschen, bis sie weiterredet: »Ich hatte mal einen Freund, der war so ähnlich wie Du.«
    »Du meinst auch so ein ›mieses Arschloch‹«?
    »Ach, halt doch einfach mal die Klappe und hör zu …
    Das war mein erster Freund, der hieß Sören. Damals in Oslo. Sein Vater hatte eine Fabrik mit Wasserhähnen und viel Geld. Ein Söhnchen aus gutem Haus. Ich war sehr hübsch. Er war sehr hübsch. Zusammen waren wir zwei große, blonde und gute vikings. Ich bin nicht aus Oslo, sondern aus einer kleinen Stadt, aus Algård, das liegt im Süden. Ich war so verliebt in ihn und hatte vor ihm noch nie Sex gehabt. Wir wollten heiraten, Kinder kriegen, alles ganz traditionell, wie im Bilderbuch, okay?« Sie trinkt einen Schluck Bier, redet schnell. »Vor der Heirat sind wir im letzten Sommer in den Semesterferien mit allen nach Amerika gereist, nach Kalifornien. Waren halt die sixties , O.K.? Wir wollten alle glücklich sein, in der Sonne liegen am heißen Strand. Die Beach Boys waren damals angesagt … ’round, ’round, get around, I get around … Wir haben uns in einem schönen Hotel eingemietet in Long Beach.
    Alle Jungs zusammen und alle Mädchen zusammen wie die Schüler. Und wenn zwei miteinander schlafen wollten, gingen sie an den Strand. Damals sagten wir make love und nicht fuck … Da waren alle noch romantisch, nicht wie jetzt.«
    »Okay, aber …?«
    »Halt die Klappe …«, sie schenkt sich ihr Bierglas erneut voll, holt noch ein bisschen Haschisch heraus und fängt an, es zu zerbröseln. Der Rhythmus wird langsamer: »Eines Nachts, bei sunset , gingen mein Freund und ich runter an den Strand, um Liebe zu machen. Unser Platz war hinter einem autocaravan, in dem tagsüber Eis verkauft wurde: Dahinter waren wir ein bisschen versteckt. Wir waren gerade dabei, als wir plötzlich etwas um uns herum hörten. Ein paar Jugendliche. Mexikaner. Sechs. Das wusste ich danach genau. Die meinten, wir sollten genauso weitermachen, sie wollten zusehen: O.K., don’t stop, go ahead. Mein Freund stand auf und sagte, sie sollten verschwinden.
    Einer hatte ein Messer. Andere kamen hinter dem autocaravan hervor und packten ihn an den Schultern. Sie haben ihn dann auf den Boden geschmissen und sich auf ihn gestürzt, ihn zusammengeschlagen und dann mit einer Schnur gefesselt. ›Okay‹, sagte der Mexikaner mit dem Messer, ›wenn Du nicht weitermachen willst, dann machen wir es eben.‹ Ich schrie, aber die haben mich geschlagen und mir Sand in den Mund gestopft, so dass ich fast erstickte. Und dann sind sie alle einmal über mich rübergestiegen. Das hat tierisch weh getan, aber ich hatte den Sand im Mund und in den

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