Im Namen Des Schweins
Währenddessen läuft er hinein, bis ihm das Wasser bis zum Bauchnabel geht. Dann wirft er sich ins Wasser, um hinter ihr herzutauchen.
Unter Wasser packt er sie an den Beinen. Sie schreit und strampelt. Das Wasser ist nicht sehr tief. Sie steht, die Brüste schweben auf der Wasseroberfläche, und spritzt den Kommissar nass, sobald sein Kopf auftaucht. »Das Wasser ist wundervoll«, sagt sie. »Du bist wundervoll! Gib mir einen Kuss!«
»Hör jetzt auf mit dem Quatsch …« Da legt er ihre Hände um seinen Hals und trägt sie schwerelos durchs Wasser, bis sie rittlings auf ihm sitzt. Er hält sie an den Pobacken und die beiden sehen aus wie eine akrobatische Einlage beim Rock and Roll. Sie tropfen vor Salzwasser und küssen sich lange. Sie ändern nichts an ihrer Haltung, während der Kommissar sich wortlos auf den Weg ans Ufer macht. Je tiefer der Wasserspiegel im Vergleich zum Körper wird, desto mehr beklagt er ihr Gewicht. Aber er läuft bis zu den ersten Booten, dann stellt er ihre Füße in den Sand. Der Kommissar setzt sich erst, lässt sich dann in den Sand fallen und sagt »Komm«. Er greift nach ihrer Hand und lädt sie ein, auf seinen Körper zu steigen. Sie macht es. Beide suchen einen Weg, sich aneinander zu schmiegen und ihre Atmung in Gleichklang mit dem langsamen, aber doch anmutigen Auf und Ab des Meeres zu bringen.
Es ist kein Samstag, sondern eine Montagnacht: Montag, der 10. September des Jahres 2001. Tags darauf, am Dienstag, den 11. September, stehen sie sehr spät auf. Am Nachmittag lassen sie aus gegebenem Anlass ihren Spaziergang ausfallen: Sie verfolgen erschüttert die Sondersendungen im Fernsehen.
***
Die Heizung wurde in Calabrava installiert. Es bleiben ihnen noch zwei Wochen Zeit, um die Wohnung neu zu streichen, bevor sie Mitte November nach Paris fahren. Von einem Handwerker haben sie sich einen Kostenvoranschlag erbeten. Er hat ihnen allerdings gleich im Voraus angekündigt, dass er mit der Arbeit nicht vor Dezember beginnen könnte.
»Was denkst du?«, fragt Mercedes, nachdem der Handwerker gegangen ist und ihnen eine Karte mit seiner Telefonnummer da gelassen hat.
»Das ist schon Geld. Weißt Du, was ich überlege?«
»Was?«
»Unsere Wohnung streichen zu lassen, kostet so viel wie eine Nacht in der Präsidentensuite im Ritz in Paris. Die Preisliste lag im Prospekt.«
»Was willst Du denn damit sagen …?«
»Wir könnten die allerletzte Nacht auf unserer Reise mit dem Geld auch dort verbringen. Als würden wir in die Flitterwochen fahren …«
»Sag mal, wie oft willst Du eigentlich in die Flitterwochen fahren?«
»Weiß noch nicht … Vielleicht so alle zwei, drei Monate?«
»Würde es Dir denn nicht leid tun, so viel Geld für eine einzige Nacht auszugeben? Da kann es doch noch so sehr eine Präsidentensuite sein?«
»Wenn ich die Wohnung selbst streichen würde, wäre die Nacht sozusagen gratis … stimmt’s?«
»Na, das ist mir ja eine Rechnung … Glaubst Du denn, dass Du überhaupt eine ganze Wohnung streichen könntest? Du bist solche körperliche Arbeit nicht mehr so gewöhnt …«
»Willst Du damit sagen, dass ich nicht in Form bin?«
»Sei nicht doof …«
»Erzähl mir nicht, Du hättest keine Lust, mal eine Nacht wie eine Königin zu verbringen … Ich habe doch gesehen, wie Dir die Augen aus dem Kopf gefallen sind, als Du Dir die Fotos von den Bädern angesehen hast …«
»Das ist einfach nichts für uns …«
»Gut, dann machen wir es andersherum. Statt diesem Herrn da den Auftrag zu geben, könntest Du ihn auch mir geben, stimmt’s? Zumindest wenn ich nicht teurer bin … Und der gute Mann hat im Gegensatz zu mir mehr als genug Arbeit, das hast Du ja gehört. Ich dagegen würde mir gern noch etwas dazuverdienen.«
»Wieso? Wofür denn …?«
»Was geht Dich das denn an: Beispielsweise könnte es doch sein, dass ich unbedingt meine Frau einmal ins Ritz ausführen möchte.«
Die schlüssige Argumentation erklärt, warum der Kommissar an einem kühlen und sonnigen Mittwoch, dem 31. Oktober, seinen funkelnagelneuen Audi aus der Garage in Calabrava holt, um die notwendigen Materialien in einem Industriegebiet im Norden der Stadt einzukaufen. In der Zwischenzeit deckt seine Frau in der Wohnung die Möbel mit Laken ab und bereitet das Essen vor: Fleischklöße in Mandelsoße, die sich ihr Gatte bestellt hat. Sie wiederum hat bei ihm Süßspeisen und Kastanien in Auftrag gegeben, um sie am Abend zu braten und Allerseelen zu begehen. Um zwölf hat
Weitere Kostenlose Bücher