Im Namen Des Schweins
des Frühlings eine andere zu sein. Mercedes, die Frau des Kommissars, ruht sich still neben ihm aus. Er konzentriert sich darauf, die kleinlichen Geschwindigkeitsbegrenzungen nicht zu überschreiten, die zudem manchmal nur schwer zu erkennen sind. Ihm fällt auf diesem Stück der Autobahn die letzte Fahrt mit Varela ein. Dadurch schweifen seine Gedanken zu dem Uni-Pork-Fall, genauer gesagt, zu dem Bericht des Forensikers Prades, den er am Nachmittag zuvor vollständig gelesen hat. Mit seiner Frau will er lieber nicht über die Geschichte sprechen. Im Allgemeinen vermeidet er es, ihr von solchen schaurigen Vorfällen zu erzählen. Daher fährt er still und versunken weiter.
Prades hat Spuren einer Alkaloid-Vergiftung in der Leiche nachgewiesen. Alkaloid ist eine Substanz, die der Kommissar nicht kannte. Die Vergiftung ist, so steht es im Bericht, auf die Zufuhr von Stechapfel zurückzuführen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde die Substanz in einem Tee zugeführt. Stechapfel ist eine Pflanze, das ist dem Kommissar bewusst, die je nach Dosis wie eine medizinische Pflanze oder wie ein Halluzinogen oder wie ein Gift wirkt, so wie Bilsenkraut auch oder Tollkirsche oder bestimmte Arten des Salbeis. Trotzdem gibt es keinen Schwarzmarkt für Stechapfel. Höchstwahrscheinlich, weil das Zeug wie Unkraut auf irgendwelchen Brachen wächst. Außerdem ist es nicht als illegale Substanz erfasst, so dass der Konsum die Polizei eigentlich auch nichts angeht. Nun hat der Kommissar sich mit Hilfe der Materialien, die Varela im Internet gefunden hat, ein wenig mit der Sache befassen müssen. So wie es aussieht, sind die meisten Vergiftungen mit Alkaloid zufällig. Gelegentlich landen vor allem kleine Kinder in den Krankenhäusern, die von den Blüten oder den Samen gegessen haben. Behandelt wird mit Beruhigungsmitteln. Wichtig ist, die Patienten von jeglichen Sinnesreizen fernzuhalten. Am besten bleiben sie in Begleitung einer Vertrauensperson. Die soll die Ruhe bewahren und beruhigend auf den Patienten einwirken. Unter allen Umständen gilt es Angstzustände und Horrortrips zu vermeiden. Was für Halluzinationen muss da eine Frau ausgestanden haben, fragt sich der Kommissar, die entführt und auf einen Schlachthof gekarrt wurde, um dort zeremoniell geopfert zu werden. Um abgeschlachtet zu werden. Wieso geht ihm der Begriff »zeremoniell geopfert« durch den Kopf? Wieso dieser Ausdruck? Etymologisch kommt »gebaut werden« von »einen Bau herstellen«, erinnert sich der Kommissar dunkel. Dann muss »geopfert werden« im Analogieschluss daher kommen, »ein Opfer herzustellen«. Im Sinne von »etwas Heiliges herstellen«. Es hat auch etwas mit »Weihe« zu tun.
Mitten im Gedankengang überholt ihn ein Audi A3 auf der linken Fahrbahn. Er vergleicht empört die Geschwindigkeit auf dem Tachometer: 120. Das lenkt seine Gedanken in eine andere Richtung.
Er räuspert sich, bevor er zu seiner Frau sagt: »Was hältst Du von der Idee, uns ein neues Auto anzuschaffen?«
»Wie bitte?«
»Ich meine, wir könnten uns ein neues Auto kaufen. Mir gefallen diese Audis, die jetzt überall herumfahren. Diese kleinen Wagen, weißt Du, wie der, der uns gerade wie ein Verrückter überholt hat.«
»Meinst Du ein gelbes? Das mag für junge Leute ja das Richtige sein, aber für uns …«
»Schatz, ich meine das Modell. Die Farbe kann man sich dann aussuchen. In einem dunklen Silber-Metallic sieht er wunderschön aus.«
»Für mich sind alle Autos gleich. Das weißt Du doch …«
»Wie können die denn alle gleich aussehen? Der ist doch viel kleiner als unserer und hat eine ganz andere Form. Siehst Du das denn nicht?«
»Was weiß denn ich. Der ist doch schon über alle Berge.«
»Gut. Sobald wieder einer kommt, zeige ich ihn Dir. In letzter Zeit sieht man sie häufig …«
Eine Weile denkt sie darüber nach, wie sie es sagen soll:
»Und wie teuer sind die?«
»Wer?«
»Die Saudis?«
An der Stimme ist deutlich zu hören, dass der Kommissar einen Witz macht: »Das kommt darauf an. Gelbe sind im Sonderangebot, weil die nur junge Leute kaufen …«
»Lass doch bitte den Unsinn … Ich denke ja nur, dass in Calabrava auch eine Renovierung auf uns zukommt. Wir wollten doch beispielsweise eine Gasheizung installieren lassen. Damit wir auch im Winter mehr Zeit dort verbringen können, wenn Du erst einmal pensioniert bist …«
»Gut. Dann lassen wir die eben einbauen. Das kostet heutzutage ja kein Vermögen mehr.«
»Du meinst im Vergleich zu
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