Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
Vom Netzwerk:
Keilbein. Die Hebelwirkung seines eigenen Körpers renkt ihm durch die unglaubliche Haltung beim Fallen den Oberschenkelhalsknochen aus. Man hört ein tiefes »Oh« im Moment des Trittes, danach ist nur noch ein jämmerliches Röcheln zu vernehmen, das an den Dämmerschlaf eines frisch Operierten erinnert.
    T ist zwar noch nicht richtig warm geworden, aber der befriedigte Ehrgeiz lässt ihn stark atmen. Er zieht sich das Hemd zurecht und schaut sich das Sweatshirt im Licht der Straßenlaterne an. Es scheint seine Größe zu haben. Auf der Brust ist NY in Großbuchstaben blau aufgedruckt. Das gefällt ihm nicht so, aber einem geschenkten Gaul … Auf der Straße ist es noch ruhig, wobei jeden Augenblick jemand aus einer der Avenues einbiegen kann. Ein Fußgänger ist sogar bereits dabei, von dem Bürgersteig vor dem Empire State herüberzukommen, so dass er sich aus dem Staub machen sollte. Er spürt eine tiefe Erregung, etwas, was seit Tagen, ja seit Wochen eingeschlafen war. Er überlegt, ob es sich lohnt, zurück zu dem Eingang der Bar zu gehen und eine der Prostituierten mit auf sein Hotelzimmer zu nehmen. Aber es ist mittlerweile fast fünf, und als er auf sein gerade erworbenes Sweatshirt schaut, das in seiner Hand baumelt, fällt ihm wieder ein, dass er morgen Vormittag eine liebreizende Verabredung hat.

In der Welt
    Der Verkäufer hat ihn erkannt, da ist der Kommissar sich sicher, sobald er das Plattengeschäft betreten hat. Man spürt es an der gespielten Gleichgültigkeit, mit der er die Wimpern senkt. Der junge Mann trägt diesmal eine Art braune Bluse, die durch unzählige kleine Falten so zerknittert ist, dass der Kommissar intuitiv auf Absicht schließt. Der weiße Lackledergürtel, der seine Hosen ziert, ist ohne jeden Zweifel derselbe.
    »Guten Tag, junger Mann.«
    »Tag … Kassetten führen wir leider immer noch nicht. Kann ich Ihnen sonst irgendwie behilflich sein?«
    »Verkaufen Sie noch CDs oder sind die auch schon überholt?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Hervorragend, dann empfehlen Sie mir bitte einen richtigen Knaller, seien Sie so freundlich.«
    »Ja … Sie werden sich leider auch noch angewöhnen müssen, einem Verkäufer mehr Anhaltspunkte zu liefern …«
    »Also, die letzte Scheibe, die ich mir geholt habe, war von Raphael oder von dem … Chumbelbel Jámperdin oder wie der heißt, die waren gut … Also so was in der Richtung … Sagen wir … mmh … Aus den achtziger Jahren … Eine, die richtig Klasse hat.«
    »Oh, in den Achtzigern hatten fast alle Klasse. Da muss man sich bloß ein Video von Boy George ansehen …«
    »Ah ja? Na, und da gab es die Sachen auch noch auf Kassetten.«
    »Das wissen Sie besser als ich: Damals war ich, wie ich zu meiner großen Freude gestehen muss, fast noch nicht geboren.«
    Der Kommissar kann sich nicht zurückhalten: »Zu meiner auch … Aber fragen Sie mich nicht warum.«
    »Das möchte ich erst gar nicht wissen. Heute Morgen habe ich überhaupt gar keine Lust, unfreundlich zu werden. Wollen wir einen Blick in die Regale werfen?« Der Kommissar kann sich erneut nicht rechtzeitig bremsen: »Ist das nicht ein bisschen arg altmodisch, Kunden an die Regale zu begleiten?«
    »Machen Sie sich keine Sorgen; bei Alten und Behinderten sind wir immer besonders hilfsbereit.«
    Der Kommissar geht wieder einmal als Verlierer, dafür aber mit einem Sampler von Madonna aus dem Laden. Diesmal versucht er erst gar nicht, die Tüte aus dem Plattenladen zu verstecken. Er läuft längs am Gebäude des Morddezernats vorbei und geht weiter zu den Einkaufszentren. Dort geht er zur FNAC. Auf den ersten Blick erzeugt die Innenausstattung in ihm das Gefühl, sich in einem Großhandel in die Abteilung für Autozubehör verirrt zu haben. Er stöbert ein bisschen zwischen den Handys herum, schaut einem Videospiel zu, das allein vor sich hinspielt und stolpert dann gewissermaßen über die Auslagen der Neuerscheinungen ausgewählter Verlage. Ein gewisser Carlos Ruiz Zafón, ein Javier Cercas, eine Ángela Vallvey und ein gewisser Quique Aribau liegen da versammelt … Kein einziger Name kommt dem Kommissar bekannt vor. Er denkt an Schriftsteller, die er kennt. Camilo José Cela. Gonzalo Torrente Ballester. Alvaro de Laiglesia. Alle drei sind bereits tot, denkt er. Das macht Neuerscheinungen unwahrscheinlich. »Die Zeiten ändern sich, mein Herr.« Er nimmt eines der Bücher in die Hand. Der gelbe Buchumschlag ist ihm aufgefallen. Außerdem hat es den bescheuertsten Titel,

Weitere Kostenlose Bücher