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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pablo Tusset
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den der Kommissar je gelesen hat: Wie ich beim Düngen der Geranien über den Schlauch fiel. Er liest den erstbesten Abschnitt, der ihm ins Auge springt, legt es aber gleich wieder zu Seite. Die orthographischen Fehler und die extrem anstößige Sprache irritieren ihn. Auf diesem Tisch wird er jedenfalls nicht das finden, was er sucht. Es dauert nicht lange, bis ihm dämmert, dass er Hilfe benötigen wird. In der Mitte des Gangs entdeckt er eine Informationstheke, hinter der ein Mädchen an einem Computer sitzt. Er holt das Zettelchen heraus, auf das Puértolas, der Psycho, selbstverständlich in der Handschrift eines Mediziners, den Titel notiert hat.
    »Junge Frau, ich suche ein Buch.«
    »Was für eins?«, fragt das Mädchen und hebt den Blick. Der Kommissar liest mit einigen Schwierigkeiten: »Also … Der Autor heißt R. Hare oder Mare oder Here … Den Titel habe ich in Großbuchstaben. Da bin ich mir sicher: Gewissenlos.«
    »Ah ja.« Das Mädchen tippt etwas ein. »Das finden Sie bei uns unter Psychologie. In dem Regal hinter den Taschenbüchern.«
    »Verzeihen Sie, könnten Sie mir vielleicht behilflich sein. Ich kenne mich hier überhaupt nicht aus.« Die Verkäuferin nickt. Sie kommt hinter der Theke hervor und läuft durch den Mittelgang. Der Kommissar geht mit verschränkten Armen hinter ihr her. Er hält die Plattentüte aus dem anderen Laden so, dass sie nicht so auffällt. Das Mädchen reicht ihm ein Buch und der Kommissar konzentriert sich auf den Buch-Umschlag, um das Mädchen nicht mit seinem Blick zu durchbohren: Robert D. Hare, Gewissenlos. Die Psychopathen unter uns. Als er sich in der Lage fühlt, sie dankbar anzulächeln, wagt er es, dem Mädchen in die Augen zu schauen und zu fragen: »Was bin ich Ihnen schuldig?« Das Mädchen nimmt ihn leicht am Arm, um ihm den Weg in die andere Richtung zu weisen: »Nein, schauen Sie, Sie müssen dort drüben zur Kasse.«
    Auf dem Weg dorthin liest der Kommissar, teilweise auch, um seine Ungeschicklichkeiten als Anfänger in einem modernen Laden schneller zu vergessen, eine der ersten Seiten des Buchs. Dort werden die Grundgedanken bereits in Grundzügen skizziert.
    Es wird ein gewisser William March zitiert: Nette Menschen verdächtigen ihre Umwelt normalerweise nicht: Sie können sich nicht vorstellen, dass andere Menschen Dinge tun, zu denen sie niemals fähig wären. Normalerweise sind sie vielmehr bereit, die einfachsten Erklärungen zu akzeptieren und es dabei zu belassen. Gleichzeitig neigen die meisten normalen Menschen dazu, sich Psychopathen als kleine Monster vorzustellen, denen man ihren Charakter ansieht. Nichts ist weiter entfernt von der Realität [ … ] Diese Monster des alltäglichen Lebens sehen unauffälliger aus und verhalten sich unauffälliger als alle ihre normalen Brüder und Schwestern zusammen. Sie sind auf virtuose Weise dazu in der Lage, ein Bild von sich zu vermitteln, das überzeugender ist, als die Tugendselbst. So wie eine Wachsrose oder ein Plastikpfirsich viel eher so aussehen wie im Bilderbuch, als jede echte Blume oder Frucht.
    Als er an einer der Kassen steht und die elektronischen Vorrichtungen sieht, durch die er hindurchgehen muss, denkt der Kommissar, dass es besser sein wird, der jungen Frau, die ihn bedienen wird, Bescheid zu sagen: »Die CD habe ich woanders gekauft … Ich wusste ja nicht, dass sie hier Platten verkaufen …« Die junge Frau lacht. »Kein Problem.« Sie zieht das Buch über den Scanner und fragt den Kommissar, ob er eine Kundenkarte hat. »Kunde wovon?«
    Als dies ausgestanden ist, rechnet er beim Hinausgehen um, wie viel 14,25 Euro in Peseten sind. Das erscheint ihm nun doch teuer zu sein für eine einfache kleine Paperback-Ausgabe. Schließlich verspricht die Reklame garantiert günstigste Preise.
    Als er wieder in seinem Büro angekommen ist, bleibt er völlig unvermittelt vor Varela stehen: »Varela, sagen Sie: Welche Namen spanischer Schriftsteller fallen ihnen ein, die sich gut verkaufen?«
    Varela macht eine vage Geste, Haltung anzunehmen:
    »Ahm … Ich weiß nicht … Antonio Gala?«
    Der Kommissar schüttelt leicht den Kopf und geht in sein Büro.
    ***
    Am Samstagvormittag fahren der Kommissar und seine Frau in ihrem marineblauen, nach Lavendel duftenden Peugeot, einer großen, immer noch blitzenden Limousine des Baujahrs 92, aus der Stadt hinaus. Der Tag ist herrlich: strahlend blauer Himmel, 19 Grad auf dem Thermometer des Armaturenbretts, kein Wind. Die Landschaft scheint im Licht

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