Im Namen Des Schweins
einige Bücher geschrieben sein …«
»Glauben Sie das nicht … Vermutlich müsste man nur einen Roman schreiben, in dem steht, dass Jesus Christus schwarz, schwul und außerirdisch war und dass die Kirche versucht hat, diese offenkundige Wahrheit zu verheimlichen, indem sie mit Attila und den Nazis kollaborierte … Aber noch während ich darüber nachdenke, wie man das alles dokumentiert, möchte ich lieber vom Erdboden verschwinden und etwas Einfaches schreiben. Lange Rede, kurzer Sinn: Mir schwebt vor, einen Krimi zu schreiben.«
»Aha …«
»Na ja, ich denke nicht, dass es ein echter Krimi wird, weil mir Detektivhandlungen nicht liegen. Da komme ich mit den Protagonisten durcheinander, vergesse die Namen …«
»Sagen Sie das bitte keinem weiter, aber mir geht es genauso: Immer wenn ich einen Krimi anschaue, verliere ich den Überblick.«
»Dann sind unsere kleinen Geheimnisse ja gut beieinander aufgehoben … Auf die Idee hat mich die Nachricht gebracht, dass eine Frau in einem Schlachthof in San Juan del Horlá umgebracht wurde.« Dem Kommissar gelingt es, trotz seiner Überraschung, so zu wirken, als wüsste er von nichts. »Ah ja …«, sagt er und setzt ein Pokerface auf. Er lässt seinen Gesprächspartner weiterreden. »Aber was mich daran wirklich interessiert, ist, dass Polizisten ja auch Menschen sind …«
»Fast alle …«, der Kommissar grinst über das ganze Gesicht.
»Sie haben eine Familie, bekommen ab und zu die Grippe und müssen einkaufen gehen … Sagen Sie, fänden Sie es schlimm, wenn Ihr Schnurrbart und Ihre Brille in der Geschichte auftauchen würden, falls ich einen Kommissar im Roman brauche?«
»Na ja … Solange Sie nicht noch mehr übernehmen …«
»Nein, den Rest hole ich mir woanders, aber dieser Schnurrbart und die Brille sind perfekt. Sie wären der ideale Kommissar für jedes Casting.«
»Freut mich, wenn Sie das sagen, weil vor kurzem jemand meinte, ich würde aussehen wie ein Notar …«
»Notar? Ach was … Auch dieses minimalistische Büro ist gut, mit der riesigen Glasfront und den Wäscheleinen …«
»Ehrlich gesagt bin ich kein Fan von dieser Glasfront …« Der Kommissar hat sich in seinem Sessel leicht umgedreht und schaut hinaus.
»Genau deshalb ist es ein gutes Detail: weil es einem Kommissar überhaupt nicht gefallen kann … Ich vermute, ein Kommissar muss sich damit unwohl fühlen, selbst in seinem sauteuren Ledersessel … Ich stelle mir vor: Er sehnt sich nach dem Augenblick, nach Hause zu kommen und die Schuhe auszuziehen.«
Der Kommissar schmunzelt wieder. »Auf mich trifft das jedenfalls zu: Sie glauben ja gar nicht, wie sehr ich manchmal diese Schuhe verfluche … Geht Ihre Geschichte mit dem Kommissar gut aus?«
»Das weiß ich noch nicht … Ich habe noch keinen Plot. Bisher gibt es nur den Ausgangspunkt und eine Ahnung davon, wovon ich in so einer Geschichte gern erzählen würde.«
Die Unterhaltung geht noch eine Weile so weiter. Dieser Aribau gefällt dem Kommissar richtig gut, so dass er ihm die Erlaubnis erteilt, sich im gesamten Kommissariat frei zu bewegen. Mehr noch: Der Kommissar lässt extra beim Pressechef Sanchís anrufen, damit der sich darum kümmert, ihn in den anderen Abteilungen des Gebäudes vorzustellen: Verwaltung, Kriminalwissenschaften, Rauschgiftdezernat, Mordkommission …
»Äh … Quique … Verstehen Sie etwas von Poesie?«, fragt er ihn, als sie sich die Hand reichen, um sich zu verabschieden.
»Nicht wirklich … Nur das, was ich fürs Abitur gelernt habe. Wenn ich etwas suche, schlage ich noch immer in meinem Schulbuch aus der Oberstufe nach … Das habe ich mir damals aufgehoben.«
»Aha … Und würde es Ihnen etwas ausmachen, das Buch mitzubringen, wenn Sie das nächste Mal vorbeischauen? Vielleicht könnten Sie sich auch eine halbe Stunde dafür freihalten?«
Für einen Augenblick denkt Quique, dass der Kommissar ein Hobbydichter ist, der ihm das nächste Mal etwas von dem zeigen möchte, was er geschrieben hat.
»Nächsten Mittwoch? Wäre das gut …? Da muss ich wegen der Radiosendung sowieso wieder in die Stadt.«
***
Die Siesta des Kommissars währt in Calabrava immer um einiges länger als auf dem Sofa seines Büros. Er zieht sich aus, legt sich ins Bett und bleibt dort manchmal für ein bis zwei Stunden liegen, bis seine Frau genug vom Nachmittagsprogramm gesehen hat und hereinkommt, um ihn zu wecken. Danach trinkt er einen Kaffee, setzt sich an das Tischchen in der Küche, als gäbe es ein
Weitere Kostenlose Bücher