Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)

Fülle gespeicherter Bilder durch meinen Kopf rasen zu lassen.
    Mein Kampf mit Cade geht in den Augenblick über, als Dace erschien. Nur dass er nicht mehr derselbe war. Seine Augen glänzten nicht mehr, reflektierten nicht mehr, sie sahen so aus wie Cades Augen – ein stumpfer, unermesslich tiefer Abgrund, der absorbierte, anstatt zu reflektieren.
    Es ist vorübergehend , behauptete Dace. Keine Sorge.
    Er hat es für uns getan – um mich zu retten.
    Um mich zu retten.
    Obwohl doch ich dazu bestimmt war, ihn zu retten.
    Wie die meisten Seelen besteht auch meine aus Hell und Dunkel, während die Seele von Dace übernatürlich rein ist.
    Es war sein Licht, das bestimmt war zu sterben.
    Ich reibe die Lippen aneinander, greife fester zu und bereite mich auf den nächsten Teil vor. Den Moment, in dem alles auseinanderfällt. Als Cade sich in Dämonenform befand und Kojote auf doppelte Größe angewachsen war, konnten Dace und ich nichts ausrichten.
    Doch diesmal, wenn mich Axel hoch in den Himmel hebt, kann ich sehen, was mir zuvor verborgen geblieben war.
    Rabe flog uns nach, verfolgte uns über eine weite Strecke, bis er auf eine Barriere stieß und umkehren musste.
    Dace rammt sich ohne Zögern das Athame in den Leib. Er ist bereit, den ultimativen Preis zu bezahlen, um seinen Zwilling daran zu hindern, die Welt zu zerstören.
    Erst als Litas Hand sich von oben fest um meine schließt und Xotichl ruft: »Sie darf es nicht fallen lassen! Es gibt noch mehr zu sehen!«, wird mir bewusst, dass ich geschrien habe.
    Und nun, da Lita und ich gemeinsam das Messer halten, kann sie auch sehen, was ich sehe.
    Dace und Cade übereinander zu Boden gestreckt, ihre Seelen frisch befreit. Nur dass Kojote Cades Seele sogleich mit dem Maul auffängt und sie ihm wieder hineinstopft, während die von Dace frei umherschwebt.
    Cade wacht würgend und spuckend auf und geht sofort auf seinen Bruder los. »Schaff ihn weg«, befiehlt er Kojote. »Schlepp ihn in die finsterste Ecke der Mittelwelt, wo niemand ihn findet. Er nützt mir jetzt nichts mehr.«
    Lita flucht leise, während Kojote vor unseren Augen Dace am Kragen fasst und davonzerrt, während sich Cade schwer verletzt, aber atmend zur verzauberten Quelle schleppt, wo er sich ins Wasser fallen lässt und wie neugeboren wieder daraus auftaucht.
    Lita lässt die Hände fallen, sodass ich das Messer von nun an allein halte. Mit kleinlauter, verschreckter Stimme fragt sie: »Und was jetzt? Was machen wir jetzt?«
    Ich öffne die Augen und lasse die Hand mit dem Athame sinken. »Zuerst suchen wir Dace. Dann geben wir ihm seine Seele zurück. Und wenn das erledigt ist, finde ich einen Weg, um ein für alle Mal mit Cade abzurechnen.«

Dreizehn

    Daire
    B ei unserer Rückkehr nach Enchantment stelle ich erstaunt fest, dass die Sonne bereits aufgegangen, Paloma noch da ist und sie inzwischen Gesellschaft bekommen hat. Sämtliche Stammesältesten sind da – Chay, Chepi, Leftfoot und Cree, Leftfoots Lehrling – und warten zusammen mit ihr auf uns. Ihre Pick-ups, Jeeps und Pferde umstehen das Gelände, während sie sich gegen die Kälte zusammendrängen und aufmerksam Wacht halten.
    Paloma ruft nach mir, sowie sie mich zwischen den Bäumen hervortreten sieht, doch Chepi, Dace’ Mutter, kommt als Erste bei mir an. Mit ihren rot geränderten Augen und dem bleichen, verhärmten Gesicht sieht sie aus, als wäre sie in der kurzen Zeit meiner Abwesenheit um zwanzig Jahre gealtert.
    »Du hast ihn gefunden! Bitte sag mir, dass du ihn gefunden hast!« Sie packt mich grob an den Schultern und lässt nicht mehr los, bis Leftfoot sachte seine Hände über ihre legt und sie langsam losmacht.
    »Lass das Mädchen erst mal verschnaufen.« Fürsorglich legt er einen Arm um sie, um sie zu trösten.
    »Ist schon gut«, versichere ich ihm, ehe ich mich Chepi zuwende. »Es tut mir leid, aber wir haben ihn nicht gefunden. Beziehungsweise noch nicht.« Ich zwinge mich, ihrem Blick nicht auszuweichen, trotz ihrer vorwurfsvollen Miene.
    Sie macht mich dafür verantwortlich. Zumindest teilweise. Man sieht es sofort an dem verhärteten Glitzern in ihren Augen. Ihre Überzeugung, dass ihr Sohn nie in Gefahr war, bis ich nach Enchantment gekommen bin und dieses ganze Unheil begonnen hat. Und obwohl es zutrifft, dass meine Ankunft den Ball ins Rollen gebracht hat, war Dace aufgrund seiner Verbindung zu Cade seit dem Tag seiner Geburt in Gefahr.
    Sie kommt näher und lässt nur einen Hauch Abstand zwischen uns. »Was