Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
Wangen steigt und sie rosig färbt.
»Ich glaube, das hatten wir schon geklärt.« Seine Mundwinkel zucken nach oben, doch die Belustigung ist nur von kurzer Dauer. Im nächsten Moment sieht er sich schon wieder nach hinten um.
»Sind wir irgendwo in der Nähe vom Reservat?«, frage ich.
»Kann sein. Warum?«
»Phyre wollte dorthin, als ich den Kontakt verloren habe. Es mag ja nichts heißen, aber ich finde, wir sollten mal nachsehen, was sie vorhat. Uns vergewissern, dass Chepi in Sicherheit ist.«
»Ich glaube nicht, dass Phyre Chepi etwas antun würde. Sie hat sich wie eine Mutter um sie gekümmert, nachdem Phyres Mutter verschwunden ist.« Dace spricht mit fester Stimme, doch ich bin nicht überzeugt. Ich würde ihr alles zutrauen.
»Ja, gut, sie behauptet aber auch, sie sei wahnsinnig in dich verliebt, und jetzt schau nur, was passiert ist. Ihr Vater hat ihr den Auftrag erteilt, dich umzubringen, und sie hat dich nicht einmal gewarnt.«
Weiter braucht es nichts, um ihn zu veranlassen, Kachina in Richtung Reservat zu lenken. Nachdem wir bei Chepi vorbeigeschaut und festgestellt haben, dass sie nicht zu Hause ist, machen wir uns auf den Weg zu Leftfoot, als ich Phyres Auto auf einmal kurz vor dem Wäldchen mit den verkrümmten Wacholderbäumen stehen sehe.
»Sie weiß über die Unterwelt Bescheid?« Ich sehe zwischen dem Portal und Dace hin und her und fange seinen tief besorgten Blick auf, doch er zuckt nur die Achseln.
Rasch steigt er ab, reicht mir eine Hand und hilft mir ebenfalls herunter. Dann treten wir zwischen die Bäume und springen durch das Portal, woraufhin wir tief in die Erde sausen und mit verknäulten Gliedmaßen auftreffen. Die Landschaft um uns herum ist genauso erstarrt wie das letzte Mal, als ich mit Lita und Xotichl hierhergekommen bin.
»Das ist nicht natürlich.« Dace kneift die Augen zu Schlitzen zusammen. Seine Lippen werden schmal und grimmig. »In all den Jahren, seit ich in die Unterwelt komme, habe ich noch nie so etwas gesehen.«
»Ich fürchte, der Schnee ist mein Werk«, sage ich mit schuldbewusster Miene. »Es war mein letzter Wunsch vor dem Tod – nur dass es jetzt nicht mehr aufhört zu schneien.«
Dace mustert mich einen Augenblick, ehe er sich abwendet und erneut die Umgebung studiert. »Und wo ist Pferd? Normalerweise ist Pferd immer hier und begrüßt mich.«
»Ich schätze, er hält Winterschlaf.« Ich reibe die Hände aneinander, um sie warm zu halten. »Rabe habe ich auch nicht gesehen. Seit Heiligabend nicht mehr. Und ehe das hier geklärt ist, rechne ich auch nicht damit. Aber die eigentliche Frage ist doch, wo ist Phyre? Was glaubst du, wo sie hingegangen ist?«
Er fährt sich durch die glänzende Haarmähne, doch das ist nicht die Antwort, die ich gesucht habe. Ich brauche mehr.
Ich räuspere mich und zwinge mich, die Frage zu stellen, die mir das Gefühl gibt, mehr als nur ein bisschen aufdringlich zu sein. Und für die ich mich mehr als nur ein bisschen schäme. Trotzdem gehe ich das Risiko ein, wie eine neugierige, eifersüchtige Freundin zu klingen. »Dace, bist du jemals mit Phyre hierhergekommen?« Ich presse die Lippen zusammen, bevor ich noch mehr sage. Dabei wünsche ich mir, es ihn heftig abstreiten zu hören, was in direktem Konflikt dazu steht, dass ich einen günstigen Ausgangspunkt brauche. Die Unterwelt ist riesig. Jeder Tipp, wo ich zu suchen anfangen soll, wäre eine große Hilfe.
»Ich bin nie mit ihr hier gewesen.« Er beugt sich zu mir, nimmt meine beiden Hände in seine. »Daire, du musst verstehen, dass unsere Beziehung – wenn man es überhaupt so nennen kann – nicht von Dauer war. Wir waren nicht annähernd so lange zusammen, wie du glaubst. Ich hatte keine Ahnung, dass sie von der Existenz dieses Orts überhaupt wusste. Genau wie ich keine Ahnung habe, was sie hier suchen könnte. Aber eines spricht für uns.«
Ich sehe ihn an.
»Der Schnee.« Seine Augen glitzern und bekommen Fältchen an den Seiten. »Vielleicht hat dieser ganze Schnee etwas Gutes. Nachdem sich die Geisttiere alle versteckt halten, ist er ziemlich unberührt geblieben. Das dürfte eine große Hilfe dabei sein, ihre Spur zu finden.«
Es ist eine gute Theorie – zumindest oberflächlich betrachtet. Doch Dace vergisst dabei, dass die Unterwelt viele Dimensionen birgt. Was heißt, dass Phyre weiß Gott wo gelandet sein könnte. Und was außerdem heißt, dass wir tagelang herumziehen könnten, ohne dass wir sie oder auch nur eine Spur von ihr
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