Im Namen des Sehers -: Soul Seeker 3 - Roman (German Edition)
ungebremst zu Boden, mit mir mitten auf ihr. Die Wucht des Zusammenpralls lässt die Seele entschlüpfen, genau wie ich gehofft hatte.
Ich wälze mich von ihr und blicke der Seele nach. Mit aller Inbrunst hoffe ich, dass die vertraute Präsenz, die ich in der Ferne erspäht habe, nach wie vor auf meiner Seite steht.
Fang sie! O bitte, fang sie!
Phyre springt auf und versucht, an mir vorbeizuwischen, doch es ist zu spät.
Rabe ist bereits herabgestoßen.
Hat die Seele längst mit seinem Schnabel aufgefangen.
Und als er sie an Pferd weiterreicht, drehe ich mich um und stelle fest, dass Phyre verschwunden ist.
Sechsunddreißig
Dace
W ie fühlst du dich?« Daire schlingt fest einen Arm um meine Taille und legt das Kinn so auf meine Schulter, dass mir ihre seidigen Haarsträhnen über die Wange streicheln. Unsere Körper schaukeln im Takt mit Pferds Schritten.
»Gut. Nach wie vor gut.« Ich verrenke den Hals gerade so weit, um ihre glitzernden grünen Augen sehen zu können und ihre rosig angelaufenen Wangen, gebannt vom Wunder ihres Daseins.
»Ganz wie der Alte?« Sie kneift die Augen zusammen. Kaut an ihrer Unterlippe. Eine Gewohnheit, von der ich weiß, was dahintersteckt – es ist ein Versuch, ihre Freude zu verbergen und ihre Hoffnungen im Zaum zu halten.
Ich schaue wieder nach vorn. »Nein. Noch nicht«, antworte ich und wappne mich vor der Lüge, die nun folgt. »Aber irgendwann. Bald. Da bin ich mir sicher.« Ich nicke bestätigend, doch in Wirklichkeit habe ich keinen Beweis, um meine Worte zu untermauern.
Ich habe zwar meine Seele zurück, aber sie trägt immer noch Cades Mal.
Seit ich einen Seelensprung in meinen Zwilling vollführt habe, ist sie verändert.
Es ist gut möglich, dass ich nie den Weg zurück finde.
»Dace – darf ich deine Augen sehen?« Daires Stimme klingt stark und zögerlich zugleich. Erneut bin ich erstaunt über ihre Fähigkeit, beides zugleich auszudrücken. Meine Ängste zu lindern, als hätten sie nie existiert, und mich zu überreden, genau das zu tun, was ich immer vermeiden wollte.
Schweren Herzens wende ich mich zu ihr um, nur um zu sehen, wie sie anstelle einer Antwort zusammenzuckt.
»Oh.« Sie senkt den Blick und weiß nicht, was sie davon halten soll – was sie von mir halten soll. Als bräuchte sie ein bisschen Zeit, um es zu verarbeiten und nachzudenken.
Ich hole mühsam Luft und bereite mich darauf vor, sie erneut zu verlieren. Doch es gibt keine Methode, um sich auf so etwas vorzubereiten. Ich kann mir meine Welt ohne Daire nicht vorstellen.
»Ich dachte vielleicht …« Ihre Stimme verklingt. Sie muss gar nicht zu Ende reden, wenn das Unausgesprochene so leicht zu erraten ist.
»Daire …« Ich halte inne und distanziere mich von der Lüge, die ich zuvor erzählt habe. Es war feige und egoistisch. Ich bin ihr mindestens die Wahrheit schuldig. »Ich fürchte, so leicht wird es nicht sein. Ich habe keine Ahnung, wie ich das Stück, das ich Cade gestohlen habe, wieder loswerden soll.«
Sie nimmt meine Worte mit ernster Miene auf und reckt entschlossen das Kinn. »Was kann ich tun?«, fragt sie. »Wie kann ich dir helfen?«
Hab ich richtig gehört?
Sie will mir helfen? Heißt das, sie will sich nicht verabschieden?
»Irgendetwas muss ich doch tun können«, sagt sie. »Und wenn nicht ich, dann weiß vielleicht Paloma irgendeinen Rat – oder Chepi oder Leftfoot oder Chay. Die vier Stammesältesten sind doch ein wahres Füllhorn von Heilmitteln und magischen Geheimnissen.«
Ich schlucke schwer. Fühle mich von ihren Worten etwas erdrückt. Und schäme mich nicht zu knapp dafür, dass ich an ihr gezweifelt habe. Daire ist eine Kämpferin. Loyal bis zum Letzten. Sie lässt niemanden im Stich.
Ich fasse hinter mich und lege eine Hand um ihren Schenkel. »Das ist nicht Sache der Suchenden«, erwidere ich. »Diesen Schlamassel muss ich schon selbst wieder in Ordnung bringen.«
»Aber – du bist doch noch du , oder?«
Ich blicke geradeaus und verfolge den von Rabe vorgegebenen Weg. »Ja«, antworte ich mit kaum hörbarer Stimme. »Ich bin immer noch ich – wenn auch in einer leicht veränderten Version. Ich bin nicht mehr die reine Güte und Helligkeit. Die Dunkelheit in mir lässt mich anders empfinden – anders sehen …« Ich drücke ihr Bein, damit sie das Ausmaß meiner Worte versteht. »Aber eines wird sich nie ändern.«
Sie erstarrt hinter mir, als wäre sie auf das Schlimmste vorbereitet.
»Meine tiefe Liebe zu dir.«
Sie atmet sachte
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